In dem neuen Ratgeber „Sorgenfrei leben unter Spaniens­ Sonne" gibt der frühere Sozial­referent der deutschen Botschaft in Madrid, Rainer Fuchs, Tipps zu Themen wie Wohnsitz, Rente, Erbschaft, Gesundheit und Pflege. Der promovierte Jurist und Ministerialrat a.?D. war auch lange als Referatsleiter für „Inter­nationale und europäische Sozialversicherung" im Bundesministerium für Arbeit und Sozia­les tätig.

Wegen der vielen Rechtsfolgen, die an Ihren persönlichen Lebensmittelpunkt geknüpft sind, hier nun eine kleine Übersicht über die wichtigsten Vor- und Nachteile des Lebensmittelpunkts in Deutschland oder in Spanien:

Vorteile des Lebensmittelpunkts in Deutschland:

* Unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland, wichtig für Rentensteuer, Kinder- und Altersfrei­beträge, Erbschaftssteuer.

* Anteilige Erstattungsmöglichkeit von spanischen Privatarztrechnungen durch Ihre deutsche gesetz­liche Krankenkasse.

* Automatische Anwendung deutscher Rechtsregeln und deutschen Erbrechts.

* Autozulassung in Deutschland.

Nachteile:

* Im Krankheitsfall mit Ihrer deutschen Gesundheitskarte mit EHIC-Aufdruck durch spanische Ärzte und Kliniken im staatlichen Gesundheitsdienst nur Anspruch auf kostenlose „sofort notwendige Behandlung" (Basisbehandlung).

* Behördliche Zustellungen, Zahlungsfristen, Vorladungen sind an Ihre deutsche Anschrift wirksam, auch wenn Sie wegen Abwesenheit keine Kenntnis davon haben können.

Vorteile des Lebensmittelpunkts in Spanien:

* Recht auf volle und für Sie kostenlose Heilbehandlung im Krankheitsfall durch den staatlichen Gesundheitsdienst mit der tarjeta sanitaria.

* Bei Bedürftigkeit nach zehn Jahren Anspruch auf die spanische Mindestrente.

* Ermäßigungen bei Reisen von den spanischen Inseln zum spanischen Festland.

Nachteile:

* Verlust des Rechts, Privatarztrechnungen bei der deutschen Krankenkasse einzureichen.

* Wer ab 2015 erstmals eine deutsche Rente bezieht, ist in Spanien und in Deutschland steuerpflichtig.

* Geltung des spanischen Erbrechts, wenn im Testament nicht ausdrücklich deutsches Recht gewählt wurde.

* Spanische Autozulassung.

Fallbeispiele

Zweitwohnung in Deutschland

Die Eheleute Müller aus Oldenburg verbringen ihren Lebensabend in einem Haus auf Mallorca. Im Sommer leben sie für die drei heißen Monate bei den Kindern in Oldenburg. Gemeldet sind sie nur in Oldenburg.

Hier ist ganz klar der Lebensmittelpunkt Spanien. Also ist auch der juristische Wohnsitz Spanien. Anders könnten die Dinge allenfalls liegen, wenn Herr Müller in Deutschland etwa regelmäßig auch außerhalb des Sommers im Kirchenvorstand seiner deutschen Gemeinde oder im Stadtrat mitwirkt und dazu häufig nach Oldenburg reist.

Die Eheleute Müller müssten außerdem die spanischen Vorschriften beachten: empadronamiento und Ausländerregistrierung binnen drei Monaten. In der Praxis verfahren viele Residenten so wie das Ehepaar Müller aus Oldenburg. Nicht selten behalten sie auch eine eigene Wohnung in Deutschland bei. So glauben sie, die Regelungen überlistet zu haben und einen deutschen Lebensmittelpunkt zu besitzen. Das ändert aber rechtlich gesehen gar nichts, wenn es einmal darauf ankommt: bei zurückgewiesenen Privatarztrechnungen durch ihre Krankenversicherung, bei Steuernachforderungen des spanischen Staates, beim Erbfall ?

Manche Residenten haben keine Wohnung in Deutschland mehr und „vergessen" ihre Abmeldung und behalten so der Form nach ihren deutschen Wohnsitz. In Spanien melden sie sich weder bei der Gemeinde, noch beim Ausländeramt an und wollen dort als Touristen gelten. Auch das nützt ihnen letztlich nichts. Außerdem ist es ungesetzlich: Juristisch betrachtet ist das nach dem deutschen Meldegesetz eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld von bis zu 1.000 Euro geahndet werden kann.

Lebensmittelpunkt bei einer Scheinwohnung in Deutschland: Eine Scheinwohnung bei den Kindern in Deutschland ist eine häufige, aber doch nur eine scheinbare Lösung. Wenn die örtliche Meldebehörde in Deutschland die Meldung dafür akzeptiert, bleibt es dennoch dabei, dass letztlich der Lebensmittelpunkt in Spanien liegt.

Hälfte des Jahres in Spanien

Fallbeispiel:

Das Ehepaar Becker aus Rostock besitzt in Bochum eine Mietwohnung. Nach dem Ruhestand hat es ein Apartment in Spanien erworben. Es verbringt etwa ein halbes Jahr in Spanien und ein halbes Jahr in Deutschland.

Auch dies ist ein typischer Fall, aber leider gibt es hier keine klare Antwort. Hier hilft auch die 183-Tage-Regel nicht weiter. Es kommt auf andere Umstände an, zum Beispiel, wo das Ehepaar steuerlich veranlagt wird, wo seine Familienangehörigen leben, welche Beziehungen zu ihnen bestehen usw.

Die Europäische Kommission hat in einem Leitfaden zur Bestimmung des Wohnsitzes aus dem Jahr 2013 in einem ähnlichen Fall angenommen, dass der Wohnort Deutschland ist, wenn das Arbeitsleben in Deutschland verbracht wurde und auch in Deutschland Wohneigentum besteht. In unserem Fall ist es eine Mietwohnung - da wollte die EU-Kommission sich nicht festlegen.

Das bedeutet: Unklarheiten gehen nicht zu Ihren Lasten - Sie haben große Aussichten, in diesem Fall den Lebensmittelpunkt in Deutschland anerkannt zu bekommen.

„Sorgenfrei leben unter ­Spaniens Sonne" von Rainer Fuchs ist erhältlich bei Amazon, der Buchhandlung Akzente in Palma, der Mallorca Zeitung und beim Autor selbst (ratgeber-spanien@gmx.de). Es hat 192 Seiten und kostet19,90 Euro.