Nach dem jahrelangen Hader mit den kaputten Hüftgelenken und einem eher spärlichen Nachrichtenfluss nach der Abdankung am 2. Juni 2014 könnte man meinen, Spaniens Altkönig Juan Carlos würde im Zarzuela-Palast zu Madrid gelangweilt und müde seine Tage verbringen. Doch weit gefehlt! Der Bourbone, der dem Land 38 Jahre als Staatsoberhaupt gedient hat und am 5. Januar 80 Jahre alt wird, steht fern des Blitzlichtgewitters prall im Leben.

Genauer gesagt im Leben als Segler. In den letzten Monaten frönte Juan Carlos dieser Leidenschaft vor dem kleinen Hafenort Sanxenxo bei Pontevedra im windig-regnerischen Galicien. In seiner neuesten, bereits achtzehnten Bribón, einem bis zu sechs Meter langem Holz-Segelschiff, sitzt er am Steuer und rauscht samt seiner aus reichen Freunden bestehenden Mannschaft immer mal wieder über die Wellen. Er lässt sich in der Regel in einem BMW X5 samt den obligaten Bewachungsleuten vorfahren und steigt dann in das Boot, welches 1947 konstruiert worden war, früher Gallant hieß und etwa 60.000 Euro kostete.

Juan Carlos' Vertrauter, sein langjähriger Skipper José Cusí, hatte beim Kauf das richtige Gespür, denn im September gewann der Segler die Weltmeisterschaft in seiner Kategorie vor der am Pazifik liegenden kanadischen Stadt Vancouver. An Bord der Bribón Gallant Movistar, wie das Schiff mit vollem Namen heißt, nennen Juan Carlos alle nur ehrfurchtsvoll „den Chef", obwohl er sich immer betont kumpelhaft gibt.

Die Bribón hat für Juan Carlos einen entscheidenden Vorteil: Der an Land inzwischen am Stock gehende Alt-Monarch kann bequem im Sitzen steuern und wird nicht hin- und hergeschleudert. Auf einem fast 16 Meter Langen TP-52-Segler - Juan Carlos segelte diese Schiffe früher vor Mallorca - könne er dagegen nicht mehr rauf, weil er da sofort sein Gleichgewicht verlöre, sagte er jüngst einem Journalisten der Zeitung „El País", den er auf der Bribón mitfahren ließ. „Ich vermisse die Bucht von Palma", zitierte der den Altkönig in einem langen, am 17. Dezember erschienenen Bericht.

Juan Carlos Frau Sofía verweilt in den Sommermonaten immer noch gerne im Marivent-Palast auf der Insel. Die Altkönigin ist das einzige Mitglied der Royals, das Mallorca seit Jahrzehnten besonders fest die Treue hält. Die Spatzen pfeifen unüberhörbar von den Dächern, dass es um die Ehe der beiden schon lange nicht zum besten steht. Kein Wunder: Juan Carlos soll zahlreiche außereheliche Affären gehabt haben, auch auf Mallorca.

Die Sache mit dem Elefanten

Die Sache mit dem ElefantenAuch die blonde Deutsche Corinna von Sayn-Wittgenstein soll dazu gehört haben. Die 53-Jährige - eine angeheiratete Adelige - hatte jedenfalls im Frühjahr 2012 ihren Anteil an einem Skandal, der die spanische Monarchie ins Wanken brachte. Mitten in der tiefsten Wirtschaftskrise erschienen Bilder von dem damals noch in Amt und Würden befindlichen Juan Carlos mit einem von ihm in dem afrikanischen Staat Botswana erlegten Elefanten. Die Deutsche überredete laut Medienberichten den spanischen König, mit nach Afrika zu kommen.

Die Aufregung war groß - nicht nur unter Tierfreunden. Während viele Spanier um ihre Existenz bangten, praktizierte der von den Steuerzahlern entlohnte höchste Repräsentant des Staates weit weg ungeniert ein dekadentes Hobby. Zu allem Überfluss brach sich Juan Carlos in Botswana auch noch die Hüfte. Am 18. April 2012 bat der im Krankenhaus wieder genesene angeschlagene König sein Volk im Fernsehen dann öffentlich um Entschuldigung, ein bislang nie da gewesener Vorgang in Spanien.

Dabei war Juan Carlos davor jahrzehntelang ausgesprochen beliebt gewesen: Spätestens sein mutiger Fernsehauftritt in Uniform während des Putschversuchs am 23. Februar 1981 machte den im römischen Exil geborenen König auch unter gestandenen Nicht-Monarchisten zu einer geachteten Person. Denn er verteidigte die damals noch junge Demokratie in Spanien. Dank seiner Rede ließen einige Putschisten davon ab, die aufständischen Militärs um Guardia-Civil-Oberstleutnant ­Antonio Tejero und den Generalleutnant Jaime Milans del Bosch weiter zu unterstützen.

Freunde unter den Saudis

Freunde unter den SaudisAuch kritikwürdige Vorgänge taten dieser Popularität keinen Abbruch: Juan Carlos pflegte enge Kontakte zu den umstrittenen Mitgliedern des absolutistisch regierenden saudischen Königshauses. Auch auf Mallorca kam es zu Begegnungen mit Angehörigen dieser Öl-Dynastie.

Selbst Presseberichte wie einer in der Londoner „Times" im Jahr 2007, in dem Juan Carlos als luxussüchtiger Playboy dargestellt wurde, konnten ihm nichts anhaben. Als er ebenfalls 2007 beim Iberoamerika-Gipfel in Santiago de Chile den redseligen damaligen linksgerichteten venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez barsch zur Ordnung rief, machte ihn das im spanischen Volke eher noch beliebter.

Dass Juan Carlos nach seiner Abdankung zugunsten seines Sohnes Felipe die politischen Zustände aus den Augen verloren hat, ist trotz seiner deutlich reduzierten Medienpräsenz nicht der Fall. „Ich verfolge sie genau, das ist in einem drin", sagte er ­neulich in Galicien der „El País". Er nimmt sich jedoch heraus, dies auf dem Wasser auszusparen. „Wenn wir segeln, sprechen wir nicht über Politik."

Anders als noch zu seinen Amtszeiten kann sich Juan Carlos nun ein dickfelligeres Verhalten leisten. Als die Boulevardpresse 2015 meldete, dass er es sich mit seinen Millionärskumpeln im damaligen Sommer lieber in Irland und danach in Saint Tropez gut gehen ließ, anstatt mit seiner Gattin im Marivent-Palast auf Mallorca zu weilen, reagierte er einfach nicht. Schließlich hielt er sich an jenen Orten auf, weil es Segelwettbewerbe gab, an denen er teilnehmen konnte. Juan Carlos war halt in seinem Element, dem auch sein Großvater König Alfons XIII. und sein in der Thronfolge übergangener Vater Juan de Borbón im Exil im portugiesischen Estoril die Treue gehalten hatte. „Das Meer ist die Freiheit", sagt Juan Carlos immer wieder.