Es ist noch keine vier Wochen her, da war die Associació d'Amics del Poble Sahrauí auf Mallorca plötzlich in aller Munde. Der gemeinnützige Verein, der sich für die Rechte und die Unabhängigkeitsbestrebungen der Menschen in der Westsahara einsetzt, verschickte eine Mitteilung an die Presse, in der es hieß, dass ein Schiff aus dem von Marokko besetzten Territorium nach Palma unterwegs sei. An Bord befänden sich 35.000 Tonnen Sand aus der Wüste. Die genaue Menge konnte letztendlich nicht ermittelt werden, sie wurde auch nur zum Teil gelöscht.

Tagelang wurde auf der Insel spekuliert, ob mit dem Sand mallorquinische Strände aufgefüllt oder Bauvorhaben verwirklicht werden sollen. Bis bekannt wurde, dass der Sand für einen Golfplatz in Calvià bestimmt war, der für die geplanten Arbeiten nicht einmal eine Lizenz hatte. Heikel war die Sache aber vor allem, weil europäische Länder mit der Westsahara aufgrund der politischen Wirren eigentlich keinen Handel treiben dürfen.

„Das war natürlich ein Scoop für uns", sagt Catalina Rosselló und grinst, halb stolz, halb verlegen. Rosselló ist die Präsidentin der Associació - und sie ist eines der Gründungsmitglieder der Vereinigung, die Mitte Mai ihr 30-jähriges Bestehen beging und im Zentrum Palmas sitzt. „Wir sagen bewusst, wir feiern nicht. Wir gedenken des Jubiläums", stellt Rosselló klar. Zu feiern gebe es nämlich noch nichts. Das könne man guten Gewissens erst dann, wenn in der Westsahara endlich das seit 1992 von den Vereinten Nationen geplante Referendum zur Eigenständigkeit stattfinde. Verhindert wird das immer wieder von Marokko. In der Zwischenzeit leben die insgesamt etwa 800.000 Saharauis unter einfachsten Bedingungen entweder in der von Marokko besetzten Zone oder in Flüchtlingscamps auf algerischem Staatsgebiet an der Grenze zur Westsahara, wo allein rund 200.000 Menschen unterkommen.

Rosselló bereiste mit einigen Freunden von der Insel 1987 zum ersten Mal die Region und lebte eine Zeit lang in den Camps. „Wer einmal dort ist, kommt als ­veränderter Mensch zurück", erzählt sie. Wieder auf der Insel, gründete sie mit den Mitreisenden keinen Monat später die Associació, die heute auf etwa 250 Mitglieder kommt. Die ersten Projekte starteten bereits nach wenigen Monaten, darunter das wohl bekannteste: „Vacaciones en paz". Jeden Sommer werden Kinder von acht bis zwölf Jahren aus den Flüchtlingscamps zum Urlaub nach Spanien, Frankreich oder Italien geschickt. „In diesem Jahr nimmt Mallorca 95 Kinder auf, die in ­privaten Familien unterkommen und der unmenschlichen Hitze von bis zu 55 Grad in den Lagern entfliehen", sagt Rosselló. Die Kinder bekommen auch medizinische Unterstützung.

Auch in den Camps selbst hat die Vereinigung ein Netzwerk an Ärzten aufgebaut, zumeist Saharauis selbst, die nach der Ausbildung dort arbeiten. Zur Unterstützung kommen immer wieder Mediziner aus Spanien dazu. In vielen spanischen Städten gibt es ähnliche Vereinigungen wie die auf Mallorca. Ein Stück weit dürfte dabei das schlechte Gewissen der Spanier eine Rolle spielen. Die Westsahara ist eine ehemalige Kolonie, „viele sprechen dort noch Castellano als zweite Sprache", sagt Rosselló.

1975 verließ Spanien nach den immer stärker werdenden Widerständen der einheimischen Saharauis das Gebiet, ohne einen geordneten Übergang zu organisieren. In der Region brach das Chaos los. Es kam zu einem Krieg zwischen Marokko, Mauretanien und den Bewohnern der Westsahara. Die beiden ­Nachbarländer beanspruchten das Territorium für sich.

Heute trennt ein 2.500 Kilometer langer Zaun einen marokkanischen Teil von einem kleineren Teil, der von den Saharauis selbstverwaltet wird. Im marokkanischen Teil gibt es reiche Phosphatvorkommen, die Küste weist einen ungemeinen Fischreichtum auf. Marokko macht damit gute Geschäfte. „Und wir werden nicht aufhören, das anzuprangern", sagt Rosselló kämpferisch.