Kreativität und Geistesblitze in Sprechblasen und Bildern assoziiert man wohl eher mit Comics als technisches Englisch, harte Arbeit und ECTS-Punkte. Doch wer auf Mallorcakünstlerische Ambitionen in diesem Bereich hat, kann die bunte ebenso wie die etwas weniger bunte Seite des Genres im Herbst selbst kennenlernen: Die Escola d'Art i Superior de Disseny bietet „Cómic" als neuen, zweijährigen Bachelor-Studiengang an.

Im Rahmen einer Umstrukturierung des Studienangebots wollte sich die Kunstschule europäischen Standards anpassen und bekam die Möglichkeit, dieses Fach zu integrieren. Laut dem Dozenten Florentino Flórez hatten Studierende schon seit Jahren spezielles Interesse daran bekundet. Wie viele Plätze es genau geben wird, ist aufgrund von Corona noch in der Schwebe, doch es sollen etwa 30 sein. Interessierte können sich Anfang September

einer Aufnahmeprüfung unterziehen, die aus einem Theorie- und einem Praxisteil besteht.

Eiserne Disziplin ist gefragt

Auf dem Studienplan stehen neben Zeichnen und Projektarbeit auch Fächer wie „Geschichte des Comics". Flórez sagt im Gespräch über die Studieninhalte: „Es gibt einen Teil, den man vermitteln kann: die Erzählkunst und die Basis für die Zeichnung, Aspekte der Anatomie oder der Perspektive." Was schwieriger beizubringen sei: Um sich beim Zeichnen zu verbessern, brauche man ständige Übung. „Und ich glaube, es gibt gewisse Dinge wie Rhythmus und Timing beim Erzählen, die am schwersten zu begreifen sind."

Heißt das, als angehender Comiczeichner braucht es vor allem anderen ein angeborenes Genie? Auch dem widerspricht Flórez: „Mehr noch als ein gutes Zeichenniveau brauchen die Bewerber Lust am Zeichnen - und darauf, stundenlang am Schreibtisch zu sitzen", betont er. „Ich bevorzuge sogar fast Leute, die schlechter zeichnen, aber dafür diese Leistungsbereitschaft haben, gegenüber Kandidaten, die ein gewisses Talent besitzen, aber weniger Disziplin. Das nützt uns hier nichts."

Comics sind mehr als schöne Zeichnungen

Und: Man müsse Lust haben, etwas zu erzählen. Das ist laut dem Dozenten der große Unterschied zur Illustration: „Dabei erzählst du eine Geschichte in nur einem gut komponierten Bild. Ein Comic ist da wesentlich komplexer. Er ist mehr als eine schöne Zeichnung."

Das Studienfach Illustration bleibe zwar weiterhin bestehen, werde aber künftig schärfer vom Comic-Bachelor abgegrenzt. Ab der ersten Minute lege der neue Studiengang den Fokus auf die Erzählkunst und die Problematik von aufeinanderfolgenden Bildern. Bei Illustrationen werde dieses Thema hingegen eher marginal behandelt.

Gut gerüstet für den Markt

Von Pau bis Guillem March: Kurz- bis mittelfristig versucht die Schule, professionelle Zeichner von Mallorca für Kurse, Vorträge oder Praktikumsmöglichkeiten zu gewinnen. „Wir haben hervorragende Beziehungen, und es

besteht große Bereitschaft für eine Zusammenarbeit und das Teilen ihres Erfahrungsschatzes", sagt Flórez.

Der Dozent ist überzeugt, dass die Absolventen keine Probleme haben werden, Arbeit zu finden - in dieser Branche keine Selbstverständlichkeit. Vor allem in den ersten Jahren müsse man sich einen Panzer zulegen. „Es sind niemals kurze Karrierewege. Wir reden von etwa zehn Jahren mit schlechten Jobs, bevor ein guter kommt", so der Dozent.

Ein ehemaliger Schüler sei geradewegs durchmarschiert und arbeite heute für Disney. Andere enden vielleicht bei der frustrierend klingenden Option, die auf der Website als letztes aufgelistet ist: bei der Organisation kultureller Aktivitäten mit Comic-Bezug. „Manchmal verlieben wir uns in Dinge, für die wir nicht die nötigen Fähigkeiten haben", sagt Florentino Flórez dazu. „Aber das Leben kann viele Wendungen nehmen."

Informationen zum Studiengang finden Sie hier