Kartbahn Can Picafort, Nord-Mallorca. Ein Café, Benzingeruch, ein Rundkurs mit einigen Kurven und mehreren Geraden, ein Schild mit dem in drei Sprachen – Spanisch, Englisch, Deutsch – geschriebenen Spruch „Lebe Deine Träume". Der Motor klingt blechern und irgendwie rasenmähermäßig schwach. Ganz anders als bei Sebastian Vettel in der Stierkampfarena, neulich bei „Wetten, dass ..?". Kann man mit so einem Ding wirklich richtig schnell fahren?

Man kann. Die Antriebsmaschine, die auch noch merkwürdig mickrig aussieht, ist unerwartet stark und presst meinen Rücken bei maximaler Beschleunigung auf fast 100 Stundenkilometer so druckvoll in die Sitzschale, dass er schon beim Fahren zu schmerzen beginnt. So also fühlt es sich an, wenn man nur eine Handbreit über dem Asphalt aus dem Stand fast in eine andere Dimension katapultiert wird.

Neben der Bahn stehen die Mini-Boliden: kleine mit 7 PS für Kinder, Standard-Karts mit ein paar mehr PS, „Extra"-Boliden mit 15 PS und „Professional"-Karts mit 18 PS. Wir haben die 18-PS-Variante bekommen. Und einen Helm auf dem Kopf, weil das Fahren „oben ohne" fahrlässig wäre. „Die größeren Karts sind zwar geschützt mit Blechverstrebungen, die ein Überschlagen verhindern sollen, aber man weiß nie", sagt Juan José Pons, der Betreiber der Anlage. Und man kann jederzeit irgendwo gegenkrachen – unangeschnallt.

Wir wollen aus diesem kleinen Gefährt mit nur zwei Pedalen und ohne Gangschaltung alles herausholen, was geht. Schnell wird klar: Es ist wichtig, rechtzeitig Vollgas zu geben und auch rechtzeitig so gefühlvoll zu bremsen, dass man nicht zu langsam wird, aber auch nicht so schnell ist, dass man mit Schmackes aus der Kurve fliegt. Schon nach einigen Kilometern stellt sich das Gefühl ein, das Gefährt vollkommen zu beherrschen. Ganz wie Vettel.

Karting ist bei Urlaubern ebenso beliebt wie bei Einheimischen. Drei größere Rundkurse (Llucmajor, Magaluf, Can Picafort) und weitere kleinere buhlen um Kunden. „An einem guten Tag in der Hochsaison im Sommer kommen schon mal 200 Gäste", sagt Juan José Pons. Sie zahlen für 15 Runden im Standard-Kart 20 Euro und im stärksten Gefährt 35 Euro. „Besonders deutsche Touristen schätzen unsere Strecke." Auch abends, nachdem es dunkel geworden ist, kann man unter Flutlicht in Can Picafort Gas geben – bis genau 22 Uhr.

Um im Gespräch zu bleiben, veranstalten die Kartbahn-Betreiber ab und an auch Rennen. Wer sich eingeschrieben und eine Erlaubnis für sogenannte „Competition Cars" hat, darf mitmachen. Diese Gefährte sehen ganz anders aus als die Urlauberautos: Sie haben keine Metallverstrebungen an den Seiten, in den Lenkrädern sind Tachometer eingebaut, der Sitz ist nicht bretthart. Sie haben auch mehr PS. In Can Picafort wurde zuletzt Anfang Juni ein 24-Stunden-Rennen ausgetragen. „Etwa 50 Leute haben teilgenommen", sagt Juan José Pons.

Für ein richtiges Rennen dürften die im Schnellverfahren angeeigneten Fahrkünste dann doch noch nicht reichen. In einer Art Boxengasse wird ausgerollt. Als ich aus der Sitzschale steige, fühlt es sich an, als hätte ich mehrere Nächte nicht geschlafen.

In der Printausgabe vom 30. Juni (Nummer 582) lesen Sie außerdem:

- Wenn Farbtupfer balzen: Das eigenartige Hobby der taubenzüchter

- Wegweiser: Wanderung von Deià zum Naturstrand von llucalcari

- Kindermenü: Endlich Ferien und viel Zeit zum Lesen

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