Man muss nicht unbedingt ein eigenes Boot haben, um durch Palmas weitläufigen Hafen zu schippern. Die „Mar y Sol II“ dreht im Stundentakt ihre Runden und schaukelt die Passagiere an allen Sehenswürdigkeiten des gewaltigen Areals vorbei. Der Name des Ausflugsbootes ist Programm. Meer und Sonne gibt es satt. Und jede Menge imposante Schiffe auch.

„Libre?“, ruft eine Frauenstimme von der Brücke herab. Und „Libre!“, schallt es vom Matrosen zu Fina Escandell zurück. Die Leinen sind los, und die einzige Berufskapitänin für Ausflugsschiffe auf Mallorca dreht beherzt am Steuerrad. Fina kennt jeden im Hafen, und jeder kennt sie. Schon damals, als sie noch als Matrose mit ihrem Vater durch den Hafen tuckerte, war sie vom Seefraudasein begeistert.

Seit 2004 nimmt die 36-Jährige selbst das Ruder in die Hand. Sechsmal pro Tag schippert sie ihre Gäste an den Luxusyachten vorbei, hinaus aufs offene Meer, und dann wieder zurück zum Anleger gegenüber der Lonja oder dem Auditorium. Bei hohem Wellengang verlässt so mancher das Schiff mit einer fahlen Farbe im Gesicht. Heute ist das Meer spiegelglatt. Die Wahrscheinlichkeit, an Seekrankheit zu leiden, gleich null.

Maximal 87 Passagiere und drei Besatzungsmitglieder finden auf der 18 Meter langen und vier Meter breiten „Mar y Sol II“ Platz. Aber richtig voll ist es nur selten. Die zwei jeweils 630 PS starken Dieselmotoren werden kaum gefordert. Es soll ja auch eine Spazierfahrt werden.

Vorbei an den Kränen des Fischereihafens nimmt das Ausflugsboot gemütlich Fahrt auf. Im Hintergrund Palmas Lonja und der Amtssitz des balearischen Ministerpräsidenten, rechts vorne der Yachthafen Real Club Náutico, an dessen Anlegern es gerade hektisch zugeht. Die Besatzungen der Rennyachten bereiten sich dort auf den Start zur Regatta Copa del Rey vor.

Ein halbes Dutzend Megayachten weiter dreht Fina in Richtung Fährterminal ab. „Normalerweise sind mehr als doppelt so viele Superluxusyachten im Hafen. Aber im Sommer verbringen viele Eigner den Urlaub auf ihrem Schiff und fahren aufs Meer hinaus“, erklärt Kapitänin Fina unter anderem die Abwesenheit der „Lady Moura“, einer der größten Privatyachten der Welt, die in Palma eigentlich meistens anzutreffen ist.

Dafür wimmelt es an diesem Vormittag von gigantischen Fähren und Kreuzfahrtschiffen. Mit einem lauten Hupen läuft eine gelb gestrichene Fähre der Reederei Iscomar in den Hafen ein und wird vom Lotsenboot an ihren Platz geleitet. Damit sind es dann insgesamt acht Fähren, die sich an den Anlegern drängen. Im Hintergrund thront auf dem Berg die Burg Bellver. Von dort oben scheinen selbst die größten Schiffe winzig, alles eben eine Frage der Perspektive.

Zwergenhaft klein wirkt beispielsweise die „Mar y Sol II“ wenn sie keine 50 Meter entfernt an den Kreuzfahrtriesen „Thomson Destiny“ und „AIDAcara“ vorbeifährt, um dann Kurs aufs offene Meer zu nehmen. Die Kathedrale und den Almudaina-Palast von See aus zu erblicken, ist ein weiteres Highlight der Tour. Der Wind hat den Hitzedunst glücklicherweise weggeblasen, und die Gipfel des Tramuntana-Gebirges ragen hinter der Altstadt in die Höhe.

Kurz nach der Alten Mole und dem Frachthafen bietet sich noch einmal das gesamte Hafenpanorama. Hunderte von kleinen und großen Schiffen reihen sich wie an einer Perlenkette aneinander. Ob es denn nicht irgendwann einmal langweilig werde, ständig durch den Hafen zu fahren, wird Fina beim Anlegen von einem neugierigen Passagier gefragt. „Langweilig? Nein! Das ist jedes Mal anders. Es gibt immer etwas Neues zu sehen. Andere Schiffe, andere Leute. Und das Meer ist ohnehin nie gleich.“

Cruceros Marco Polo:

Abfahrt in Palma gegenüber der Lonja, täglich außer Sonntag,

um 11, 12, 13, 14, 15 und 16 Uhr. Fahrtdauer: 1 Stunde.

Der Fahrpreis beträgt zehn Euro.