Die Saison nimmt Fahrt auf. Viele Urlauber haben bereits gebucht, manche suchen noch nach der Traumfinca. Nicht selten besteht die Gefahr, im Internet auf ein Angebot von Betrügern hereinzufallen. Um gegen diese Art der Kriminalität vorzugehen, hat Mallorca seit vergangenen September eine Cyber-Polizei. Die Einheit der Policía Nacional wird von Jorge Miguel Rodríguez geführt.

Wie viele Anzeigen gehen bei Ihnen ein?

2017 gab es auf den Balearen etwas mehr als 3.000 Anzeigen gegen Cyberkriminalität. In den meisten Fällen handelt es sich um Betrug, bei welchem unrechtmäßig Geld von Kreditkarten abgebucht wird. Die Karten werden immer mehr als Zahlungsmittel genutzt. Daher treten immer häufiger Sicherheitslücken auf. Aber nicht nur die Karte, auch die Nummern alleine können für ein Betrug benutzt werden.

Wie hat sich dieser Kreditkartenbetrug in den vergangenen Jahren verändert?

Früher hatten die Karten nur einen Magnetstreifen. Gauner haben den kopiert und hatten somit alle Informationen der Karte. In den USA ist das heute noch der Fall. In Europa hat es sich die Lage mit der Einführung eines Mikrochips gebessert. Dieser verspricht eine höhere Sicherheit, da er die Daten verschlüsselt.

Wie läuft heutzutage der Betrug ab?

Du kaufst etwas im Internet und gibst die Kreditkartennummer ein sowie den CVC, das ist der dreistellige Sicherheitscode auf der Rückseite. Mit den Daten kann man im Prinzip alles kaufen, was man will. Diebe klauen die Nummern und geben sie an Dritte weiter, die sie dann benutzen. Das wird carding genannt.

Lassen sich die Käufe nicht nachverfolgen?

Das hängt davon ab, wo der Kauf vorgenommen wurde. Wenn die Website auf .com oder .tv endet und den Hauptsitz auf einer entfernten Insel hat, fällt es uns sehr schwer, den Ort herauszubekommen. Deshalb ist es für viele Diebe lukrativ, die Kreditkartendaten zu stehlen und beispielsweise über das Darknet (Anm. d. Red.: ein verborgener Teil des Internets, der zum Teil auch als virtueller Schwarzmarkt fungiert) zu verkaufen. Dort kann man Tausende Nummern mit Bitcoins kaufen.

Wie steht es um die virtuelle Währung?

Der Kurs ist gesunken, aber die Bitcoins existieren noch. Ein Bitcoin ist etwa 4.000 Euro wert. Zudem gibt es weitere weniger bekannte virtuelle Währungen, die von den Kriminellen benutzt werden.

Wie kommen Betrüger an die Kreditkarten­daten heran?

Die üblichste Masche ist das phishing. Die Gauner kopieren eine Website deiner Bank, der Steuerbehörde oder vom Stromanbieter und verschicken sie per Mail. In dieser fordern sie den Empfänger auf, die Kreditkartendaten einzugeben. Leider fallen viele Leute darauf rein. Die Bank würde niemals eine solche Mail verschicken. Die muss ohne zu zögern sofort gelöscht werden.

Wie kann man sich davor schützen?

Zuerst sollte man immer auf den Absender schauen. Einige Mails fordern dazu auf, Anhänge zu öffnen. Der Inhalt sollte zuvor immer von einem Antivirus-Programm geprüft werden. Denn meistens enthalten die Anhänge einen keylover. Dieser Virus zeichnet alles auf, was man eintippt. Gibt man seine Kreditkartendaten ein, bleiben sie dort gespeichert. Eine sichere Zahlungsmethode ist Paypal. Dort müssen die Daten nicht eingegeben werden, und das Unternehmen hat eine Versicherung, die die Kunden im Betrugsfall abdeckt. Eine andere Möglichkeit sind wiederaufladbare Karten.

Können Sie ein Antivirus-Programm empfehlen?

Ein spezielles Programm kann ich jetzt nicht nennen. Es sollte aber auf jeden Fall eines vorhanden und auf dem neuesten Stand aktualisiert sein. Es gibt einige kostenlose Programme, die gut funktionieren. Es ist aber logisch, dass ein kostenpflichtiges den Schutz erhöht. Man sollte auch bedenken, dass das Smart­phone wie ein Computer funktioniert und ebenfalls geschützt werden muss.

Im Handel gibt es Hüllen, die das ungewollte Ablesen der Kreditkarten verhindern sollen. Braucht man die auf Mallorca?

In der Regel sind Kreditkarten so konfiguriert, dass bei Beträgen unter 20 Euro keine Pin-Abfrage erfolgt. Effektiver ist es, das bei der Bank ändern zu lassen. Dieser Betrug ist auf Mallorca aber eher unüblich, da die Gauner auf wenige Zentimeter an das Opfer herankommen müssen. Das geht vielleicht in der Metro in Madrid, aber nur schwer auf der Insel.

Wie sehr sind Touristen und Ausländer das Ziel von Betrügern?

In der Ferienvermietung gibt es viele Fälle. Die Urlauber denken, dass sie im Internet eine Finca gebucht haben. Dann kommen sie auf die Insel und sehen, dass es weder die Anschrift noch das Haus gibt. Man sollte besser im Vorfeld auf Anzeichen für einen Betrug achten. Nehmen wir das Beispiel Airbnb, wo die meisten Buchungen vorgenommen werden. Die Bezahlung bei der Plattform läuft immer über Kreditkarte und nie über eine Überweisung. Interessenten sollten sich vergewissern, dass sie wirklich auf der Seite von Airbnb sind. Es gibt viele Kopien von Betrügern, die ähnlich aussehen. Wenn man den Link der Website betrachtet, sollte hinter dem http ein „s" oder ein kleines Schloss folgen. Das ist ein Zeichen, dass die Seite sicher ist. Der Anzeigentext ist oft mit einer Übersetzungsmaschine übersetzt und sprachlich fehlerhaft. Zudem sollte man prüfen, ob die Anschrift und das Haus bei ­Google Maps zu finden sind. Hilfreich ist auch eine Google-Bildersuche nach dem angebotenen Objekt. Bei falschen Angeboten wird das gleiche Objekt in verschiedenen Städten und Regionen offeriert. Zudem: Sehr günstige Angebote sind oft dubios. Wenn jemand etwas deutlich unter dem Marktpreis anbietet, hat er etwas zu verbergen.

Was war der kniffligste Fall, den Ihre Abteilung bislang bearbeitet hat?

Mit der „Operación Troya­ waren wir 2017 die ersten Polizisten, die einen Trojaner für eine Ermittlung eingesetzt haben. Ein Reiseveranstalter hatte Anzeige erstellt. Der Schaden betrug 800.000 Euro. Betrüger aus der Dominikanischen Republik hatten mittels Phishing Codes zur Zimmerreservierung in Luxushotels ergaunert. Die Zimmer haben sie an Dominikaner verhökert, die Rechnung ging an den Reiseveranstalter. Mit einem Trojaner haben wir den Aufenthaltsort der Betrüger herausbekommen.

Wie stark sind Kinder den Gefahren der Cyberkriminalität ausgesetzt?

Jeden Tag sehe ich mehr Kinder im Alter von zehn Jahren mit einem Handy in der Hand. Besonders in Zusammenhang mit Videospielen steigt die Zahl der Anzeigen. Viele Spiele beginnen kostenlos, wie Fortnite. Wenn das Spiel einen dann gefesselt hat, gibt es nur noch eine Möglichkeit, um sich zu verbessern oder im Level aufzusteigen: Man muss Dinge kaufen. Das ist das wie eine Droge. Die Kinder greifen zur Kreditkarte, und die Eltern sehen, das Beträge in Höhe von 6.000 Euro abgebucht wurden. Das sind legale Abbuchungen. Man sollte sich fragen: Muss mein Kind wirklich das neueste Smartphone haben und solche Spiele spielen?