Christian war sechs Jahre alt, als ihm klar wurde, dass er kein Mädchen ist - obwohl er in einem weiblichen Körper geboren wurde. Er habe damals gar nicht gewusst, was Transsexualität ist, so der 14-Jährige heute. Im Internet hat er sich informiert und seiner Mutter einen Brief geschrieben, in dem er ihr sein Herz ausgeschüttet hat. Sie reagierte zunächst zögerlich, hatte Angst, verstand die Welt nicht mehr. Dann aber schlug sie sich auf Christians Seite, nahm Kontakt zu Ärzten und den Kampf mit der Bürokratie auf, um Namen und Geschlecht ihres Kindes auch auf offiziellen Dokumenten ändern zu können. Vergangene Woche konnte Christian seinen neuen Personalausweis auf Mallorca entgegennehmen. „Ich hatte zwei Wege, damit umzugehen: Ich konnte wagen, es den Menschen zu sagen und glücklich sein, oder weiter in meinem Zimmer sitzen und weinen. Aber ich hatte es satt zu heulen.“

Dass es beim Thema Transsexualität immer mehrere Wahlmöglichkeiten gibt und stets die Entscheidung zur Vielfalt besteht, zeigt auch der neue Online-Dokumentarfilm „Trans* Happy“ der Produktionsfirma Anorak Films aus Palma, in dem Christian die Hauptrolle spielt. Das Besondere an dem Werk: Statt passiv zuzusehen, müssen die Zuschauer selbst Entscheidungen treffen. Dafür müssen mit Tastatur oder Fernbedienung Antworten ausgewählt werden. Ist Christians Traurigkeit nur eine Phase oder von Dauer? Sollte die Mutter ihn umzustimmen versuchen oder unterstützen? Je nachdem, was der Zuschauer anklickt, werden andere Clips eingespielt. Insgesamt 18 verschiedene Pfade können eingeschlagen werden, die Aussage ist letztlich aber immer dieselbe: Glücklich wird nur, wer dazu steht, im falschen Körper geboren zu sein.

Das zeigen auch die Geschichten von Valentina und Ensa, beides Mädchen, die als Jungen geboren wurden und sich ebenfalls dazu entschieden haben, offen mit dem Thema umzugehen. „Ich wollte es zunächst nicht wahrhaben“, sagt Ensas Vater im Film. Aber seine Frau habe ihn vor die Wahl gestellt: Entweder er akzeptiere, dass er eine Tochter habe und unterstütze sie, oder aber er gehe. „Natürlich blieb ich, aber es war mir peinlich. Ich hatte nie so viel Angst wie an dem Tag, als meine Tochter erstmals im Kleid zur Schule ging. Meine Hände zitterten, als wir aus dem Auto ausstiegen und ich sie zum Tor brachte. Aber sie strahlte über das ganze Gesicht. Letztlich war es aber auch für mich der glücklichste Tag.“

Auch die Eltern von Valentina brauchten ihre Zeit, um zu verarbeiten, dass ihr kleiner Blondschopf am liebsten Kleider anzieht und sich so gar nicht als Junge fühlt. Doch auch sie stehen ihr bei und haben bereits eine Namensänderung beantragt. Valentina geht ohnehin locker mit dem Thema um. „Trans-Kind zu sein ist doch cool“, findet sie.

Dass es noch vor wenigen Jahren weder Protokolle für Pädagogen, Sachbearbeiter oder Ärzte gab, noch ein breites gesellschaftliches Verständnis für Transsexualität, zeigt der Fall von Laura, die - je nachdem, welche Pfade die Zuschauer wählen - ebenfalls im Dokumentarfilm zu Wort kommt. 24 Jahre lang lebte sie als Mann, obwohl sie sich eigentlich als Frau fühlte. „Es waren die 90er-Jahre und niemand war für das Thema sensibilisiert“, berichtet sie. Sogar eine Ehe ging sie ein, die aber nach wenigen Jahren scheiterte. Erst heute, nachdem Laura vor sich selbst und der Welt eingestanden hat, wie sie sich wirklich fühlt, könne sie sich auch selbst annehmen.

Dass nicht alle positiv auf seinen Wandel reagierten, bekam auch Christian zu spüren. „Aber die, die geblieben sind, sind wirkliche Freunde. Und am wichtigsten ist doch, dass ich mich selbst mag, wie ich bin.“

Den Link zum Dokumentarfilm finden Sie hier.