Als Catalina Bauzá auf Facebook einen Aufruf las, dass man sich bei einem Wettbewerb für füllige Frauen bewerben kann, überlegte sie nur ein paar Sekunden. „Ich schickte eine Mail, und am 23. April wurde ich ausgewählt, um am ersten Miss-Curvy-Wettbewerb der Balearen teilzunehmen", sagt sie. Cata, wie sie von allen genannt wird, ist sichtlich stolz. „Ich überzeugte die Juroren mit meinem Lächeln sowie authentischer Ausstrahlung." Außerdem habe sie alle Fragen der Casting-Verantwortlichen beantworten können. Auch die Apothekenhelferin Paqui de la Iglesia sah den Aufruf auf Facebook und bewarb sich schnell. „Ich schickte ihnen ein Foto von mir und war eine der Letzten, die akzeptiert wurden", freut sie sich.

Es ist Samstag, der 16. September, und die beiden Palmesanerinnen probieren in Coloma Vallespirs Modegeschäft Vestit-B in der Oms-Fußgängerzone in Palma Kleider für üppigere Frauen an. Cata hat sich in ein kobaltblaues Gewand gehüllt und schaut kritisch in den Spiegel. Sie und Paqui sind zwei von neun hauptsächlich von Mallorca stammenden Kandidatinnen zwischen 23 und 39 Jahren, die am Samstag (23.9.) im Hotel Horizonte in der Nähe des Hafens Porto Pi darum kämpfen, in die Endausscheidung am 17. November 2017 in der andalusischen Stadt Granada zu gelangen. Die Teilnehmerinnen wiegen zwischen 70 und 137 ­Kilo und haben Konfektionsgrößen zwischen

44 und 54.

„Wir wollen, dass die Mode für fülligere Frauen nicht einfach von der Branche ignoriert wird", sagt Juana Fuster, eine der Organisatorinnen des Wettbewerbs auf den Inseln. „Attraktiv sind nicht nur die knappen Kleider für schlanke Frauen, Schönheit erkennt man auch in Blusen und Hosen für höhere Konfek­tionsgrößen." Azucena Torres, die mit 39 Jahren älteste Kandidatin, sieht das genauso. „In Spanien hat es in dieser Hinsicht wirklich eine kleine Revolution gegeben, noch vor wenigen Jahren war dieses Thema hier ein völliges Tabu", sagt die Catering-Mitarbeiterin und Mutter aus Pollença, die in Palma lebt. Es macht sie glücklich, dass der neue Trend das Land erobert. „Schon als kleines Mädchen träumte ich davon, bei so etwas endlich mal mitzumachen."

Die Organisatoren Fuster und der Palmesaner Visagist und Modeprofi Juan del Río wollen den Teilnehmerinnen ferner zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen. „Viele fühlen sich einfach nicht schön, und das bereits fast ihr ganzes Leben lang", sagt ­Juana Fuster. Dem Spott und sonstigem Gerede ausgesetzt, hätten sie ein Schattendasein gefristet.

Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb Miss Curvy España im Jahr 2015 von der andalusischen Model-Agentin Eva Burgos. Die hatte früher 100 Kilogramm gewogen und bringt nunmehr 80 Kilogramm auf die Waage. Lange Jahre führte sie Mode auf Laufstegen vor. Sie sitzt neben neun anderen Personen in der Jury bei dem Wettbewerb, zu dem 300 bis 400 Gäste erwartet werden. Die Jung-Unternehmerin äußerte einmal in einem Interview, dass es sehr schwierig für sie gewesen sei, das Thema in Spanien in der Modebranche populär zu machen. Man habe ihr gesagt, dass das nicht vermarktbar sei. Anfangs sei sie lediglich von einigen wenigen Bloggerinnen unterstützt worden - und das, obwohl Miss-Curvy-Wahlen in den USA und woanders schon seit vielen Jahren gang und gäbe sind.

„Wir haben uns hier in Spanien in Sachen Curvy an Italien orientiert", sagt Juan del Río. „Dort gibt es solche Wettbewerbe schon länger, allerdings mit der niedrigeren Höchstkonfektionsgröße 44." Sogar die Macher des angesehenen Pirelli-Kalenders sprangen auf den Zug: Sie präsentierten dort 2015 mit der international erfolgreichen US-Amerikanerin Candice Huffine ein fülliges Model. Und die ebenfalls üppige Paola Torrente stach 2016 bei der Miss-Italia-Wahl Dutzende schlanke Kolleginnen aus und eroberte Platz 2.

So weit wie bei Frauen ist man bei korpulenten Männern in Spanien noch nicht. „Für die Wahl eines Mister Curvy gibt es bislang keine Pläne", sagt Wettbewerbs-Organisatorin Juana Fuster. „Aber was nicht ist, kann ja noch werden."

Die Wahl der Miss Curvy findet am Samstag (23.9.) ab 21 Uhr im Hotel Horizonte statt. Wer einen Sitzplatz will, muss ein Abend­essen buchen. Die Karten kosten 20 Euro und sind im Modegeschäft Vestit-B im Carrer Oms, 28 erhältlich. Wer nicht essen will, kommt gratis hinein, muss aber stehen.