Im aktuellen Michelin-Führer wird das Lokal Zaranda, gelegen in der Straße Eduardo Dato, 5 in Madrid, mit einem Michelin-Stern geführt. Nur ist das Lokal nicht mehr dort. Es ist überhaupt nicht mehr in der spanischen Hauptstadt. Wer im Zaranda essen möchte, muss sich seit dem 18. Mai 2010 nach Mallorca begeben. Genauer gesagt in das Fünf-Sterne-Hotel Hilton Sa Torre, einer Luxusherberge, erschaffen auf einer mallorquinischen possessió aus dem 14. Jahrhundert zwischen Llucmajor und Bahía Grande.

Fernando P. Arellano, der 32-jährige Koch und Besitzer des Zaranda ist mit seinem Lokal und nahezu der gesamten Belegschaft einfach auf die Insel gezogen. Ein in dieser Form in Spanien bislang einmaliger Vorgang. Man darf gespannt sein, wie die Michelin-Inspekteure den Umzug am Ende des Jahres bewerten. In kleinerem Rahmen haben sie Arellanos Stellungswechsel schon kennengelernt. Vor gerade drei Jahren zog das 2005 eröffnete Zaranda innerhalb Madrids um. Den Stern hat das Lokal damals behalten.

Der bullige Koch aus Madrid wirkt nicht so, als habe er mit dem erneuten Umzug etwas Besonderes vollbracht. Ruhig sitzt er da, im imposanten Innenhof der alten possessió, die seit zwei Jahren das Hilton beherbergt, und erzählt seine Geschichte. Der Aufbruch mit 18 Jahren nach Irland, um Englisch zu lernen und etwas von der Welt zu sehen, die ersten Jobs in der Hauptstadt Dublin.

In der Küche eines französischen Lokals unter irischer Leitung entschließt er sich, Koch zu werden, besucht die Hotelfachschule in ­Dublin, arbeitet anschließend nur noch in Sterne-Restaurants, erst in Irland, dann in England, Frankreich, Italien, Spanien. Der mittlerweile mehrsprachige Madrilene zieht durch die Spitzenküchen Europas, immer zusammen mit seiner baskischen Frau Itziar Rodríguez, die er in Dublin kennengelernt hat, und die auch im Zaranda auf Mallorca das Kommando über den Esssaal hat.

Im Herbst 2005 dann das erste eigene Lokal. Schon nach einem Jahr der Michelin-Stern, das Restaurant wird schnell bekannt unter den Feinschmeckern der Hauptstadt und die Räumlichkeiten zu eng. Der erste Umzug. Das kleinere Lokal führt Arellano mit einem Partner und anderem Konzept weiter. Ein Jahr darauf erhält das Zorzal, so der neue Name, den Bib Gourmand, die Michelin-Auszeichnung für Lokale mit besonders gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.

Doch dann erreicht die Wirtschaftskrise Madrid. Bald schon schreibt Arellano rote Zahlen. „Wenn der Wareneinsatz wie in der ­Haute Cuisine 40 Prozent und mehr der Kalkulation ausmacht, darf dir kein Steak auf den Boden fallen, sonst machst du Verlust", so Arellano.

Zum Glück, aus Arellanos Sicht, tritt Ton Lodder auf den Plan. Der 63-jährige Holländer ist Chef der Hotelbetreibergesellschaft Gestión T 3, die mehrere Luxushotels in Spanien bewirtschaftet. Auf Mallorca sieht sich Lodder Ende März 2010 genötigt, Sa Torre für 29 Millionen Euro aus der Konkursmasse des mallorquinischen Pleitiers Vicenç Grande und seiner Gesellschaft Drac zu erwerben, um das Hotel weiterführen zu können.

Der Holländer bietet dem Koch aus Madrid an, mit seinem Lokal nach Mallorca zu gehen. Es ist nicht das erste Luxushotel, das sein Speise-Angebot durch erprobte Spitzenköche aufwerten möchte. Gerade der Holländer Lodder hat Erfahrung darin. Als erfahrener Hoteldirektor hat er schon Spitzenköche wie Santi Santamaría verpflichtet. „Lodder ist in solchen Sachen Pionier", sagt Fernando Arellano. Aus diesem Grund vertraue er ihm, deshalb sei er dem Ruf nach Mallorca gefolgt.

Der Umzug hat für den Koch und zweifachen Familienvater den gerade in Krisenzeiten nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass er für etwaige Verluste seines Lokals nicht geradezustehen hat. Auch seine Angestellten, die ihm aus der Hauptstadt gefolgt sind, stehen nicht auf seiner, sondern auf der Gehaltsliste der Hotel­betreibergesellschaft. Die Kreativität im neuen Zaranda wird also nicht von Existenzängsten überschattet.

Binnen kurzer Zeit hat Arellano das Lokal umgestaltet und die Menüs entworfen. Da seine Küche eine Marktküche sei, die sich an den Produkten orientiere, würde der Standort Mallorca sich auf der Speisekarte klar widerspiegeln, sagt Arellano. Natürlich seien auch französische Einflüsse spürbar. Die Fonds, die Soßen. „Jedes Spitzenrestaurant, das vorgibt, keine französische Küche zu machen, lügt", sagt Arellano. Noch kenne er nicht alle Vertriebskanäle, auf Mallorca, räumt der Koch ein. Beim Fisch lasse er sich derzeit vom Angebot auf Palmas Mercat Olivar inspirieren, Fleisch und andere Spezialitäten hole er noch vom Flughafen ab, er bestellt bei Antonio de Miguel, dem bekanntesten Delikatessen-Händlers des Landes.

Mit 60, 73 und 85 Euro für die unterschiedlich umfangreichen Menüs hat Arellano keine Schnäppchen-, aber für die gebotene Qualität sehr akzeptable Preise kalkuliert. Die Kalbszungenterrine mit geröstetem Gemüse macht glauben, man käme nach langem Winterschlaf aus der noch leicht warmen Laubdecke hervorgekrochen. Die rote Gamba aus Sóller präsentiert sich in einem Aggregatzustand aus flüssig und fest, der von wenigen Köchen so getroffen wird. Und die Lammbriese mit Morcheln gleichen Verführern, deren Liebeskunst noch spürbar ist, wenn sie schon gegangen sind. Madrid oder Mallorca, Hauptsache Frankreich, möchte man mit einem leicht abgewandelten Fußballerzitat schließen.

Restaurant Zaranda

Tel.: 971-01 04 50

im Hotel Hilton Sa Torre

Camí de Sa Torre, km 8,7

07609 Llucmajor

Di - Sa 20 - 23 Uhr,

Do, Fr, Sa 13.30 - 15 Uhr,

So geschlossen, Ferien im

November, 40 Plätze.

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