Die Geschichte beginnt mit einer galicischen Hausangestellten, die 2011 in mehreren Haushalten putzt und sich auch um eine ältere Dame kümmert. Ihre Arbeitgeberin wird immer älter, immer gebrechlicher. Die Hausangestellte ist mit ihren 50 Jahren selbst nicht mehr ganz jung. „Ich hatte Angst, mit 60 Jahren plötzlich meinen Job zu verlieren und ohne alles dazustehen“, erklärt sie der Presse später über ihren Anwalt. Sie habe keine Ausbildung, keine Möglichkeit einen neuen Job zu finden, keine Rente, nicht einmal Recht auf Arbeitslosengeld. Doch obwohl sie und ihre Arbeitgeberin es versuchen, darf die Galicierin nicht offiziell in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Hausangestellte sind zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich von diesem Recht ausgenommen.

Die Frau nimmt sich einen Anwalt und kämpft sich durch alle Instanzen bis hin zum EU-Gerichtshof in Luxemburg. Im Februar dieses Jahres erhält die galicische Hausangestellte dort recht. Einige Monate später, am 8. September, veröffentlicht die spanische Regierung unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez ein Dekret, das Hausangestellte, also Putzfrauen oder andere Hilfen, die gelegentlich auch kochen, Kinder hüten, Alte pflegen oder kleinere Arbeiten im Garten ausführen, aus ihrem bisherigen Schattendasein holen soll und ihnen Rechte zugesteht, auf die diese Gruppe bisher verzichten musste.

Es ist ein Kollektiv, das ohnehin als besonders prekär gilt und zu einem großen Teil aus Frauen besteht, die häufig aus mittel- und südamerikanischen Ländern nach Spanien eingewandert sind. Der Ansatz verfolgt also hehre Ziele. Aber wird dadurch in der Praxis die weit verbreitete Schwarzarbeit in dem Bereich auch tatsächlich eingedämmt?

Schriftlicher Vertrag für Haushaltshilfen ist in Spanien ab sofort Pflicht

Fakt ist: Die Haushaltshilfen sollen nun bessergestellt werden. Ab dem 1. Oktober werden sie Anrecht auf Arbeitslosengeld haben. Darüber hinaus können sie ab dann nicht mehr grundlos gekündigt werden. Diese Änderungen gelten sowohl für neue Verträge als auch für solche, die bereits laufen.

Hier zeigt sich direkt die erste praktische Auswirkung des Gesetzes. Ab sofort ist ein schriftlicher Vertrag zwischen demjenigen, der die Arbeitskraft anstellt, und der Arbeitskraft verpflichtend. Bislang genügte eine mündliche Abmachung, wenn der Arbeitsumfang vier Stunden in der Woche nicht übersteigt. Viele von ihnen, vor allem die Putzfrauen, die in privaten Haushalten arbeiten, haben keinen Vertrag – häufig auch, weil sie es selbst so wollen. Und arbeiteten deshalb direkt schwarz. Bislang konnten sich beide Seiten einigermaßen sicher sein, dass sie nicht entdeckt würden. Doch das Ziel der Neuregelung ist unter anderem, diese Schwarzarbeit schärfer zu verfolgen.

Die Anwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei Bufete Buades, Roser Servera, rät auch deshalb dringend davon ab, die Verträge nur mündlich abzuschließen. „Nach der Änderung werden alle mündlich geschlossenen Verträge zu unbefristeten Vollzeitverträgen.“ Schließlich gehe es in der Mehrheit der Fälle lediglich um sporadische und zeitlich stark begrenzte Arbeiten im Haushalt. Und wer in Zukunft entdeckt wird, dass er Hausangestellte ohne Anmeldung beschäftigt, der muss mit Strafen zwischen 625 und 6.250 Euro rechnen, zusätzlich zu den Nachzahlungen an die Sozialversicherung.

Verträge mit Haushaltshilfen führen zu Mehrkosten für beide Seiten

Das Recht, Arbeitslosengeld zu beziehen, ist nach Meinung von Expertinnen und Experten die einschneidendste Verbesserung zugunsten der Hausangestellten. Bislang standen sie bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vor dem Nichts, ohne jegliche Absicherung. Angestellte, die mehr als 60 Stunden im Monat arbeiten, zahlen ab dem 1. Oktober in die Arbeitslosenversicherung ein. Für diejenigen mit weniger Stunden gilt die Regelung ab dem 1. Januar 2023. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass die Arbeitgeber ebenfalls in die Arbeitslosenversicherung einzahlen müssen.

Wer also eine Haushaltsangestellte beschäftigt, muss ab sofort fünf Prozent der sogenannten base reguladora zusätzlich zahlen. Die Angestellten müssen 1,05 Prozent beitragen. Zusätzlich dazu kommen weitere Abgaben auf die Arbeitgeber zu, die zwar nicht neu sind, die aber aufgrund des Graubereichs, in dem sich die Hausangestellten bisher bewegten, nur die wenigsten Arbeitgeber leisteten. Für die Krankenversicherung bei der Seguridad Social werden 23,6 Prozent des Bruttogehalts fällig. Die Angestellten beteiligen sich mit 4,7 Prozent, sodass im Endeffekt 28,3 Prozent erreicht werden. Die Arbeitgeber können allerdings einen Rabatt von 20 Prozent auf den fälligen Betrag zugestanden bekommen, wenn sie die Anmeldung ihrer Arbeitskraft bei der Seguridad Social übernehmen und den Papierkram somit nicht der Angestellten selbst überlassen.

Was für die Haushaltshilfen im Prinzip eine gute Nachricht ist, könnte viele Arbeitgeber davon abschrecken, etwa eine Putzhilfe im Haushalt zu beschäftigen. Denn die Kosten steigen mit der Neuregelung. Ein Rechenbeispiel: Wer bisher eine Putzfrau vier Stunden in der Woche beschäftigt und ihr für diese vier Stunden 50 Euro bezahlt, kommt mit 200 Euro im Monat hin. Ab 1. Oktober kommen zu dieser Summe weitere 57,93 Euro an Abgaben hinzu, von denen der Arbeitgeber 47,07 Euro trägt, die Angestellte den Rest.

Mindestlohn für eine Haushaltshilfe

Beim Gehalt an sich gibt es ebenfalls Mindestanforderungen, die seit Anfang des Jahres gelten. Arbeitgeber, die ihre Haushaltshilfen mehr als 120 Tage im Jahr beschäftigen, müssen sich an den gesetzlichen Mindestlohn halten. Das heißt, bei Vollzeitverträgen mit mehr als 40 Stunden sind das 1.000 Euro im Monat, bei Teilzeitverträgen entsprechend weniger. Wer seine Putzfrau weniger als 120 Tage im Jahr beschäftigt, muss mindestens 7,82 Euro pro Stunde zahlen, wobei in der Praxis die meisten Arbeitgeber ohnehin mehr zahlen dürften.

Stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber auch verpflichtet sind, eine Gehaltsabrechnung auszustellen. Der auf Mallorca lebende Rechtsanwalt Ioannis Chatzisavvas erklärt, dass Arbeitgeber das „idealerweise“ tun sollten. Vorlagen gibt es bei Steuerhilfevereinen. „Wer dies nicht tun will, muss zumindest einen monatlichen Zahlungsnachweis erbringen.“

Haushaltshilfen bekommen ein Recht auf Abfindung

Eine weitere Verbesserung für die Angestellten: Sie können ab Oktober Abfindungen fordern. Bisher galt: Endet das Beschäftigungsverhältnis, steht die Haushaltshilfe ohne eine solche Zahlung da. Mit der Änderung des Gesetzes hat die Angestellte bei Kündigung das Recht auf Abfindung, wenn der Arbeitgeber sie ohne Angaben von Gründen kündigt. Dann ist eine Zahlung von 20 Tagen Gehalt pro Arbeitsjahr fällig, maximal zwölf Monatsgehälter. Eine Kündigung muss nun immer schriftlich erfolgen, begründet sein und im Normalfall mit einem Vorlauf von 20 Tagen vorgelegt werden. „Berechtigte Gründe können etwa sein, dass die Familie aufgrund veränderter wirtschaftlicher Voraussetzungen kein Geld mehr für die Haushaltshilfe hat oder etwa, dass das Vertrauen in die Angestellte verloren gegangen ist“, erklärt Elena Muñoz, Sachbearbeiterin beim Steuer- und Rechtsbüro PlattesGroup.

Eine weitere Errungenschaft für die Hausangestellten ist eine Absicherung im Unfall- oder Krankheitsfall. „Die Arbeitgeber haben ab Inkrafttreten des Dekrets die Pflicht, den Arbeitsschutz ihrer Angestellten sicherzustellen. Dafür müssen sie einen Dienstleister engagieren, der den Arbeitsplatz begutachtet und eventuelle Gefahrenquellen aufdeckt“, sagt Muñoz.

Gewerkschaften jubeln

Die Interessensvertretungen der Hausangestellten freuen sich über das neue Dekret und stellen den langen Atem einzelner heraus: „Weder Gewerkschaften noch Regierungen, diesen Sieg haben die Hausangestellten errungen“, sagte Rafaela Pimentel von Territorio Doméstico zur Zeitung „El País“. Die Initiative wurde gegründet, nachdem die Arbeiterinnen sich weder von der Politik noch von den Gewerkschaften repräsentiert sahen. In mehreren Regionen Spaniens gibt es Verbände, zu denen sich Putz- und Haushaltshilfen zusammengeschlossen haben. Auf den Balearen existiert bislang kein aktiver Verein dieser Art. Die Initiativen der Haushaltshilfen feiern die neuen Regelungen als Sieg, kritisieren aber auch, bei der Umsetzung nicht einbezogen worden zu sein.

Ähnlich geht es den klassischen Gewerkschaften. Eva Cerdeiriña ist bei der CCOO Baleares für Hausangestellte zuständig. „Wir sind glücklich über das Gesetz, aber einige Forderungen hätten wir im Dialog noch angebracht“, sagt sie. Hausangestellte haben bisher noch nicht Zugang zu allen Punkten der sozialen Absicherung in Spanien. Beispielsweise soll erst 2024 die Möglichkeit kommen, in das Rentensystem einzuzahlen. Außerdem fehle das Recht, als Kollektiv zu verhandeln. „Dann könnte es beispielsweise klare Regelungen dazu geben, was überhaupt von einer Hausangestellten verlangt werden darf“, sagt Cerdeiriña. Zuletzt wünscht sich die Gewerkschaft neue Regelungen für die Arbeitsinspektion. „Wenn wir Beschwerden über schlechte Arbeitsverhältnisse bekommen, können wir nur wenig machen, weil Inspekteure kein Privathaus betreten dürfen. Das muss sich ändern“, sagt Cerdeiriña.

Die Schattenwirtschaft bleibt bestehen

Während sich der eine Teil der Hausangestellten freut, dass sie nach langem Kampf mehr Rechte bekommen, ändert sich für die vielen Arbeiterinnen, die in Privathaushalten schwarz angestellt sind, wohl wenig. Elisabeth García (Name geändert) etwa putzt in Palma in Privathaushalten. Angemeldet ist sie nur in einem ihrer Jobs – dem mit den meisten Wochenstunden. Dadurch hat sie beispielsweise keine Probleme mit der Krankenkasse und ihrem Visum. Bei allen anderen Arbeitgebern arbeitet sie schwarz. Dafür verlangt sie zehn Euro die Stunde. Wäre sie offiziell angemeldet, würden ihre Arbeitgeber bei einer wöchentlichen Beschäf- tigung von drei Stunden statt 120 Euro im Monat 167,07 Euro zahlen. Sie selbst müsste 10,86 Euro an Abgaben leisten. Die inoffizielle Arbeit ist also eine Ersparnis für beide Seiten.

In den Augen von García geht das neue Gesetz an der Lebensrealität der meisten Haushaltshilfen vorbei. Schließlich bedeutet das Dekret für die Personen, die ihre Putzfrauen anmelden, höhere Kosten. Viele Menschen könnten sich dann gar keine Angestellte mehr leisten. „Wir haben hier keinen so hohen Lebensstandard wie in Nordeuropa, viele müssen sich das Geld für die Haushaltshilfe absparen.“ Und wer nicht verzichten wolle, finde sicher einen Weg. „Wenn Privatpersonen jetzt noch mehr zahlen müssen, um jemanden einzustellen, nehmen sie direkt eine Frau ohne Papiere, die es günstiger macht“, fügt García hinzu. Die Argentinierin ist knapp über 50 und lebt seit 14 Jahren in Spanien. Sie vermutet, dass die Regierung sich mit den Regelungen profilieren wolle. Das Gesetz werde wohl an der beträchtlichen Schattenwirtschaft nichts ändern.

Auch wenn für García alles gleich bleibt: Für viele andere bedeutet das Dekret sehr viel. Mariana, die Haushälterin mit der alles begonnen hat, veröffentlichte nach dem Sieg vor Gericht über ihren Anwalt ein Schreiben. Sie freue sich, jetzt mehr Sicherheit zu haben. „Ich hatte mich dazu entschlossen, vor Gericht zu ziehen, in der Hoffnung etwas zu verändern“, steht dort. „Und genau das ist passiert.“