Hier werden auf Mallorca angehende Anwälte und Notarinnen ausgebildet
Die facultad de derecho an der Balearen-Uni hat rund 1.300 Studentinnen und Studenten

Studentinnen und ein Anwalt bei der Simulation eines Prozesses im Verhandlungsraum. / BERNARDO ARZAYUS
42 Studiengänge hat die Balearen-Universität auf Mallorca zu bieten – drei davon gibt es an der Fakultät für Rechtswissenschaften: Derecho, was dem deutschen Jurastudium entspricht, Relaciones Laborales, in Deutschland am ehesten als Arbeitsrecht bezeichnet, sowie den Doppelstudiengang Derecho y Administración de Empresas. Dabei handelt es sich also um eine Kombination aus Jura und BWL – so etwas wie die Königsdisziplin der Fakultät, wie Dekanin Aina Salom der MZ am Telefon erzählt. „Dieser Studiengang dauert fünfeinhalb Jahre, die beiden anderen vier Jahre“, sagt Salom, die seit eineinhalb Jahren die Geschicke der Fakultät leitet und einigen frischen Wind hereingebracht hat.
Die beiden vierjährigen Studiengänge kommen mit zehn verschiedenen Fächern pro Studienjahr aus, im Doppelstudiengang sind es zwölf Fächer. „Die Studentinnen und Studenten haben üblicherweise zwischen fünf und sechs Stunden am Tag Vorlesung oder Seminare“, erklärt Aina Salom. Allerdings gibt es jede Woche auch vorlesungsfreie Tage, damit zu Hause oder in der Bibliothek gelernt werden kann.

Aina Salom ist seit eineinhalb Jahren Dekanin der Jura-Fakultät an der UIB. / privat
Der Master
Neben den drei genannten Studiengängen können die Studentinnen und Studenten auf Mallorca außerdem einen Master belegen, der sie zum Beruf des Anwalts befähigt. Ein weiterer Master ist derzeit geplant. Welcher es wird, steht laut Aina Salom aber noch nicht fest. Der Master für angehende Anwälte und Prokuristen ist kein Kinderspiel. Die angehenden abogadas und abogados haben auf den Balearen nämlich anders als in den meisten anderen Landesteilen nur ein Jahr Zeit, um alles Wichtige für die staatliche Abschlussprüfung zu lernen.
Üblicherweise dauert der Master zwei Jahre. „Trotzdem schaffen in normalen Jahren fast 100 Prozent der Studenten die Prüfung“, sagt Aina Salom. Der verkürzte Master habe den Vorteil, dass die jungen Leute sich danach vor ihrem Berufseintritt noch weiter spezialisieren können, etwa im Straf- oder im Zivilrecht, und so weniger Zeit verlieren.
Die Oposiciones
Für alle anderen Berufe, die die angehenden Juristinnen und Juristen anstreben, ist kein Masterstudium nötig. Stattdessen rücken die bei vielen so gefürchteten oposiciones an dessen Stelle – eine staatliche Prüfung, die einen befähigt, die Berufslaufbahn beispielsweise eines Richters, eines Staatsanwalts oder eines Notars einzuschlagen. Nach erfolgreicher Prüfung führt der Weg der Absolventen üblicherweise in Kanzleien, wo sie das Rüstzeug für den Alltag in der Praxis lernen.
Andere Optionen
Und es gibt noch eine weitere Möglichkeit für Absolventen, hebt Aina Salom hervor. „Wir werben auch aktiv für die Möglichkeit, in die Lehre zu gehen und eine Karriere an der Universität einzuschlagen.“ Dafür sei dann die Doktorarbeit der nächste Schritt. Diesen Weg wählen allerdings wenige Studenten, sagt die Dekanin. „Die meisten bekommen eine Anstellung in einer Anwaltskanzlei, eher wenige probieren es mit den Oposiciones.“
Salom beobachtet allerdings, dass es immer wieder Fälle von Absolventen gibt, die zunächst ein paar Jahre in einer Kanzlei als Anwalt arbeiten, später aber noch die Oposiciones machen und dann eine Richterlaufbahn oder eine Karriere als Staatsanwalt einschlagen. Die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt sind für Juristen bekanntermaßen vielfältig – und die Gehaltsaussichten besser als in vielen anderen Berufsfeldern.
Die praktische Ausbildung
Besonders stolz ist Aina Salom auf eine neue Errungenschaft an ihrer Fakultät: einen Simulationsraum für Gerichtsverhandlungen. Dieser wurde im Mai dieses Jahres in Betrieb genommen. „Hier sollen die Studentinnen und Studenten lernen, wie es vor Gericht zugeht“, sagt Salom. Die jungen Leute können in simulierten Prozessen in verschiedene Rollen schlüpfen und sich als Anwälte, Richter oder Staatsanwälte ausprobieren. Damit das Ganze einen noch formaleren Anstrich bekommt, sind die Studenten bei ihren Simulationen nicht alleine: Anwälte und Richter kommen zweimal im Jahr an die UIB, um mit den Jura-Studenten gemeinsam zu üben und ihnen Feedback zu geben.
Das Projekt ist dank einer Subvention der Balearen-Regierung möglich. „Vorher war die Ausbildung bei uns sehr auf die Theorie ausgerichtet, es fehlte der praktische Aspekt. Den haben wir nun“, sagt Aina Salom. Mitmischen bei den simulierten Verhandlungen können Studentinnen und Studenten ab dem dritten Studienjahr.
Die Prüfungen
Rund 150 Professorinnen, Professoren und andere Lehrbeauftragte umfasst derzeit die Jura-Fakultät an der UIB. Jeder und jede einzelne hat dabei die Freiheit zu entscheiden, in welcher Form Leistungsnachweise erbracht werden. „Manche setzen zwei Klausuren an, andere eine Klausur und eine Hausarbeit. Wichtig ist, dass ein Leistungsnachweis maximal 50 Prozent der Note ausmachen darf“, erklärt Aina Salom. So soll verhindert werden, dass ein schlechter Tag ein ganzes Semester ruiniert.
Die Zugangsvoraussetzungen
Weil ein Jura-Studium bei jungen Leuten beliebt ist, muss die UIB jedes Jahr Dutzende Bewerberinnen und Bewerber abweisen. Derzeit studieren rund 1.300 junge Frauen und Männer an der Fakultät. Jeden Herbst nehmen rund 300 Studienanfänger die Studiengänge der Fakultät auf. „Dieses Jahr mussten wir 80 Abiturientinnen und Abiturienten ablehnen“, sagt Aina Salom.
Der Numerus clausus, also die Note, mit der man gerade noch die Voraussetzungen für das Studium erfüllt, steige Jahr für Jahr an. In diesem Jahr war beinahe ein notable (also eine 7–8,9 der spanischen Notengebung) nötig, um einen Platz zu bekommen. Einschreibung ist üblicherweise im Juli. Während des letzten Schuljahres müssen die künftigen Studenten bereits eine Liste mit ihren favorisierten Studiengängen abgeben, bevor die endgültige Einschreibung folgt.
Die Kosten
Im Vergleich zu privaten Universitäten halten sich die Studiengebühren an der UIB im Rahmen. Für das erste Studienjahr werden inklusive der Einschreibung rund 900 Euro fällig. Die weiteren Jahre schlagen mit ähnlichen Summen zu Buche. Wie in anderen Studiengängen auch zahlt man pro belegtes Fach einen Betrag. Gute Leistungen werden belohnt: Wer eine sogenannte matrícula de honor einheimst, bekommt im Jahr darauf ein Fach gratis. Auch für diejenigen, die sich auf die Oposiciones vorbereiten, gibt es Stipendien, die von der Zentralregierung vergeben werden.
Besonderheiten
Der überwiegende Teil der Studentinnen und Studenten stammt von den Balearen. Aina Salom legt großen Wert darauf, zu betonen, dass sowohl auf Ibiza als auch auf Menorca Dependancen der Jura-Fakultät existieren, wo junge Menschen sich treffen und online den Vorlesungen in Palma folgen. Teilweise besuchen die Dozentinnen und Dozenten auch die anderen Inseln, um dort ihre Kurse zu halten. Was Erasmus-Aufenthalte angeht, seien die balearischen Studenten noch zurückhaltend, so Aina Salom.
Abonnieren, um zu lesen
- Mit Elyas M'Barek auf Mallorca drehen: 1.000 Komparsen für 'Der perfekte Urlaub' gesucht
- Warnstufe Orange: Neues Unwetter rollt auf Mallorca zu
- Unwetter auf Mallorca schon wieder vorbei: Der nächste Regentag kündigt sich aber bereits an
- Vorsicht, Autofahrer: Auf Mallorca drohen 500 Euro Strafe für Fahrzeuge mit Anhängerkupplung
- Es trifft nur die Deutschen': Urlauber in Santa Ponça fühlt sich diskriminiert
- Beschädigte Gebäude, umgestürzte Bäume, Temperatursturz: Die Folgen des Unwetters auf Mallorca
- Verspätungen wegen Unwetter: So ist die Lage am Flughafen Mallorca
- Silvester im Bierkönig: Sieben Tage Party-Marathon an der Playa de Palma
