Von Brigitte Kramer

Der in Magdeburg geborene und am Rhein aufgewachsene Mann ist seit Jahrzehnten verliebt in Spanien

im Allgemeinen, Pollença liebt er im Besonderen. Gerade war er auf der Insel, die für ihn nicht Ausland ist, sondern auf der er sich zu Hause fühlt. Neue Pläne hat er im Kopf, nachdem der Verleger mit dem klangvollen Namen sich aus seinem jüngsten Projekt, dem Europa Verlag, im vergangenen Jahr verabschiedet hat.

Zuvor, 1980, hatte von Eichborn seinen gleichnamigen Eichborn-Verlag gegründet, den er bis Mitte der 90er Jahre auch leitete. Und viel früher, in der Zeit der Spontis und Revoluzzer, hatte von Eichborn bei der Presse volontiert, war Kulturredakteur nach abgebrochenem Philosophie-, Theaterwissenschafts- und Germanistikstudium. Sein Dissertationsthema ýOppositionelles Theater in der Franco-Ära" wurde ihm zu langweilig, statt dessen trampte er durch Frankreich und Spanien, lebte in den 70ern ein Jahr in Castelldefels bei Barcelona.

Dass er den Comiczeichner Walter Moers und seinen Helden, das ýkleine Arschloch", in den 80ern groß herausgebracht hat, glaubt man ihm sofort, wenn man ihm gegenübersitzt: Windzerzaust sitzt er so da, mit seiner altgedienten Naturleder-Aktentasche, ein Schmunzeln auf den Lippen. Vito von Eichborn hat Humor und ist gleichzeitig ein Forscher. Er arbeitet und lebt, so scheint es, nach dem Lustprinzip, verliert das Geldprinzip dabei aber nicht aus den Augen. Einer seiner Grundsätze beim Schaffen seiner eigenen Marke, seines Erkennungsmerkmals, seiner eigenen Linie ist schlichtweg der persönliche Geschmack. Er schert sich nicht um Zielgruppen, sein eigenes Okay reicht ihm. Dabei orientiert er sich aber sehr wohl am Zeitgeist, liest in den Zeitungen die Nachrichten immer quer und mit der Frage im Kopf: Was braucht der moderne Mensch? Dieses Vertrauen in sich selbst und das Gefühl für den Puls der Zeit haben ihn immerhin zu einem der bekanntesten und interessantesten Verleger Deutschlands gemacht - Vito von Eichborn ist seine eigene Marke geworden.

Dabei versucht er offenbar ständig, seinen Ideenüberschuss abzuarbeiten und all die Dinge umzusetzen, die ihm so durchs Gehirn schießen. Wie jetzt zum Beispiel: Einen Verlag in Palma will er gründen, mit preiswerten Taschenbüchern für lesehungrige Urlauber: Schon ab 5 Euro will von Eichborn deutsche Klassiker, Krimis und Unterhaltung auf der Insel verkaufen - die ausgewählten Titel will er aus den Lagern der Verlage hierherkommen lassen.

Dann soll es noch eine kleine Mallorca-Bibliothek geben. Acht Bände soll sie umfassen, Bücher über Mallorca in deutscher Sprache, ein Einsteiger-Package für den durchschnittlich Gebildeten, mit Klassikern und moderner Literatur. Gerade verhandelt der alte Hase mit den Verlagen über die Rechte, Titel will er noch nicht nennen.

Ähnliches macht er gerade für den Verlag Hoffmann & Campe zusammen mit dem NDR: Von Eichborn ediert eine ýBibliothek des Nordens", mit Werken, die in Norddeutschland handeln oder von schleswig-holsteinischen Autoren verfasst wurden.

Die Mallorca-Wunschliste existiert schon, von Eichborn sieht die Edition in Gedanken, als schön aufgemachte Box, auf den frisch aufgeschüttelten Kopfkissen von Fünf-Sterne-Hotels der Insel liegen - als Willkommensgeschenk für die besten Kunden. Bücher seien etwas Besonderes und dabei doch so günstig in der Herstellung, sagt der Mann, der seit Jahrzehnten Manuskripte liest und sich als Berufsleser bezeichnet.

Derzeit arbeitet er als Herausgeber für das Internetportal Book-on-demand (Buch auf Bestellung). Der digitale Verlag druckt auf Wunsch der Autoren alles - gegen Eigenbeteiligung und so viele Exemplare wie bestellt. Aus der Flut der Titel soll von Eichborn nun die besten herauspicken, ihnen in einem Vorwort sein Gütesiegel verpassen und in einer speziellen Edition herausgeben. ýNormalerweise weiß ich nach fünf Minuten, ob ein Buch etwas taugt", sagt er. Ausgesondert wird in den Verlagen nach dem Top-oder-Flop-Prinzip, nur selten fordert ein Lektor einen Autor auf, das eingesandte Manuskript zu verbessern: ýNur jedes 20. Manuskript wird tatsächlich überarbeitet."

Der Vorteil des Daseins als ýScout für in- und ausländische Verlage, Herausgeber, Lektor, Journalist und Agent", wie es in Eichborns Wikipedia-Kurzbiografie heißt, ist die freie Wahl des Standortes. Ob der Teilzeit-Verlagerung des Arbeitslebens nach Mallorca auch bald ein definitiver Umzug folgt? Eher nicht, sagt von Eichborn. Noch lebt er in Hamburg, mit seiner Frau. Diese will da auch nicht weg. Denn Mallorca sei zwar ýkaum noch Ausland, konversieren kann man hier ganz vorzüglich", sagt er. Die geistige Anregung einer Großstadt wie Hamburg kann Mallorca einem intellektuellen Sprinter wie von Eichborn aber nicht bieten.