Die Bankenfusion erwischte Stefanie Trimborn-Boscher, als sie gerade in Deutschland war. Der Log-in zum Onlinebanking ihrer Banco Mare Nostrum (BMN) funktionierte nicht, die Deutsche musste ihre Rechnungen schließlich von einem Konto in Deutschland bezahlen. Große Überraschung dann zwei Wochen später auf Mallorca, als Trimborn-Boscher zu ihrer Bank vor Ort in Can Picafort ging. „Als wir die BMN-Filiale aufsuchten, gab es sie gar nicht mehr." Stattdessen prangten an der Niederlassung die Lettern Bankia - und der Geldautomat spuckte das Sparbuch der Deutschen wieder aus.

Von der Fusion erfuhr die Kundin durch Zufall von einer Freundin, „von der Bank sind wir überhaupt nicht informiert worden". Die Probleme ließen sich dann erst am Tag danach in der Filiale klären - nach mehr als drei Stunden Wartezeit, nachdem 17 Kunden in der Warteschlange ähnliche Probleme zur Sprache gebracht hatten.

Der Datentransfer zwischen den beiden Banken ging bei vielen weiteren Kunden alles andere als glatt: ausbleibende Gehälter, streikende Bankkarten, renitente Geldautomaten, lange Schlangen in den früheren BMN-Filialen - „bei uns gingen praktisch zwei Wochen lang Beschwerden von Kunden ein", meint Alfonso Rodríguez, Sprecher der Verbraucherschutzorganisation Consubal auf den Balearen. Auch beim Radiosender der Cadena Ser meldeten sich reihenweise verärgerte Bankkunden.

Die Fusion war bereits Anfang des Jahres in Kraft getreten, als BMN-Aktien gegen Bankia-Aktien getauscht werden konnten. Heikel für die Kunden wurde es aber erst ab dem 19. März, als auch die technischen Systeme zusammengelegt und dafür die gesamten Kundendaten übertragen werden mussten. Bankia-Präsident José Ignacio Goirigolzarri bat inzwischen öffentlich die Kunden um Entschuldigung. Probleme habe es auf den Balearen konkret mit 21 Terminals gegeben. 300 Geldautomaten mussten ausgetauscht werden, tausend weitere nachgerüstet. Goirigolzarri verwies auf die Komplexität einer solchen Fusion: Die Angestellten hätten insgesamt 220.000 Stunden Weiterbildung genossen.

Bereits zweite Fusion

Verbraucherschützer Rodríguez lässt das nicht gelten: „Als die Sparkasse Sa Nostra in Banco Mare Nostrum aufging, gab es keinerlei Probleme." BMN ihrerseits ist nämlich das Produkt einer Zusammenlegung: Sie war im Zuge der Bankenkrise aus der Fusion der früheren Balearen-Sparkasse Sa Nostra mit Caja Murcia und Caja Granada entstanden. Die dubiosen Spekulationsgeschäfte einstiger Sa-Nostra-Banker beschäftigen noch heute Justiz und Politik: Der frühere balearische Wirtschaftsminister Carles Manera sprach jetzt in einer Untersuchungskommission von der unkontrollierten „Gier" bei Immobiliendeals in Miami. Bankia wiederum - auch sie eine Fusion kriselnder Sparkassen - war im Jahr 2012 verstaatlicht worden.

Kunden, die nun unter dieser zweiten Fusion zu leiden hätten, empfiehlt Rodríguez, sich zunächst bei Bankia direkt zu beschweren, sich aber nötigenfalls auch an die spanische Zentralbank zu wenden - der Banco de España obliegt die Aufsicht der Kreditinstitute.

Dass das Projekt mit heißer Nadel gestrickt war, zeigen neben den technischen Problemen auch die Missgeschicke beim Wechsel der Firmenschilder. Denn nicht nur die Lettern am früheren Stammsitz von Sa Nostra an der Inca-Autobahn wurden ausgetauscht, auch die an sämtlichen bisherigen BMN-Filialen. In einer Nacht- und Nebelaktion am 19. März wechselte ihre Optik. An der Filiale in Pont d'Inca hieß es nun Port d'Inca - als ob Inca einen Hafen hätte. Aus Palmas Viertel Son Sardina wurde Sont Sardina. Und die Filiale Nummer 3388 befand sich plötzlich in Santamyí statt wie bislang in Santanyí.Auch der Bürgermeister droht

Schimpfte Inselratspräsident Miquel Ensenyat öffentlich über den „Mangel an Feingefühl" der Zentrale im fernen Madrid, legte jetzt Palmas Bürgermeister Antoni Noguera nach. Wenn die Kunden angesichts der technischen Probleme weiter malträtiert würden, werde man prüfen, die kommunalen Konten zu kündigen und zu einem Mitbewerber zu wechseln.

So schlimm dürfte es nicht kommen, nach Einschätzung von Verbraucherschützer Rodríguez hat Bankia die Probleme inzwischen in den Griff bekommen. Wer weiterhin das Nachsehen hat, sind zahlreiche Angestellte. So verschwinden im Zuge der Fusion auf den Balearen insgesamt 35 Filialen. Am stärksten betroffen ist der Stadtbezirk Palma, hier waren es 21 Niederlassungen, die bereits bis Anfang Februar schließen mussten. Die Gewerkschaften gehen davon aus, dass im Zuge geplanter Entlassungen noch weitere Filialen dichtgemacht werden - spanienweit sollen 2.510 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.

Kundin Trimborn-Boscher hat auf eine Beschwerde verzichtet - nach der Warterei, noch dazu mit einem Baby auf dem Arm, wollte sie nicht noch mehr Zeit verlieren. Und zum Glück testete sie den Zugang zum Onlinebanking noch in der Filiale auf dem Smartphone, wie sie sagt: Trotz der Versprechen der Bank funktionierte er nicht, „es mussten komplett neue Daten erstellt werden". Während des Gesprächs hörte sie dann ein Grummeln hinter sich. Es kam von einem Kunden, der sich wegen der Zugangsprobleme ein zweites Mal anstellen musste.