An Spitzentagen während der Corona-Krise gingen im balearischen Arbeitsministerium auf Mallorca laut Pressesprecher Xim Fuster über 2.000 Anrufe täglich ein, und noch immer sind es zwischen 80 und 500 am Tag. Hinzu kommen täglich aktuell etwa 120 E-Mails. Die Anrufer und Absender: verunsicherte Insulaner, die Fragen zum ERTE haben, dem „Expediente de Regulación Temporal de Empleo". Viele Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber auf Mallorca haben sich zum ersten Mal mit den teilweise sehr komplizierten Bestimmungen des Verfahrens zur zeitweiligen Kurzarbeit auseinandergesetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Gesetzgebung in ständigem Wandel befindet. Mithilfe von Experten von Kanzleien, gestorías und Behörden klären wir aktuelle Fragen:

Wozu dienen die ERTE?

Mit den ERTE können Firmen, wie im Gesetzesdekret 8/2020 beschrieben, bei widrigen Umständen wie der aktuellen Pandemie zeitweise die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter reduzieren (reducción de jornada) oder den Arbeitsvertrag zeitweilig aussetzen (ERTE de suspensión), sodass sie Arbeitslosengeld erhalten können, ohne dass ihnen gekündigt worden ist.

Welche ERTE-Arten gibt es?

Ein ERTE kann mit unterschiedlichen Begründungen beantragt werden: höhere Gewalt (fuerza mayor), wie in diesem Fall die Pandemie, oder wegen causas productivas: wirtschaftliche, technische, organisatorische und produktionsbedingte Gründe.

Wie viele Bewohner sind auf den Balearen von der Kurzarbeit betroffen?

Laut einer Pressemitteilung der Vertretung der Zentralregierung vom 2. Juni 2020 gingen beim staatlichen Arbeitsamt (SEPE) bis Ende Mai auf den Balearen 19.294 Anträge ein, die über 151.000 Arbeitnehmer betreffen. Der Großteil der Anträge, 18.241, wurde aufgrund höherer Gewalt gestellt. Über 144.000 Arbeitnehmer sind auf der Inselgruppe von diesem ERTE-Typ betroffen. Weitere 1.053 Anträge für einen ERTE wegen causas productivas betreffen über 7.000 Arbeitnehmer. Hinzu kommen seit Ausrufung des Alarmzustandes Mitte März über 40.200 Selbstständige (autónomos), die Hilfen beantragt haben.

Die ERTE wegen höherer Gewalt enden nach einer von der Zentralregierung beschlossenen Verlängerung am 30. Juni. Kann ein Betrieb auch darüber hinaus einen ERTE beantragen?

Ja, das Arbeitsministerium bereitet derzeit ein vereinfachtes Antragsverfahren vor, mit dem Unternehmen, die weiterhin von der Krise betroffen sind, insbesondere der Tourismusbranche, ihren ERTE wegen höherer Gewalt in einen aus causas productivas umwandeln können. Ein Unternehmen kann dann einen weiteren Kurzarbeitsantrag wegen wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer oder produktionstechnischer Gründe stellen. Diese neuen ERTE sind dann bis 31. Dezember 2020 gültig. Bis zu diesem Datum können die Unternehmen die Mitarbeiter flexibel, je nach Nachfrage, einsetzen.

Was ist, wenn zum Beispiel eine Hotelkette ein einzelnes Hotel, nicht aber alle Häuser öffnen will?

Nach Protesten vieler Unternehmer werden die bislang zwingend auf das gesamte Unternehmen bezogenen ERTE-Regelungen nun flexibilisiert. Einzelne centros de trabajo, also Betriebsstätten - wie zum Beispiel einzelne Hotels größerer Ketten - können die Kurzarbeit beenden, ohne dass dies den ERTE anderer Bereiche betrifft. Das Unternehmen muss so nur für die Beiträge der tatsächlich Beschäftigten aufkommen und verliert nicht die staatlichen Zuschüsse zur Sozialversicherung für die Arbeitnehmer, die sich weiterhin in einem ERTE befinden.

Was geschieht mit den sogenannten „fijos discontinuos" (dauerhaft unregelmäßig angestellte Arbeitnehmer, etwa Saisonkräfte)?

Arbeitnehmer, die in dieser Saison noch nicht arbeiten konnten, etwa weil ihr Hotel im April erst gar nicht eröffnet hatte, müssten mit in den neuen ERTE-Antrag aufgenommen werden, so Xim Fuster vom balearischen Arbeitsministerium (s.a. https://www.caib.es/sites/coronaviruseconomia/es/preguntas_frecuentes__0_0/).

Was können Arbeitnehmer tun, die mit einer Verlängerung des ERTE nicht einverstanden sind?

In letzter Instanz bis vor das Arbeitsgericht ziehen, so Coloma Tomás von der Gestoría Tomás.

Beginnen von den neuen Sonderregelungen ausgenommene Arbeitnehmer nach Ablauf des ERTE wieder mit der Stundenzahl, die sie vorher hatten, oder kann der Arbeitgeber sie zwingen, etwa nur halbtags zu arbeiten?

Stellt der Betrieb keinen neuen Antrag aus den zuvor genannten Gründen, muss er die Arbeitnehmer wieder auf ihre alten Posten zurückholen. Ohne Einverständnis des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber die Arbeitszeiten nicht ändern, so Tomás.

Stimmt es, dass ein Betrieb keinem seiner Mitarbeiter in den sechs Monaten ab dem Datum, an dem der ERTE beantragt wurde, kündigen kann?

Das Unternehmen ist verpflichtet, die Beschäftigung der Arbeitnehmer, die vom ERTE wegen höherer Gewalt betroffen sind, für weitere sechs Monate zu gewährleisten, doch es gibt Ausnahmen: „Es kann Arbeitnehmern wegen disziplinarischen Gründen (etwa Diebstahl, grober Fahrlässigkeit, Respektlosigkeit gegenüber Kunden) kündigen, der Arbeitnehmer kann in Rente gehen oder die Arbeit freiwillig beenden. In diesen Fällen verstößt der Arbeitgeber nicht gegen das Gesetz", so Tomás.

Entscheidet jedes Unternehmen selbst, ob ein Arbeitnehmer während des ERTE Urlaub beantragen darf oder gilt diese Regelung für alle Unternehmen?

„Ist ein Arbeitnehmer von einem ERTE de suspensión betroffen, bei dem der Arbeitsvertrag zeitweilig ausgesetzt wird, kann er währenddessen keinen Urlaub beantragen", so Monika Bertram von Monereo Meyer Abogados. Anders ist es, wenn einem Arbeitnehmer nur die Stunden während eines ERTE reduziert wurden. „Dann bleiben seine Rechte auf Urlaubstage erhalten. Dennoch muss er den Urlaub mit dem Arbeitgeber absprechen und beide Parteien müssen sich einigen."

Wer von einem ERTE betroffen ist, kann für die Zeitspanne Arbeitslosengeld beantragen (siehe ganz unten). Warum taucht die Zahlung von SEPE, dem staatlichen Arbeitsamt, womöglich zunächst als abono en cuenta anticipio prestación (Vorschusszahlung) auf den Kontoauszügen auf?

„Das hat damit zu tun, dass zunächst die Banken die Vorschusszahlungen des für die Arbeitnehmer bestimmten Arbeitslosengeldes übernehmen", so Coloma Tomás.

Woran liegt es, dass einige Arbeitnehmer die Zahlung immer noch nicht erhalten haben?

Monika Bertram weist daraufhin, dass das SEPE am 27.5. eine Anleitung für Arbeitnehmer mit möglichen Gründen dafür veröffentlicht hat (http://www.sepe.es/HomeSepe/que-es-el-sepe/comunicacion-institucional/noticias/detalle-noticia.html?folder=/2020/Mayo/&detail=causas-motivo-retraso-reconocimiento-ertes-vias-solucion-covid19). Etwa: fehlende Zusendung der Excel-Tabelle mit den Daten der betroffenen Arbeitnehmer, Fehler bei den Kontodaten des Empfängers, Nicht-Aufführung des Arbeitnehmers in der zugesandten Excel-Tabelle. Je nach Fehler werden verschiedene Lösungen vorgeschlagen - etwa Korrigieren der Daten in der Tabelle und erneutes Senden oder Senden einer neuen Tabelle mit den Daten der fehlenden Arbeitnehmer.

Hier bekommen Sie Hilfe:

Betroffene können sich per Telefon oder E-Mail an das balearische Arbeitsministerium wenden:

Tel.: 900-10 17 98, Mo.-Fr., 9 bis 19 Uhr; E-Mail: laboral@coronavirus.caib.es (für Arbeitnehmer), empresa@coronavirus.caib.es (Unternehmen und Selbstständige). Weitere häufig gestellte Fragen mit Antworten unter: https://www.caib.es/sites/coronaviruseconomia/es/preguntas_frecuentes__0_0/, https://www.caib.es/sites/coronaviruseconomia/es/preguntes_frequents_/, und http://www.sepe.es/HomeSepe/COVID-19/preguntas-frecuentes.html.

So können Sie die Sepe-Beträge einsehen

Arbeitnehmer, die nachschauen wollen, wie sich die Zahlung vom Arbeitsamt (SEPE) zusammensetzt, können dies unter http://www.sepe.es/HomeSepe/Personas.html tun. Unter dem Punkt „Prestaciones" in der linken Leiste auf „Consulte su prestación", dann „consulta de la prestación" und „Datos de contraste" klicken oder direkt die Seite https://sede.sepe.gob.es/ConsultaPrestacionesAAWWeb/DCAction.do aufrufen. Hier dann NIE-, Telefon- und IBAN-Nummer eingeben. Das Datum des Antrags kann unausgefüllt bleiben. Unter „Recibo de nóminas" finden Nutzer die überwiesene und noch zu überweisenden Summen. Beim Betrag rechts „Líquido" sind die Sozialversicherungsabgaben (Aportacion a la Seguridad Social) bereits abgezogen.