Die Milchglastür zur Straße geht auf, der Postbote kommt rein. „Ein Paket für Manuel Granero", ruft er ins Großraumbüro. Manuel Granero unterbricht seinen Satz, schwingt auf dem Drehstuhl in Richtung Postbote und strahlt: „In diesem Paket steckt ein Stück unserer Firmen-Philosophie." Die vier Mitarbeiter vor ihren Computern scheinen zu ahnen, was gleich kommt, lächeln ihren Chef verständnisvoll an. Der 50-Jährige nimmt das Paket, verabschiedet den Postboten mit einem Klopfen auf die Schulter und reißt die Pappe auf. Ein handgroßer, rot-goldener Fisch aus Blech mit Mini-Rädern kommt zum Vorschein. Ein Spielzeug. Manuel Granero fummelt im Maul des Fisches herum, zaubert einen kleinen Fisch daraus hervor. Beide sind mit einer Schnur verbunden, die beim Herausziehen einen Mechanismus in Gang setzt. Manuel Granero wirft das Gespann auf den nächsten Schreibtisch. Die Räder drehen surrend durch, der kleine Fisch stupst gegen eine Tastatur, driftet ab, landet aber wie vorbestimmt im Maul des Räubers. „Der große Fisch frisst den kleinen nicht, weil der klein ist", ruft Manuel Granero. „Er frisst ihn, weil er langsam ist. Wir müssen schnell sein."

Mitarbeiter-Fortbildung an einem Donnerstagmorgen um 10 Uhr bei Cut&Go. Ein junges Unternehmen im Gewerbegebiet von Palma, das der Mallorquiner Manuel Granero vor einem Jahr zusammen mit dem Designer Félix Garcia (45) gegründet hat und das sich auf 3D-Druck spezialisiert hat. Zehn Mitarbeiter sind hier beschäftigt, darunter Ingenieure, Metallspezialisten, Programmierer, Architekten und Kommunikationsmanager.

Die Firma hat für ihre innovative Anwendung der 3D-Technik Preise von den balearischen Unternehmerverbänden CAEB und connect'up eingeheimst. Von der städtischen ­Arbeitsagentur PalmaActiva gab es eine Auszeichnung für die beste Geschäftsidee.

Zur Verleihung im Juni 2018 schaute Palmas Bürgermeister Toni Noguera vorbei. „Ihre Ideen sind notwendig, damit unsere Stadt auf vielfältige Weise wachsen kann", sagte er. „Wir erschaffen etwas von Wert", so Manuel Granero.

Konkret geht es bei Cut&Go darum, Sachen schnell, passgenau und günstig zu produzieren. Das können Stühle, Tische, Schilder, Steine aus Pappmaschee, Trennwände oder Lampenschirme sein. „Unsere Limits liegen in der Vorstellung unserer Klienten", sagt Manuel Granero. Und die kommen vor allem aus der ­Hotelbranche. Man könne aber auch für Fincabesitzer aktiv werden. „Wir planen hier im Büro am Computer virtuell die Zimmer und stellen so gut wie alle Einrichtungsgegenstände her", sagt er. 14 bis 16 Prozent eines Hotels können seine Maschinen produzieren. „Bis auf die Computer und Schreibtischstühle haben wir hier in diesem Raum so gut wie alles ausgedruckt", sagt Manuel Granero. Er dreht eine Runde und stellt seinen Fisch auf die Kommode zu anderen Blech-Robotern, Drehkreiseln und einer Rakete, auf der in großen Buchstaben „Skyexpress" steht. Die schnappt er sich. „Das ist auch gut", sagt er, zieht die Rakete auf und lässt sie mit der Spitze gegen eine Wand ­fahren. Etwas umständlich bäumt sich das Gefährt mithilfe einer herausfahrbaren Stütze auf, es gelingt ein Überschlag. Die Rakete surrt ab in die entgegengesetzte Richtung. Manuel Granero spart sich die Erklärung, sagt: „Ich bin ein Technik-Freak" und öffnet die große Tür am Ende des Büros, die zu den Werkstätten führt.

Studiert hat der gebürtige Mallorquiner Robotik und Elektrotechnik in Ávila auf dem spanischen Festland. Gearbeitet hat er meist für die Hotelbranche. „Ich war spezialisiert darauf, Lärmschutzkonzepte zu erarbeiten. Da die Herstellung der Elemente lange dauerte und teuer war, habe ich mir überlegt, eine Firma zu gründen, die das schneller und günstiger kann." Nach viel Laufereien, um die Finanzierung auf die Beine zu stellen, hat er seine Maschinen jetzt zusammen. In einer Anzahl, die einzigartig ist.

In einer Halle mit offener Gara­gentür zum Hinterhof werden auf einer vier Meter langen und zwei Meter breiten Werkbank gerade handtellergroße Aliens hergestellt. Die schneidet ein automatisierter Schweißapparat Stück für Stück aus einer Metallplatte, Funken sprühen. „Eine Auftragsarbeit", sagt

Manuel Granero.

Ein Stockwerk höher hängen riesige Lampenschirme aus Metall über einem Konferenztisch, an dem die Kelly Family und noch ein paar entfernte Verwandte Platz finden würden. Spanholzwände tragen knallbunte Bilder des mallorquinischen Künstlers Daniel Codorniu, vor einer Teeküche mit Sofaecke und Comics steht eine schwarze Box, auf der „Scanning 3 D" steht. „Hier können wir Objekte scannen und mit einem Plasmadrucker kopieren", sagt Manuel Granero. Lustig, aber mehr eine Spielerei. Er will lieber mit uns in den Keller.

Ein paar Treppenstufen weiter der nächste Raum, in dem noch mehr Werkbänke mit Schneidewerkzeugen stehen. Vor einer doppelbett-großen, aber sonst eher unscheinbaren Box bleibt Manuel Granero stehen und öffnet den Deckel. „Das ist unser Ofen, mit dem wir das Material K-Life in jede beliebige Form bringen können." K-Life ist ein 2017 von einer Firma in Barcelona entwickelter Mineralwerkstoff, eine Art Keramik - ultraleicht, antibakteriell, und er soll nach Herstellerangaben die Luft reinigen. Dieser Werkstoff habe eine große Zukunft und könne großflächig

innen wie außen eingesetzt werden. Bislang nutz Manuel Granero ihn, um Schilder oder Preise herzustellen. Bislang ?

Ganz am Ende des Raumes steht noch ein Roboter, dieser ist allerdings kein Spielzeug. „Das ist KR210", stellt Manuel Granero den drei Meter großen Roboterarm vor. Er hat ihn für rund 200.000 Euro von Audi gekauft, wo er normalerweise Autoteile zusammenbaut. Hier fräst er Skulpturen aus Pappmaschee wie eine fast drei Meter hohe Maske von Darth Vader zum Spaß oder einen Kopf von Don Quijote für einen Golfplatz-Kunden. Das abgefräste Material wird eingesaugt, gepresst und kann wiederverwendet werden. Nachhaltigkeit sei eines der Firmenprinzipien.

Und Mobilität. So plant Manuel Granero, alle seine Maschinen in aufklappbare Container verladen zu können, damit er sie in aller Welt vor Ort direkt beim Kunden einsetzen kann. Dann kann man eines Tages wie er, Roboter und Maschinen einfach im Internet bestellen. Nur hat der Postbote dann mehr zu schleppen.