Anmerkung: Dieser Artikel erschien erstmals im Juni 2021

Als Deutscher fragt man sich manchmal, wie man manche Inselstraßen unfallfrei passieren konnte. Palmas Avenidas zum Beispiel, wo die Autos teilweise im Höchsttempo drei Spuren gleichzeitig wechseln und dabei andere Verkehrsteilnehmer schneiden. Hier in einen Unfall verwickelt zu sein, ist für viele Urlauber und Residenten ein Horrorszenario. Nicht nur wegen des Schadens. Es gibt wahrlich schönere Dinge, als sich mit einem Fremden auf Spanisch darüber zu streiten, wer nun die Schuld trägt. Die MZ liefert einen Überblick, was zu tun ist.

Leuchte statt Warndreieck

Nachdem es gekracht hat, muss erst einmal die Unfallstelle gesichert werden. Das klassische Warndreieck (triángulo de emergencia) hat dabei in Spanien jedoch so gut wie ausgedient. Laut Daten der spanischen Verkehrsbehörde wurden zwischen 2018 und 2020 42 Personen überfahren, als sie nach einem Unfall das Fahrzeug verließen. Der Gang, um das Warndreieck aufzustellen, soll eingespart werden. Ab dem 1. Juli dürfen alternativ sogenannte V16-Leuchten benutzt werden. Diese müssen über GPS ortbar sein. Die Leuchte kann wie das Blaulicht der Polizei bei einem Unfall einfach über das Fenster auf das Dach gestellt werden. Dafür muss das Fahrzeug nicht verlassen werden. Das Licht ist aus einem Umkreis von einem Kilometer sichtbar. Eine V16-Leuchte kostet zwischen 25 und 30 Euro. Bis zum 1. Januar 2026 haben Fahrzeughalter die Wahl, ob sie auf das Warndreieck oder die Leuchte setzen. Danach sind die Warndreiecke verboten.

Muss ich die Polizei rufen?

Unfallzeugen sind in Spanien dazu verpflichtet, Hilfe zu leisten. Handelt es sich nur um einen kleinen Unfall ohne Verletzte, bietet es sich an, an den Straßenrand zu fahren, um den Verkehr nicht länger zu stören. „Die Polizei muss gerufen werden, wenn es Verletzte gibt, der Unfallschaden enorm ist oder Unstimmigkeiten bei der Schuldfrage bestehen", sagt Sassan Mikhtchi von Iberia Versicherungen.

Mitunter kann es Stunden dauern, bis die Beamten zum Unfallort kommen. Grundsätzlich ist die Policía Local für den Verkehr innerorts und die Guardia Civil für die Autobahnen und Landstraßen zuständig. Wer sich unsicher ist, wählt einfach die allgemeine Notrufnummer 112.

Ein Protokoll ausfüllen

Bei den meisten Unfällen sieht der Schuldige ein, dass er Mist gebaut hat. Nicht selten kommt es vor, dass später die Meinung geändert und die Schuld abgestritten wird. Daher ist es immer lohnenswert, sich die Kontaktdaten von unabhängigen Zeugen zu notieren.

Sind sich beide Unfallparteien erst einmal einig, muss der parte amistoso ausgefüllt werden. Dabei handelt es sich um ein Protokoll nach europäischem Standard. „Die Vordrucke gibt es vom Versicherungsunternehmen. Man kann

sie aber auch einfach im Internet herunterladen. Wir geben unseren Kunden für die spanischen Formulare noch eine englische Übersetzung mit", sagt Helena Hemberger von Axa Anke Sevenster.

Einen Vordruck gibt es zum Beispiel hier. Bei Verständnisproblemen solle man lieber bei der Versicherung nachfragen, die auch beim Ausfüllen des Protokolls hilft.

Die Formulare sind in dreifacher Ausführung. Meist sind sie zweifarbig blau und gelb. „Die Farben stehen je für eine Unfallpartei, wobei die Zuteilung egal ist und nichts mit der Schuld zu tun hat", sagt Hemberger.

Es müssen die Daten der Unfallparteien, der Versicherungen und Angaben zu Unfallort und -zeit ausgefüllt werden. „Die Spanier machen in der Regel keine Anstalten und füllen bereitwillig den Bericht aus", sagt Hemberger. Im unteren Teil ist Platz für eine Skizze des Unfallhergangs. Diese sollte auch gezeichnet werden. Beide Unfallparteien unterzeichnen dann das Formular und schicken es an ihre Versicherung. Diese klären dann untereinander die Abwicklung und die Erstattung der Schadensbeträge.

Alternativ zum Papierkram kann der parte amistoso auch am Handy ausgefüllt werden. Der Dachverband der Versicherungsunternehmen Unespa hat die App Idea entwickelt. Diese müssen beide Unfallparteien herunterladen. So können die gleichen Angaben eingetippt statt geschrieben werden. Für die Skizze kann der Unfallhergang mit Symbolen kreiert werden. Beim MZ-Test war dies etwas umständlich, da sich die Autos und Pfeile nicht drehen ließen. Wenn eine Unfallpartei den Bericht abgeschickt hat, bekommt die andere eine Meldung aufs Handy und kann das Protokoll bestätigen.

Egal ob elektronisch oder auf Papier: Auf jeden Fall sollten auch Fotos vom Unfallort und vom Schaden gemacht werden.

Den Abschleppdienst rufen

Der Abschleppwagen (grúa) ist bei fast allen Versicherungen kostenlos dabei. Die Versicherung ruft den Pannendienst entweder selbst oder teilt dem Versicherten die Telefonnummer des Partnerunternehmens mit. „Bei uns lässt sich am Handy sogar verfolgen, wo der Abschleppwagen gerade ist", sagt Hemberger. Die Kosten trägt dann direkt die Versicherung. Es muss kein Geld vorgestreckt werden. Der Pannendienst schleppt das Auto an die gewünschte Stelle. Dabei bietet sich natürlich direkt die Werkstatt an. Problematisch könnte es sein, wenn der Unfall in Andratx war und das Auto in die Werkstatt nach Cala Ratjada muss. Manche Abschleppdienste haben Höchstgrenzen an Kilometern.

Geld oder Reparatur

Dank eines Abkommens unter den Versicherungsunternehmen zahlt jeder Versicherer seinem Klienten den Schaden unabhängig von der Schuldfrage. „Das kann besonders beim Leihfahrzeug zu Problemen führen. Ob man das Geld bekommt, hängt dann nämlich von der eigenen Versicherung ab, auch wenn man nicht Schuld am Unfall ist", sagt Mikhtchi.

Bei kleineren Blechschäden lässt die Versicherung dem Kunden oft die Wahl, ob er eine Reparatur will oder einen finanziellen Schadensersatz akzeptiert.

Fahrer, die älter als 25 Jahre alt sind und seit mindestens zwei Jahren den Führerschein haben, sind automatisch mitversichert. Jüngere Fahrer müssen gegen einen Aufpreis in die Police mit aufgenommen werden.