Während der Covid-19-Pandemie ist auch die Zahl der Deutschen auf den Inseln, die Unterstützung vom spanischen Arbeitsamt kassierten, in die Höhe geschossen. Nach einer Erhebung der Vertretung der Zentralregierung auf den Balearen bekamen zu Hochzeiten der ­Krise im Mai 2.774 Deutsche Geld vom Arbeitsamt - sei es Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder ERTE-­Zuschüsse für krisenbedingte Kurzarbeit oder temporäre Freistellung von der Arbeit. Zum Vergleich: Im März, also zu Beginn der Pandemie in Spanien, waren es nur 918 Bundes­bürger. Insgesamt bekamen im Mai 37.842 ausländische Residenten auf den Balearen ­Unterstützung vom Arbeitsamt, 19.378 davon Bürger aus der Europäischen Union. Mit Abstand am häufigsten bezogen im Mai Italiener (5.285) Zahlungen vom Arbeitsamt. Dahinter kamen die Deutschen knapp vor rumänischen Staatsangehörigen (2.666).

Wegen ihrer Abhängigkeit vom Tourismus sind die Balearen nach wie vor von Kurzarbeit und Freistellungen stark betroffen. Während in Regionen wie Navarra oder auch Murcia ­bereits 80 Prozent der Mitarbeiter, die in Kurz­arbeit waren, wieder in ihr angestammtes ­ Beschäftigungsverhältnis zurückgekehrt sind, sind es auf den Balearen gerade einmal 40 Prozent. 86.656 Angestellte befanden sich auf den Balearen bis Ende Juli noch in einem ERTE. Beispielhaft sichtbar wird das Phänomen zurzeit etwa am Flughafen von Palma, wo knapp drei Viertel der für die Gepäckwagen zuständigen Mitarbeiter noch freigestellt sind. Diejenigen, die arbeiten, klagen über ihr Pensum und streiken deshalb an den Wochenenden.

Um die besondere Situation der Inseln ging es deshalb auch bei einem Treffen der spanischen Arbeitsministerin Yolanda Díaz mit der balearischen Ministerpräsidentin Francina ­Armengol am Freitag (31.7.) und Samstag in Palma. Dort vermied Díaz zwar eine feste Zusage für eine Verlängerung der ERTEs bis zum ­Jahresende oder gar bis Ostern 2021 - eine ­Forderung der Balearen-Regierung sowie von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf den ­Inseln -, aber die Ministerin aus Madrid machte klar, dass es eine längere Unterstützung des Staates geben wird. „Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden Sie weiter begleiten", sagte Díaz und sprach damit die Arbeitnehmer ­direkt an. Zumal es sinnlos sei, einen Mechanismus ins Leben zu rufen, der mit enormen staatlichen Mitteln ausgestattet sei, „nur um ihn dann im letzten Quartal des Jahres fallen zu lassen", so die Ministerin. Entscheidungen wie die der britischen Regierung, Spanien-Rückkehrer unter Quarantäne zu stellen, haben man zudem nicht vorhersehen können.

Geld aus Brüssel beantragt

Díaz kündigte an, dass sich Vertreter der Regierung, der Arbeitnehmervertreter sowie der Gewerkschaften zu ihrem nächsten runden Tisch Ende August oder Anfang September auf den Balearen treffen werden, um die Entscheidung über die Verlängerung der Kurzarbeit zu besiegeln. Das Treffen, so Díaz, solle auf den Inseln erfolgen, damit sich die Mitglieder der Runde vor Ort ein Bild von der besonderen ­Abhängigkeit der Balearen vom Tourismus machen könnten.

Am Montag (3.8.) wurde dann bekannt, dass die spanische Zentralregierung von der Europäischen Kommission 20 Milliarden Euro für die Zahlung der ERTEs und der Hilfen für Selbstständige beantragt hat. Das Geld soll aus dem Fonds SURE stammen, der bereitgestellt wurde, um die Folgen der Corona-Krise auf dem Arbeitsmarkt abzufedern.

Derweil häufen sich auf den Balearen Hinweise auf Betrugsfälle bei der Kurzarbeit. Nach Angaben der Gewerkschaften UGT und CCOO ist die Zahl derer, die formal in Kurz­arbeit sind, aber dennoch Vollzeit arbeiten, in den vergangenen Monaten spürbar gestiegen. Häufiger Fall: Der Arbeitgeber schickt den ­Arbeitnehmer komplett oder teilweise in einen ERTE, verlangt aber trotzdem, dass der ­Angestellte sein gewohntes Arbeitspensum erledige. Damit spart sich der Arbeitgeber bis zu 70 Prozent des Gehalts, das vom Arbeitsamt übernommen wird. Das verbreitete ­Arbeiten aus dem Homeoffice macht es für die Inspekteure nahezu unmöglich, Unregel­mäßigkeiten aufzuspüren.

UGT-Sprecherin Ana Landero sagte dem „Diario de Mallorca": „Wir sind auf Fälle ge­stoßen, in denen der Arbeitnehmer verpflichtet ist, im Homeoffice im bisherigen Umfang zu arbeiten. Dabei wurde er ermahnt, Mails nur in den durch den ERTE festgelegten ­Arbeitszeiten zu verschicken." Auch, was ­Überstunden angeht, kommt es laut der Gewerkschaften zu Schmu. Da Mehrarbeit in ­einem ERTE unzulässig ist, werden viele ­Arbeitnehmer mit dem unkonkreten Versprechen abgespeist, nach Beendigung des ERTE ihre Überstunden abzubauen.