Warum Antonio Pavetti mit dem Bau dieser spektakulären Straße beauftragt worden ist, wusste vermutlich nicht einmal der Ingenieur selbst. Dass sich auf ihr viele Jahre später Hunderttausende Ausflügler zum Meer hinabschlängeln würden, war 1932 alles andere als absehbar. Und die Handvoll Häuser von sa Calobra mit dem übrigen Mallorca zu verbinden, stand in keiner Relation zu dem Aufwand, der dafür betrieben werden musste. Für jeden der damals 32 Einwohner wurden über 1.000 Kubikmeter Fels mühevoll weggeschafft.

Zumindest aus heutiger Sicht hat sich die Mühe gelohnt, denn die Ma-2141 gehört nicht nur zu den schönsten Straßen der Insel, sie findet selbst europaweit so schnell nicht ihresgleichen. Ein 14 Kilometer langes Wirrwarr aus Dutzenden Kurven, davon 14 mit 180 Grad. Eine davon, kurz nach dem 682 Meter hoch gelegenen Pass Coll dels Reis, macht gleich einen kompletten Bogen und führt schneckenartig unter sich hindurch, wie man es sonst nur von einer Carrera-Rennbahn kennt.

Aber rasen sollte man besser nicht. Im Sommer geht das wegen der endlosen Buskarawanen ohnehin nicht, und jetzt im Winter würde man dem landschaftlichen Reiz der Strecke nicht gerecht. Denn allein schon die bizarren Felsen, die am Wegesrand wie zerknüllte versteinerte Bettlaken aussehen, und die knorrigen Oliven, die sich im Lauf der Jahrhunderte letztlich doch dem Wind gebeugt haben, sind bereits einen Ausflug wert.

Selbst an Wochenenden ist in sa Calobra jetzt kaum etwas los. Unter der Woche hat man diesen bezaubernden Fleck Erde mitunter ganz für sich alleine. Die Ausflugsboote von Port de Sóller bringen erst im späten Frühjahr wieder Urlauber in die kleine Bucht, und der Betreiber des einzigen Parkplatzes lässt sich wegen der paar Autos auch nicht mehr vom Sofa locken. Er ist bessere Geschäfte gewohnt, lässt aber freundlicherweise die Schranken geöffnet. Die Souvenirshops sind geschlossen, und von den zahlreichen Restaurants ist nur noch eines zumindest an den Wochenenden regelmäßig geöffnet.

Eine kleine befestigte Promenade führt von dem Hafen zur Schlucht. Durch zwei schwach beleuchtete Tunnel hindurch, an denen ein Schild vor einem „schlüpfrigen Fußboden" warnt, und das Flussbett vom Torrent de Pareis ist nach fünfminütigem Flanieren erreicht.

Nicht einmal Wanderer, die sonst durch die beliebte und nicht ganz ungefährliche Schlucht hinabsteigen, sind heute unterwegs. Das

zum Meer hin weitläufig von hohen Bergen eingerahmte Flussbett führt zu viel Wasser, um trockenen Fußes den Weg zu bewältigen. Einige Kinder stehen am Ufer und lassen Steine über die glatte Wasseroberfläche hüpfen. Ihre Eltern sitzen wenige Meter weiter am Steinstrand. Dort, wo der Torrent de Pareis bei richtig hohem Wasserstand zwischen zwei eng beieinanderstehenden Bergausläufern ins Meer mündet. An trockenen Tagen lässt es sich in entgegengesetzter Richtung bis weit in die dann immer enger werdende Schlucht hineinspazieren. So lange, bis die Felsen und auch eine Warntafel unmissverständlich zu verstehen geben, dass es nur noch mit Wanderstiefeln und Bergerfahrung weitergeht.

Bergauf und Bergab:

Von Palma aus empfiehlt sich eine Rundtour, denn die Strecke nach sa Calobra ist über Inca oder Sóller fast gleich lang. Ab Sóller der Beschilderung Lluc / Pollença folgen und immer die Tramuntana hoch. Kurz nach den beiden Stauseen, bei einem Viadukt, links abbiegen und die Serpentinen hinab. Zurück am Abzweig über Inca nach Palma.