Die Idee war nicht schlecht: Seit September 2014 vergibt die öffentliche Verwaltung Online-­Termine (citas previas) für die Zuteilung der Steuernummer NIE. So sollte den langen Schlangen vor der Ausländer­behörde in Palma ein Ende bereitet werden. Wer keinen Termin hat, bekommt seither nur noch in Ausnahmefällen die für so ziemlich alle Amtsgänge und Verträge benötigte NIE.

Stundenlange Wartezeiten vor der Tür der Extranjería gibt es nun nicht mehr. Jetzt ist das Problem ein anderes: Man muss monatelang auf einen Termin warten. Statt der ursprünglich geplanten Vorlaufszeit von zwei Wochen müssen neue Antragsteller derzeit bis Mitte Oktober warten. Das ist nicht zuletzt für Unternehmen ein Problem, die kurzfristig ausländische Mitarbeiter einstellen wollen.

Der Leiter der Ausländerbehörde, Joaquín Ruiz, begründet gegenüber der MZ die Wartezeit zum einen mit dem traditionell hohen Andrang im Sommer, zum anderen mit zusätzlichem Aufwand, den die Behörde derzeit bewältigen müsse. „Dieses Jahr müssen im Juni, Juli und August rund 20.000 in Spanien lebende Nicht-EU-Ausländer ihre Ausweise erneuern lassen", sagt Ruiz. Ansonsten funktioniere das System mit der cita previa sehr gut, er habe viele positive Rückmeldungen bekommen und müsse sich wesentlich weniger mit Beschwerden beschäftigen als früher.

„Die cita previa hat vieles verlangsamt", bestätigt dagegen die ­Behördendienstleisterin Susanne Heibl. Sie schätzt, dass seit der Einführung des Online-Systems etwa doppelt so viele Anfragen für Hilfestellungen in Sachen NIE bei ihr eingehen als vorher. Das webbasierte Verfahren, um einen Termin zu erhalten, erfordert Spanischkenntnisse und Geduld. Mehrere Schritte und Angaben sind erforderlich, um überhaupt von der Startseite für die Vergabe der Nummer bis zum Termin zu kommen.

Ein weiterer Stolperstein ist, dass die Antragsteller nur in einem dreitägigen Zeitfenster einen Wunschtermin wählen können. Er sei selbst überrascht gewesen, so Ruiz. Seine Erklärung: „Die öffentliche Verwaltung stellt das System, wir haben keinen Einfluss darauf." Das kleine Zeitfenster solle dem Missbrauch mit der Terminvergabe entgegensteuern. Allerdings kommt man in dem System ohnehin nicht weiter, ohne die Ausweis- oder Passnummer anzugeben.

Timing ist also die halbe Miete. Leider lässt sich nicht genau vorhersagen, wie schnell die nächsten Termine vergeben werden. Wer also zunächst zu früh dran ist, muss im Grunde jeden Tag aufs Neue prüfen, wie weit die Vergabe gediehen ist - und dabei jedes Mal auf der Website alle Schritte durchlaufen.

Ohne die Voranmeldung verteilt die Ausländerbehörde offiziell keine Steuernummern mehr. Das bedeutet: Die Antragssteller kommen nur in Ausnahmefällen und unter Nachweis triftiger Gründe an die NIE. De facto müssen sie die Person hinter dem Schalter davon überzeugen, dass Sie nicht in der Lage waren und sind, sich über das Internet für einen Termin zu registrieren.

Oder direkt einen Behördendienstleister beauftragen. „Wir sind langsamer, aber uns zu beauftragen, ist bequemer", sagt Heibl. Ihre ­gestoría brauche etwa vier Wochen, um eine NIE zu beschaffen. Die Antragssteller müssen den Experten für Behördengänge lediglich eine beglaubigte Kopie ihres Ausweises als Vollmacht überreichen. Kostenpunkt: rund 125 Euro. Dafür operieren die Dienstleister unabhängig von der cita previa. „Wir haben unseren eigenen Schalter", sagt Heibl. Derzeit ist dieser Weg also oft deutlich schneller, als sich selbst um seine, dann nur 9,45 Euro teure NIE zu kümmern.

Der Stau in der Behörde zieht ein weiteres Problem nach sich: Ohne Steuernummer wird eigentlich auch keine Sozialversicherungsnummer vergeben. Damit würde auf Mallorca lebenden Ausländer endgültig die Grundlage entzogen, auf der Insel arbeiten zu können. Immerhin gibt es hierfür eine Sonderregelung: Wer sich ordnungsgemäß einen Termin geben lässt, kann mit der Bestätigungsmail bei der Sozialversicherung vorsprechen und erhält seine Nummer. Sobald der Antragssteller seine NIE hat, muss er dort dann erneut vorsprechen, um die Angaben aktualisieren zu lassen.

Manchen Arbeitgebern aber reicht die Sozialversicherungsnummer nicht aus, um ordnungsgemäß Verträge aufzusetzen. Während Ruiz und seine Mitarbeiter also erleichtert in ihren Büros sitzen, kommen nun die Antragssteller und die Unternehmen ins Schwitzen.

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