Heinz Winkler erscheint verspätet und ziemlich aufgebracht zum verabredeten Treffpunkt im Flughafen-Café. Fast eine Stunde hat es gedauert, bis der Koffer des Starkochs auf dem Förderband lag. Eine Zumutung für jemanden, der es gewohnt ist, präzise und perfekt zu arbeiten und in dessen Metier neben der Kreativität eine verlässliche Organisation das A und O ist. Nach einem tiefen Schluck aus dem Bierglas aber legt sich bei dem geborenen Südtiroler langsam die Aufregung. Jetzt erst ist er wirklich angekommen auf Mallorca, wo Lebensgefährtin Denise und der dreijährige Sohn Constantin bereits seit einigen Tagen auf den 62-Jährigen warten.

Winkler, der Ende der 80er Jahre in Portals Nous das Nobelrestaurant Tristán aufbaute, ist wieder zurück auf der Insel. Diesmal jedoch nicht zum Arbeiten, sondern zum Entspannen. In Portocolom hat er sich im vergangenen Jahr ein Ferienhaus gekauft.

Dass ihn heutzutage niemand mehr mit leicht spöttischem Blick fragt, was er denn auf Mallorca wolle, ist auch ein Stück weit Winkler selbst zuzuschreiben. Damals wurde er von der deutschen Unternehmerfamilie Graf verpflichtet, den Eignern und Gründern des Nobelhafens. „Ich sollte Mallorca den Ruf der Putzfraueninsel nehmen", erzählt Winkler, der zuvor mit großen Namen wie Paul Bocuse oder Eckart Witzigmann zusammengearbeitet hatte und seinerzeit Chef im renommierten Münchner Lokal Tantris war.

Das Experiment glückte, die Strategie der Grafs zahlte sich aus. Als in den deutschen ­Medien über die Besuche von Spaniens König Juan Carlos und dessen Familie im Tristán berichtet wurde, stieg das Ansehen des Lokals rapide und mit ihm das des gesamten Nobelhafens. „Ich hätte damals Liegeplätze kaufen sollen. Die waren noch für rund 25.000 DM zu haben. Ein Spottpreis im Vergleich zu heute", sagt Winkler. Sein Sous-Chef war Gerhard Schwaiger, der das Sterne-Lokal immer noch führt.

„Ich habe im Leben immer Dinge gemacht, bei denen andere gesagt haben: Das kann nicht gehen", sagt Winkler. Das sei schon so gewesen, als er einst Eckart Witzigmann als Chef des Tantris abgelöst habe. Und es war nicht anders, als er 1991 das Hotel Zur Post in Aschau im Chiemgau kaufte. „Was will er denn da auf dem Dorf?", habe so manch einer kritisch gefragt.

Heute geht in der „Residenz Heinz Winkler" die Münchner Hautevolee ein und aus und lässt sich von Winkler und seinem Team verwöhnen. Die 14 Millionen DM, die der Koch damals für den Erwerb und den Umbau der Immobilie aufnahm, seien mittlerweile abbezahlt. Winkler beschäftigt in der Residenz, die aus drei Restaurants und einem Hotel mit 33 Zimmern und Suiten besteht, mehr als 70 Angestellte. Ruhetage gibt es in Aschau nicht. Für die Qualität der Küche bürgt der Chef selbst hinter dem Herd. „Man darf das Kapital, mit dem man groß geworden ist, niemals aus der Hand geben", lautet sein Credo. Und seine Mitarbeiter in Aschau sind auf Erfolg getrimmt: „Ich habe ihnen verboten, daran zu zweifeln", sagt er.

Als jüngstes von elf Kindern einer wenig begüterten Familie im Südtiroler Brixen hat Winkler es früh gelernt, sich durchzusetzen. Er war der jüngste Drei-Sterne-Koch Deutschlands und verteidigte die Auszeichnung mehr als 21 Jahre lang, ehe man ihm 2008 einen Stern aberkannte. „Aber den holen wir uns bald wieder", sagt er und zwinkert seiner Lebensgefährtin Denise zu. „Was der Heinz sich vorgenommen hat, das schafft der auch", sagt sie.

Winkler weiß sich auf dem gesellschaftlichen Parkett zu bewegen und hat auch auf diesem Feld hart an sich gearbeitet. Golf spielt er nur, „weil ich es können muss". Bücher und Sendungen mit historischem Hintergrund verschlingt er hingegen aus Interesse. „Wenn man sich nur mit der Küche beschäftigt, wird man irgendwann zu einem Fachidioten", sagt er. Doch zum Spitzenkoch gehöre es eben auch, dass er als Gastgeber beredt und belesen ist und auf allen Themengebieten mithalten kann.

Winkler wurde bereits 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Zahlreiche Fachzeitschriften kürten ihn zum Koch des Jahres. Wer sich durch sein virtuelles Gästebuch in der Residenz in Aschau klickt, der trifft aus der Welt der Politik unter anderen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber sowie auch diverse Größen aus dem Showgeschäft.

In Kochshows allerdings hält man nach Winkler vergeblich Ausschau. Einmal sei er bei Kerner aufgetreten, weil dieser ihn so sehr darum gebeten habe. Doch vor die Kamera will er nicht mehr: Die Zuschauer der Sendungen seien nicht die Gourmets, die ihn in seinem Restaurant besuchen, sagt er.

Für Mallorca nimmt er sich gerade einmal fünf Tage Zeit. Das ist schon viel für einen, den Freunde und Bekannte übereinstimmend einen Workaholic nennen. „In meinem Alter muss ich ja auch was von dem haben, was ich mir erarbeitet habe." Er sagt das so, als müsse er sich für seinen Urlaub auf der Insel entschuldigen.

Den Kochlöffel nimmt er auf Mallorca nicht in die Hand. Man werde es sich in den Restaurants auf der Insel gut gehen lassen, sagt Winkler. Unter anderem steht auch ein Besuch bei Gerhard Schwaiger in Portals Nous auf dem Programm. Hin und wieder stellt sich auch Lebensgefährtin Denise an den Herd: „Ihr Schweinsbraten", schnalzt der Meisterkoch mit der Zunge „hätte allemal einen Stern verdient."

In der Printausgabe vom 5. Mai (Nummer 574) lesen Sie außerdem:

- Im Gespräch: Barbara Hahlweg

- "Verbotene Liebe" auf der Ibsel

- Golf de Andratx: Kapitalerweiterung beschlossen

- Saisonauftakt: Auftritt von Drews und Katzenberger endet mit Eklat

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