Kein Im-Stau-Stehen auf der Vía Cintura in Palma de Mallorca auf dem Weg zur Arbeit, in der Mittagspause nach dem Essen noch bequem die Wäsche waschen und danach in Ruhe ohne Geräuschkulisse weiter Telefonate mit Kunden führen. Dafür hakt bei den Konferenzen mit den Kollegen immer wieder die Technik, ein Arbeitszimmer war zu Hause nicht vorgesehen, also muss man es sich auf dem Sofa „bequem" machen, und nach einem langen Arbeitstag ist der einzige soziale Kontakt manchmal nur die eigene Familie.

Von zu Hause aus zu arbeiten, das haben die vergangenen Monate gezeigt, hat seine Vor- und Nachteile. Mittlerweile geht es vielerorts wieder zurück ins Büro - was aber nicht heißen soll, das Homeoffice abgeschrieben ist. Im Gegenteil: Die spanische Regierung hat diese Möglichkeit gerade rechtlich geregelt. Werden deutschsprachige Unternehmen davon in Zukunft Gebrauch machen? Wir haben uns umgehört.

Hintergrund: Spanien reguliert Homeoffice

Gestoría Smart Servicios: Danke, aber ich will zurück

Daniel Pires, Leiter der Gestoría Smart Servicios in Palma de Mallorca, hat zumindest einer Mitarbeiterin angeboten, auch künftig im Homeoffice zu arbeiten. „Sie war, weil sie ihre Tochter betreuen musste, bis Juli zu Hause und hat eine lange Anfahrt." Doch sie habe abgelehnt: „Sie hatte die Schnauze voll, da die Kleine der einzige soziale Kontakt war, den sie über einen langen Zeitraum hatte", erzählt er. Alle anderen Mitarbeiter hätten noch sehr junge Kinder, sodass konzentriertes Arbeiten in den ­eigenen vier Wänden nicht möglich wäre. „Du kannst ja nicht mit einem Kunden telefonieren, und plötzlich plappert das Kind rein", ­findet ­Daniel Pires.

Iberia Seguros: Für die Kunden stets präsent

Keine Wahl hatten die zwölf Mitarbeiter von Iberia Seguros. Die plötzliche Umstellung auf teletrabajo zu Beginn der Ausgangssperre sei zwar erstaunlich reibungslos über die Bühne gegangen. Dennoch saßen sie, noch lange ­bevor die ersten Kunden wieder kamen, nach ­wenigen Wochen des Homeoffice wieder an ihren Schreibtischen in den drei Inselbüros. Geschäftsführer Sassan Mikhtchi konnte der Arbeitsform keine wirklichen Vorteile ab­gewinnen. „Als Dienstleister sind wir verpflichtet, für Kunden stets persönlich präsent zu sein", sagt Mikhtchi. Einige Mitarbeiter ­hätten vorgeschlagen, zumindest zeitweise von zu Hause weiterzuarbeiten, er sehe da aber nur wenig Möglichkeiten. „Müttern, die ihre Kinder nicht unbetreut daheim lassen ­können, ermöglichen wir aber natürlich ­Flexibilität", sagt Mikhtchi.

Anke Sevenster: Schon vor der Pandemie gut vorbereitet

"Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern, haben wir bereits vor der Pandemie eine cloudgestützte Software eingeführt und alle unserer Berater mit Notebooks ausgerüstet - so können wir unsere Kunden auch dann in gewohnter Qualität betreuen, wenn wir nicht im Büro sind", sagt Helena Bennassar Sevenster, die Generaldirektorin der Versicherungsagentur Anke Sevenster. Während des Lockdowns habe man so problemlos weiterarbeiten können. Mittlerweile seien alle Mitarbeiter zwar wieder vor Ort im Büro, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werde aber weiterhin groß geschrieben. "Dank unserer technischen Lösungen können wir unsere Mitarbeitern viel Flexibilität einräumen."

Ascenso Akademie: Lehre aus der Ferne

Schon Profi in Sachen Homeoffice ist die ­Ascenso Akademie. „Wir bieten unseren fünf festen Mitarbeitern wie auch den Lehrkräften schon seit Jahren an, von zu Hause aus zu arbeiten. Durch die Kooperation mit Hochschulen in Deutschland sind wir auf ein mobiles System mit Dateien, auf die man durch Clouds von beiden Ländern aus zugreifen kann, angewiesen", so Klaus Vorbrodt, Leiter der Akademie. Die flexiblere Arbeitsweise sei für die ­Motivation der Mitarbeiter sehr förderlich: „Ob eine Aufgabe um 10 Uhr oder um 12 Uhr fertig ist, spielt in der Regel keine Rolle", so Vorbrodt. Ab dem kommenden Wintersemester (28.9.) ist auch den Studenten freigestellt, ob sie den Kursen nach einer Voranmeldung vor Ort aus folgen oder sich live zuschalten. „Selbst die, die in Palma leben, werden vermutlich nicht alle kommen. Es ist eben doch mit mehr Anstrengung verbunden, etwa wegen dem Tragen der Maske hier", so Vorbrodt.

Engel & Völkers: Beschleunigter Wandel

Das Immobilienunternehmen Engel & ­Völkers bietet Kunden seit der Pandemie, etwa wegen der Einschränkungen durch die Reisewarnung, zunehmend auch virtuelle 3-D-Immobilienrundgänge und Besichtigungen per ­Video-Anruf an. Gleichzeitig können auch die Mitarbeiter noch flexibler als vorher arbeiten. Die Anrufe werden vom Büro aus etwa auf die Telefone der Teamassistenten umgeleitet. Auch Meetings mit vielen Teilnehmern finden weiterhin per Videokonferenz statt. „Corona hat in kurzer Zeit das beschleunigt, was womöglich erst in fünf Jahren eingetreten wäre", so Unternehmenssprecher Hans Lenz.

Konsulat: Situationsbezogen flexibel

Gewissermaßen Präsenzpflicht wegen bestimmter Tätigkeiten hat nach wie vor das zehnköpfige Team des deutschen Konsulats. Wie Konsulin Karin Köller mitteilt, arbeite man dennoch seit Beginn der Pandemie „situationsbezogen flexibel".

Spedition Benzinger: Lieber den Stress vor Ort

Dirk Wehden von der Spedition Benzinger, der sich um Preisangebote kümmert, ist einer der wenigen Mitarbeiter der Firma, die künftig gut von daheim arbeiten könnten. Doch auch er konnte dem teletrabajo keine Vorzüge abgewinnen. „Ich brauche den Stress, dass ich schnell ein Problem lösen muss, das sich etwa bei einer Zustellung ergeben hat und von dem ich zu Hause wohl gar nichts mitbekommen hätte", erzählt er. Dass bisher keiner der Mitarbeiter um Homeoffice gebeten habe, sei wohl auch dem guten Betriebsklima zu verdanken. Auch, dass alle Mitarbeiter nur

zehn bis 15 Minuten Anfahrt haben, spiele eine Rolle. Derzeit befinden sich zwei der fünf Mit­arbeiter noch in Kurzarbeit. „Falls ­jemand positiv getestet wird, können wir so die Belegschaft auswechseln", so Wehden.

Gestoría Susanne Heibl: Besser persönlich

Die vier Mitarbeiter der Gestoría Susanne Heibl haben sich nach dem Lockdown zunächst in Zweier-Teams mit Büro- und Zu-Hause-Arbeit abgewechselt. Mittlerweile sind alle wieder vor Ort. „Unsere Kunden brauchen die persönliche Behandlung, zudem müssen wir oft persönlich bei Ämtern vorstellig werden", so Mitarbeiterin Lisa Voigt, der die Arbeit von zu Hause ansonsten gut gefallen hat.

Fet a Sóller: Kreativ im Büro

Sóller„Homeoffice funktioniert hervorragend, wenn Routinearbeiten gemacht werden müssen, aber nicht, wenn ein kreativer Prozess entstehen soll", findet Franz Kraus von Fet a Sóller. Das Team habe nur zu Zeiten der Ausgangssperre teilweise im Homeoffice gearbeitet. Die Mitarbeiter hätten sich schnell nach dem Austausch mit den Kollegen gesehnt. Mittlerweile seien wieder alle im Betrieb.

Mallorca Zeitung: Rückkehr im Wochenwechsel

Der Großteil der MZ-Redakteure und Mitarbeiter arbeitet seit Ausrufung des Alarm­zustandes Mitte März von den eigenen vier Wänden aus (und ist natürlich für Recherchen viel unterwegs). Die Chefs halten in der Redaktion die Stellung - und stöhnen zuweilen über den vermehrten Koordinationsaufwand. Dabei hat das flexible Arbeiten auch viele Vorteile, die einige Mitarbeiter nicht mehr missen wollen. Der MZ-Betriebsrat hat deswegen vorgeschlagen, das Homeoffice-Modell weiter beizubehalten und sich nur noch an bestimmten Tagen in der Redaktion zu treffen. Der Verlag steht dem zwar offen gegenüber, verweist aber auch auf die Vorteile der gemeinsamen Arbeit an einem Ort und setzt zunächst auf eine Zwischenlösung: Ab kommender Woche arbeitet im wöchentlichen Wechsel eine Hälfte der Mitarbeiter zu Hause, die andere in der Redaktion.