Christiane König, die ehemalige Tänzerin und Schauspielerin, ballt die Hände beim Erzählen zu Fäusten. Ganz oder gar nicht. Zwischen den Stühlen sitzt sie grundsätzlich nicht gerne. Sie macht keine halben Sachen. Die 84-Jährige erzählt in einem Tempo, als wäre sie noch zarte 20.

Mitte der 50er-Jahre. Viele Menschen der jungen Bundes­republik sehnen sich nach Idylle, nach romantischen Bildern und ein wenig Leichtigkeit. Die Erzählungen des Lebens auf einem Ponyhof der Autorin Ursula Bruhns bieten den Lesern genau diese Projektionsfläche. Die Geschichten der drei Mädchen Dick, Dally und Angela werden verfilmt. Heraus kommt die Immenhof-Trilogie. Sie erlangt Kultstatus. Christiane König spielt im ersten Teil die Angela.

Die junge Schauspielerin hatte als Tänzerin angefangen. „Ich war Ausdruckstänzerin, barfüßig, moderner Tanz. Ich vertanzte die Musik - in Form von Hexen und Teufeln." Dabei fiel sie dem Intendanten Gustaf Gründgens durch ihre expressiven Auftritte auf, ließ sich für die Schauspielerei gewinnen und bekam gleich dazu noch ein Stipendium. Sie wechselte das Fach. Ganz oder gar nicht.

Der Ponyhof der 50er-Jahre

„Man wollte ein junges, blondes, auf den ersten Blick unschuldiges Mädchen haben für diese Produktion - ich war es", erinnert sich Chris­tiane König auf ihrem Balkon in Portals Nous. Der Film spielt unter anderem in Malente, in der holsteinischen Schweiz. „Die Mädels vom Immenhof" trifft den Nerv der Zeit. Ponyhof, Liebeleien, Irrungen und Wirrungen, leichte Kost. „Ich bekam einen Dreijahresvertrag. Das war für mich unglaublich. Sogar der nächste Film war schon sicher,,Liane, das Mädchen aus dem Urwald´."

Doch wäre alles so glatt gelaufen und hätte sie im entsprechenden Moment einfach „Ja" gesagt, säße sie jetzt nicht hier.

Premiere von „Die Mädels vom Immenhof" in Hannover. „Wir standen alle oben auf der Bühne, ich wollte gerade die Treppen heraufgehen, als die Aufnahmeleitung zu mir kam und sagte, ich hätte Auftrittsverbot. Es kam scheinbar aus dem Nichts." Christiane König aber weiß ­warum. „Der Produzent wollte mich als Geliebte. Er sagte: Wenn Sie begabt sind, kommen Sie auch weiter. Aber nur über die sogenannte Besetzungscouch." Sie weigerte sich. „Dann wurde ich aus dem Vertrag geschmissen." Es folgt ein Arbeitsprozess, den sie gewinnt. Geheim bleibt das nicht, es kommt zu einem Vergleich, und die Geschichte geht durch alle Zeitungen: Junge Schauspielerin Christiane König klagt gegen große Produktions­firma.

Dann eben Theater

Für die Karriere beim Film ist das das Ende. Für das Vertrauen in das eigene Talent nicht. Wenn nicht Film, dann eben Theater, denkt sich die resolute Frau. Sie hat Engagements Seite an Seite mit großen Namen wie Gert Fröbe und Gulietta Masina, kaum Lücken zwischen den Aufträgen. Es geht auch sehr gut ohne die dubiose Starthilfe. „Die Zeit, die ich als Bühnenschauspielerin arbeitete, war ich selten ohne Engage­ment", sagt sie ein wenig stolz.

Dann bleibt doch einmal etwas Zeit zwischen zwei Engagements. Das Stück, das sie im Anschluss spielen soll, heißt bezeichnenderweise „Mach dir keine Sorgen". Sie hat fast einen Monat Auszeit und nimmt sich Urlaub. „Ein paar Freundinnen und ich wollten irgendwo hin, wo es noch ziemlich unbekannt und wild war. Wir wollten diese kleine Insel entdecken, damals noch nur mit vielen Zwischenstopps erreichbar." Die Insel heißt Ibiza, der Urlaub hat weitreichende Folgen. Sie lernt ihren späteren Mann Austin Armbrecht kennen, der ein kleines Hotel betreibt. Nach zwei Jahren Fernbeziehung lässt sie 1963 die Schauspielkarriere ruhen und bleibt auf der Insel. „Ich habe geheiratet, und alles war aus", sagt sie selbstironisch und lacht fast etwas frech. Vermissen tut sie die große Bühne nicht. Stattdessen ist jetzt die kleine Hotelbühne ihr Wirkungsfeld. „Es war für mich wie schauspielern, abends mit den Gästen."

Nach dem Tod ihres Mannes, 16 Jahre später, fühlte sich Ibiza auf einmal zu klein für sie an. Das kulturelle Angebot ist gering, aber zurück nach Deutschland will sie nicht. „Ich war zu lange weg", sagt sie lapidar. Wo gibt es ebenfalls Meer, Sonne aber zusätzlich Theater, Kino und Musik? Sie wählt Ibizas große Schwester Mallorca, die nun seit 1993 ihre neue Heimat ist.

„Das ist mein Atem"

Nun sitzt sie auf ihrem Balkon, der freie Blick aufs Meer ist beneidenswert. Beim Erzählen schlägt sie die schlanken Beine immer wieder von links nach rechts, springt leicht zwischen den Themen, Jahrzehnten und Geschichten, rattert die Namen von Film- und Theatergrößen herunter, mit denen sie befreundet war, so leicht und dynamisch, wie sie früher als Tänzerin wohl die imaginären Hexen und Teufel verjagt hat.

Sie schaut auf die Felsen vor Illetes. „Das ist mein Atem", sagt sie. Dort unten am kleinen Strand macht sie morgens ihre Übungen: „Da hüpfe ich durch die Gegend." Dass sie ihr Talent nicht verloren hat, kann sie jetzt wieder zeigen. In „Marta", einem Film von Florian Gottschick, der im November beim Evolution Festival in Palma gezeigt wird, spielt sie eine Großmutter. Ihre Augen leuchten, als sie vom Dreh erzählt.