Er werde ab und zu gefragt, wie er das mache, also er und die anderen Modedesigner, erzählt Sebastián Pons. „Wie einigt ihr euch darauf, was die Trends in der jeweiligen Saison sind?" Dabei habe das nichts mit Absprachen zu tun, sondern vor allem mit Intuition. Die hat der Modedesigner aus s'Alqueria Blanca auf Mallorca vergangenes Jahr bewiesen, als er seine Modemarke Muchache lancierte. Das Konzept: luftige Kleidung aus einem einzigen Stoff, mit möglichst wenig Schnitten, One-Size-Fits-All und unisex. Alles wird lokal produziert. Die Nachhaltigkeit steht hier ebenso im Mittelpunkt wie die Distanzierung von körperbetonter Kleidung.

Am vergangenen Freitag (5.7.) hat Pons die zweite Kollektion seiner Marke im Hotel Gloria in Palma de Mallorca unter dem Namen „Wilderness" vorgestellt. Es war ein schlichter, unspektakulärer Termin. In einem kleinen Innenhof hatte Pons seine neuen Entwürfe, 85 Stück, an zwei Kleiderstangen gehängt und erklärte den interessierten Kunden die Idee hinter den einzelnen Kleidungsstücken. Keine Models, keine laute Musik, keine Show, keine Cocktails. Der Termin war um 17 Uhr. Einfach ein Designer mit seinen Arbeiten.

Das alles ist kurios, wenn man bedenkt, wo Pons herkommt. Er war in den 90er- und später nochmal in den Nuller-Jahren die rechte Hand von Alexander McQueen, der mit seiner eigenen Marke und später bei Givenchy die Modewelt umkrempelte - inklusive teurer, spektakulärer Modeschauen, die es in die Geschichtsbücher geschafft haben.

Sechs Jahre lang hatte Pons nichts präsentiert, als er vergangenes Jahr mit Muchache zurückkehrte. Seine letzte Show datierte von 2012, noch unter seinem Label Sebastián Pons. Seither hatte er sich der Lehre an einer Modeschule in Barcelona gewidmet und sich ansonsten aus dem Rampenlicht zurückgezogen. „McQueen hat mir mal einen Rat gegeben: Mach nicht den Fehler wie ich und werde zu schnell groß", sagt Pons. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum er seine Kleidung eher in kleinem Rahmen präsentiert. „Wäre ich nach so vielen Jahren mit einer teuren Produktion und den üblichen Sebastián-Pons-Stücken wiedergekommen, hätte mich wohl keiner beachtet."

Zurück in der „Vogue"

Jetzt kann er gleich in mehrerer Hinsicht eine positive Bilanz ziehen. Die Verkäufe liefen gut, Magazine wie „Vogue" schrieben über sein Projekt und er könne sich davon überzeugen, dass ihn seine Intuition nicht verlassen hat. „Wer hat vor anderthalb Jahren irgend etwas mit Nachhaltigkeit gemacht, mit One-Size-Fits-All? Ich-Size-Fits-All? Ich will nicht sagen, dass ich es erfunden habe, aber Muchache gehörte zu den ersten Projekten mit diesem Konzept, das jetzt

allgegenwärtig ist", sagt Sebastián Pons.

Seine neue Kollektion, in der er sich mit der Natur auseinandersetzt, hat er in sechs Kategorien geteilt: Earth, Sea, Rosè, Savage, Tropic und Ibiscus. Das bezieht sich vor allem auf die Farben und die Stoffe. Es ist eine eklektische Kollektion, sowohl von den Motiven, die von einfarbig bis floral reichen, bis hin zu den Schnitten. So gibt es unter anderem Tuniken, Shorts und Shirts. Ein Großteil seiner Kunden seien Frauen, sagt Pons. Die Männer seien etwas zaghafter, gerade was Stücke wie die Tuniken angeht. „Es gibt immer noch viel Angst, Neues auszuprobieren, weil man mit Ablehnung durch die Mitmenschen rechnet. Dabei geht es doch vor allem darum, dass man sich wohlfühlt." Muchache vermittele ein Gefühl von Sommer - manche Stücke funktionieren wohl besser am heimischen Pool, andere kann man sich problemlos bei einer edlen Gala oder auf einer Yacht vorstellen. „In einem stimmen die Kunden aber überein: Sie hätten nie erwartet, wie leicht sich die Kleidung am Körper anfühlt", sagt der Modedesigner.

Gerade die Frauen seien zunächst skeptisch, die weiten Schnitte zu tragen. „Sie wollen immer noch ihre Figur betonen. Ich sage ihnen dann, dass sie ein paar Schritte gehen sollen. Dann sehen sie, wie sich der Stoff ganz von alleine an ihren Körper schmiegt, sodass es häufig gar nicht nötig ist, einen Gürtel zu tragen oder die Kleidung gleich komplett auf die Figur zu schneidern."

Für ihn selbst habe das erste Jahr mit Muchache eine ganz eigene Überraschung gebracht. „Ich habe gemerkt, dass die Kundinnen sich hauptsächlich für die etwas teuereren, die etwas luxuriöseren Stücke interessieren. Man könnte auch sagen: die Sebastián-Pons-Stücke", sagt er. Er überlege nun, die Marke unter seinem eigenen Namen zu reaktivieren und Muchache zu einem Label zu machen, das man beispielsweise im Internet und in ausgewählten Geschäften beziehen kann. Er produziere ohnehin die ganze Zeit neue Stücke, die Marke solle mit der Zeit ein Selbstläufer werden. Es gehe nun darum, die richtige Infrastruktur aufzubauen.

Ein heimlicher Traum

Aber, das betont Pons, alles mit Ruhe. Er wolle sich nicht mehr stressen, nicht mehr das hektische Leben führen, das er in seinen Zwanzigern hatte. Er ist vor Kurzem 47 Jahre alt geworden. Er schätze das Leben zwischen der Metropole Barcelona und dem Leben auf dem Dorf auf Mallorca. „Ich kann mir Zeit nehmen, mich um meine Mutter kümmern." Gleichzeitig stehe er in Barcelona durch seine Lehrtätigkeit immer im Kontakt zur Modewelt.

Er fühle sich privilegiert, weil er immer das habe machen können, was er wollte, sagt Pons. Diesen Satz habe er kürzlich schon mal in einem Interview gesagt, irgendwer habe daraus den Titel „Ich mache immer, was ich will" gemacht. „Das klingt so arrogant. Genau das wollte ich nicht sagen. Ich bin dankbar", sagt Pons, der betont, wie viel Spaß ihm der direkte Kontakt zu seinen Kunden bei Muchache mache.

Einen Traum hege er noch: ein eigenes Parfum zu kreieren. Seit einiger Zeit beschäftige er sich mit dem Thema, es habe ihm eine ganz eigene Welt eröffnet. „Ich möchte aber nichts für eine große Marke machen, sondern auf einer viel kleineren Skala." Dor, wo Pons sich derzeit am wohlsten fühlt: Wo er nicht den Überblick über sein eigenes Werk verliert. instagram.com/_muchache_