Was ist von der deutschen Rentenpolitik im Jahr 2021 zu erwarten? Die Zukunft der Rente ist ein Dauerbrenner der deutschen Politik, auch für Mallorca-Liebhaber. Die Herausforderungen der demografischen Entwicklung verlangen Antworten, die der Politik schwerfallen. Dies nicht zuletzt schon deshalb, weil Einschnitte ein Wählerpotenzial von rund 21 Prozent der Bevölkerung betreffen, die über 65-Jährigen. So ist „nach der ­Reform" bei der Rente immer auch „vor der ­Reform". Eine Antwort auf die steigende Zahl der Rentnerhaushalte, die mit ihrer Rente nicht mehr auskommen oder in Altersarmut verfällt, ist die neue Grundrente. Um es gleich zu sagen: Viel ist von ihr nach dem parteipolitischen Kompromiss nicht zu erwarten.

Die Grundrente

Im Januar 2021 tritt das Gesetz zur Grundrente in Kraft. Damit sollen Minirenten für langjährig Versicherte mit mindestens 33 Versicherungsjahren einen Aufschlag erhalten. Teilzeitarbeit, Kindererziehungszeiten und Pflegetätigkeit werden eingerechnet, nicht aber Zeiten der ­Arbeitslosigkeit und der Schulausbildung sowie Minijobs, bei denen keine Rentenbeiträge gewählt wurden, und freiwillige Beiträge.

Theoretisch kann bei 35 Versicherungsjahren ein Rentenzuschlag von 405 Euro erreicht werden - durchschnittlich werden es aber ­allenfalls 75 Euro monatlich sein. Trotzdem schätzt das Bundesarbeitsministerium, dass etwa 1,3 Millionen Rentner hierdurch Ansprüche erwerben könnten. Die Berechnung ist in ihrer Kompliziertheit schon fast ein Stück aus dem Tollhaus: Den Zuschlag erhält, wer mindestens 33 Jahre Rentenanwartschaften in Höhe von 30 bis 80 Prozent des Durchschnittsverdieners erworben hat. 2020 wäre also ein monatliches Mindesteinkommen von 1.013 Euro erforderlich, um von der Grundrente profitieren zu können, da der Durchschnittsverdienst der Rentenversicherten 3.379 Euro brutto beträgt. Die Rentenansprüche werden bis zu einer maximalen Höhe von 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes verdoppelt; der sich ergebende Betrag wird dann pauschal um 12,5 Prozent gemindert.

Und dann kommt noch die Einkommens­anrechnung. Die ist so kompliziert, dass die Deutsche Rentenversicherung für die Berechnung 3.000 zusätzliche qualifizierte Sachbearbeiter benötigt. Grenzwerte des Einkommens sind 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Ehepaare. Bei Überschreiten gibt es noch eine Gleitzone bis 1.600 Euro (Ledige) beziehungsweise 2.300 Euro (Verheiratete). Für jeden Euro, der in diesem Bereich liegt, wird die Grundrente um 60 Prozent gekürzt.

Alles klar? Muss es nicht sein! Denn die ­Berechnungen macht die Deutsche Rentenversicherung für Sie! Ein Antrag ist nicht erforderlich, die Grundrente wird automatisch gezahlt, wenn die Bedingungen erfüllt sind. Wegen der Kompliziertheit kann die Auszahlung wohl bis Ende 2022 dauern.

Grundrente nach Spanien?

Ja, die Grundrente wird, ebenso wie die normale Rente, auch nach Spanien und in andere Länder gezahlt. Für das Erreichen der 33 Versicherungsjahre werden etwaige europäische und spanische Versicherungszeiten mit eingerechnet.

Aber Achtung: Machen Sie spanische Versicherungszeiten von mindestens einem Jahr geltend, so sind Sie sogenannter „Doppelrentner", und das hat nach den Verordnungen der EU Auswirkungen auf Ihre Krankenversicherung! Sie werden in das spanische Krankenversicherungssystem integriert und erhalten die spanische Tarjeta Sanitaria. Glücklicherweise dürfen Sie trotzdem die deutsche Ver­sicherungskarte behalten und können sich auch weiter in Deutschland voll behandeln lassen. Aber Sie können dann den spanischen Privatarzt nicht mehr mit Ihrer deutsche ­Kasse abrechnen! Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie auf die Geltendmachung der ­spanischen Versicherungszeiten verzichten.

Die Grundsicherung im Alter

Daneben gibt es noch die altbekannte Grundsicherung im Alter. Sie ist im Prinzip die So­zialhilfe für Senioren, die damit von einer ­Antragstellung beim Sozialamt befreit sind und einen Rückgriff auf das Vermögen ihrer (unterhaltspflichtigen) Kinder wegen großzügiger Freibeträge (100.000 Euro jährlich) kaum ­befürchten müssen. Rund vier Prozent der Senioren erhalten diese Leistung. Oft sind das die überlebenden Ehepartner, meist die Ehefrauen, die mit der Hinterbliebenenrente des Mannes, meist 55 Prozent der Rente, nicht mehr auskommen. Wichtig hier der Hinweis, dass ein ­angemessenes kleineres Häuschen oder eine ­Eigentumswohnung dem Bezug der Grund­sicherung im Alter nicht entgegenstehen muss.

Die spanische Mindestrente

Hier muss auch die spanische Mindestrente erwähnt werden. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres haben auch deutsche Residenten Anspruch auf die spanische nicht ­beitragsbezogene Mindestrente, die 2019 monatlich bei 835,80 Euro für Verheiratete und 677,40 Euro für Singles liegt. Sie wird ausgezahlt von der spanischen Sozialversicherung INSS. Die Rente soll für ältere Bürger die Sozialhilfe ersetzen. Voraussetzungen sind

  • Lebensmittelpunkt in Spanien seit mindestens zehn Jahren und
  • Bedürftigkeit, die vorliegt, wenn weniger Einnahmen erzielt werden, als diese Rente beträgt. Etwaige Einkommen von Angehörigen oder die eigene Rente aus Deutschland werden dabei angerechnet.
  • Wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen, muss die Rente gezahlt werden. Oft kennen die örtlichen INSS-Büros ihre Verpflichtungen nicht. Notfalls wenden Sie sich an Ihre deutsche Rentenversicherung oder sprechen Sie den Fall bei den Beratungstagen der Deutschen Rentenversicherung in Spanien an.

Künftige Rentenreformen

Langsam dringt in der Politik die Erkenntnis durch, dass ohne weitere grundlegende Re­formen die Rente in zehn Jahren nicht mehr ­finanzierbar ist. Bis 2060 wird die durchschnittliche Lebenserwartung um etwa fünf Jahre ansteigen - das bedeutet zusätzliche ­Kosten in Milliardenhöhe für die Rentenversicherung. Ohne Reformen müsste der Rentenbeitrag weit über 40 Prozent steigen, oder es müssten die Rentenleistungen noch stärker gekürzt werden, oder es müsste der Steuerzuschuss, der schon jetzt gut ein Drittel der Rentenausgaben ausmacht, sehr deutlich erhöht werden. Das sind die einzigen Stellschrauben des gegenwärtigen Rentensystems.

Sozialpolitische Experten der CDU, darunter der Leiter des Fachausschusses Soziale Sicherung Kai Whittaker, haben jetzt für diese Partei revolutionär anmutende Vorschläge einer grundsätzlichen Reform unterbreitet: die Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen als Beitragszahler in das Rentensystem, höhere Beitragsbemessungsgrenzen stufenweise, bis zur Beitragspflicht des gesamten Einkommens, und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus.

In den Parteiprogrammen der SPD und der Grünen finden sich ähnliche Vorschläge, sodass eine Umsetzung dieser Vorschläge bei einem entsprechenden Wahlausgang 2021 gar nicht so unwahrscheinlich ist. Die Mehrheit der Mitglieder des Fachausschusses der CDU hat allerdings die „Rentenrevolution" abgesagt. Und die betroffenen Interessengruppen werden auch noch ein Wörtchen mitsprechen wollen €

Was bedeutet das alles für Rentner, die heute in Spanien leben?

  • Ihre Rente ist auch weiterhin sicher - um ein noch weithin bekanntes geflügeltes Wort des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm zu benutzen.
  • Auch wenn die heutigen Renten nicht üppig sind: Wer heute in Rente ist, dem geht es jedenfalls besser, als es voraussichtlich späteren Generationen je gehen kann.
  • Die Rente wird weiterhin grundsätzlich jährlich der Lohnentwicklung der Arbeitnehmer so angepasst, wie sich die Löhne der Arbeitnehmer entwickeln. Allerdings ist die jährliche Rentenanpassung in vier Stufen um insgesamt vier Prozent vermindert worden (sogenannte Riester-Treppe). Damit wird ausgeglichen, dass die aktiven Arbeitnehmer heute schon vier Prozent ihrer Alterssicherung ­privat regeln sollen und daher weniger verfügbares Einkommen haben.
  • Alles in allem heißt das: Sorgen müssen nicht Sie sich als Rentner machen, sondern die jüngeren Menschen, wenn diese nicht zusätzlich zur Rente privat vorsorgen.

Tipp bei allen Fragen zur Rente:

Auskünfte zur Renten­versicherung beantwortet sehr kompetent das kostenlose Service-Telefon der Deutschen Rentenversicherung unter der Rufnummer: 00800 1000 4800 (aus Spanien ohne Vorwahl für Deutschland), Mo.-Do. von 7.30 bis 19.30 Uhr, Fr. von 7.30 bis 15.30 Uhr

Der Autor und sein Ratgeber:

Der Autor, Dr. jur. Rainer Fuchs, war fünf Jahre lang Sozialattaché an der deutschen Botschaft in Madrid. Er war zudem über lange Jahre ­zuständiger Ministerial­rat im Bundesarbeitsministerium und im EU-Sozialausschuss in Brüssel. Sein Ratgeber „Sorgen­frei leben unter Spaniens Sonne, Experten-Rat­geber für Deutsche in Spanien" ist 2019 in dritter Auflage erschienen und für 24,90 Euro im Buchhandel und bei Amazon.de erhältlich.