Während sich ehrenamtliche Vereine wie die Associació Tardor darum bemühen, Lebensmittel aus den Supermärkten vor dem Wegwerfen zu bewahren und an Bedürftige zu geben, landen in den spanischen Haushalten immer mehr Nahrungsmittel im Müll. Wie das Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung im Juni 2019 bekannt gab, warf die Bevölkerung im Jahr 2018 geschätzte1,3 Milliarden Kilogramm Lebensmittel in den Müll. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Menge damit um 8,9 Prozent gestiegen.

Was im Müll landet

Zu denken gibt dabei auch, dass nur 15,8 Prozent der ausrangierten Lebensmittel (212 Millionen Kilogramm) überhaupt gekocht oder anderweitig verwertet wurden. Die übrigen 1,1 Milliarden Kilogramm landeten direkt im Müll. Gemüse und Obst bilden mit 46 Prozent die größte Menge an Weggeworfenem, ihnen folgen mit 13 Prozent Milchprodukte. Brot und Fisch seien im vergangenen Jahr weniger weggeworfen worden.

Umdenken im Handel

„Im privaten Gebrauch mögen die Zahlen an weggeworfenen Lebensmitteln gestiegen sein, dafür hat sich auf Mallorca das Bewusstsein für die Umwelt im gewerb­lichen Bereich in den vergangenen Jahren stark gewandelt - ob bei großen Supermarkt- oder Hotelketten oder Restaurants", sagt Xisco ­Cañellas. Der 69-Jährige ist Sprecher der mallorquinischen ­Lebensmittelbank (Banco de Alimentos de Mallorca), einer privaten Stiftung, die vor 25 Jahren von einer Gruppe pensionierter Soldaten gegründet wurde. Bis vor zehn Jahren noch hätten Unternehmen Lebensmittel, die sie nicht mehr verwenden können, direkt weggeworfen. „Heute rufen sie uns, das Rote Kreuz, die Caritas oder die Stiftung Monti-Sion Solidària an, und wir dürfen die Sachen kostenlos abholen", so der Mallorquiner. Unter anderem mit Alcampo, Eroski, Mercadona, Aldi, Lidl, aber auch Hotelbeds oder der ­Slice Pizza S.L. arbeitet die Stiftung zusammen.

Im Jahr 2018 haben die insgesamt 500 Freiwilligen durch verschiedene Aktionen, Geld- und Lebensmittelspenden 732.529 Kilogramm Essen und Trinken gesammelt. Weitere 759.158 Kilogramm sind durch staatliche Gelder der Europäischen Union für benachteiligte Familien zusammengekommen.

Die Banco de Alimentos de Mallorca liefert die Lebensmittel nicht direkt an mittel­lose Menschen, sondern verteilt sie zunächst an 72 kooperierende Wohltätigkeits-, Kulturvereine oder Kirchengemeinden. Von dort aus gehen die Spenden an die Bedürftigen, die sich zuvor durch ein von einem Sozialarbeiter ausgefülltes Formular registriert haben.

„Wir erreichen so jährlich zwar über 20.000 Menschen, können ihnen aber dennoch nur oberflächlich helfen und nicht das gesellschaftliche Problem lösen, das darunterliegt. Dass es uns geben muss, bedeutet, dass etwas schiefläuft", so Cañellas. Während Lebensmittelbanken früher oft nur mit Obdachlosen in Verbindung gebracht wurden, suchen heute auch andere Menschen die Anlaufstellen auf: „Viele haben einen Job. Da die Mieten hierzulande jedoch sehr hoch sind und die Gehälter niedrig, reicht das Geld oft nicht bis zum Ende des Monats", sagt der Mallorquiner. Auch viele ältere Menschen würden kommen, weil ihre Pen­sion zu spärlich ist, oder Immigranten, die noch auf Arbeitssuche sind.

Wer helfen will, kann sich etwa als Hotel- oder Restaurantbesitzer an Cañellas wenden oder sich als Freiwilliger einbringen - ob in den Bereichen Informatik, Buchhaltung oder Verteilung der Lebensmittel. Auch Geldspenden, mit denen die Stiftung Lebensmittel kauft, sind willkommen.

Auch der Lions Club hilft

Ein anderes Wohltätigkeitsprojekt bietet seit 2010 der Lions Club Palma de Mallorca mit „Comida para todos" (Essen für alle). Ein eigens für das ­Projekt fest angestellter Mitarbeiter fährt dafür täglich die Lidl-Filialen der Insel ab, um dort Gemüse, Obst und Lebensmittel, die bald ablaufen, ­sowie Hygieneartikel abzuholen. Ähnlich wie bei der Banco de Alimentos de Mallorca werden die Spenden dann an soziale Einrichtun­gen und Tafeln, wie etwa die Bruderschaft ­Caputxinos, die Tafel Comedor Zaquero oder das Obdachlosenhaus Can Gaza, in Palma de Mallorca verteilt. Von dort aus gehen sie in Form von ­Lebensmittelpaketen für Familien, eines Frühstücks oder warmen Mahlzeiten an bedürftige Senioren, Kinder oder Obdachlose. „Wir können noch nicht garantieren, dass das Projekt im kommenden Jahr weiterhin existiert, da es an Sponsoren fehlt", sagt Petra Steiner, Vor­sitzende des Lions Club. Rund 3.600 Euro sind ­jeden Monat für die Wartungskosten des ­Lieferwagens, die Spritkosten und das Gehalt des Mitarbeiters fällig.

Banco de Alimentos de Mallorca

FB: Banco de Alimentos de Mallorca

E-Mail: bamallorca@gmail.com

Tel.: 635-46 80 97 (Xisco Cañellas)

Comida para todos

www.lionsclubpalma.com

IBAN: ES 62 2100 4379 6302 0005 0026

Eine Anwendung für Sparfüchse

Händler können auch mithilfe einer App überschüssige Ware an den Kunden bringen. „Too good to go" heißt die Anwendung, die spanienweit genutzt wird. Dabei bieten die Geschäftsleute Pakete an, die abgeholt werden können. Auf Mallorca machen aktuell rund 20 Lokale mit - darunter Restaurants, Bäckereien, aber auch Blumengeschäfte. Die Kunden zahlen ein Drittel des ursprünglichen Preises. Ein Euro davon geht jeweils an die Gründer der App, das Restgeld an die Geschäfte. „So verdienen wir noch etwas an den ­Lebensmitteln - in ­unserem Fall gefrorene Smoothies - und tun gleichzeitig etwas Gutes", sagt David Calafell vom lokalen Eishersteller Gelat Mallorquí, der die App seit drei ­Wochen nutzt. „Die Nachfrage ist schon jetzt viel höher, als wir dachten. Vor ­allem Frauen um die 30 kommen", so der 25-Jährige, der jeden Tag etwa vier Pakete mit je neun Tüten gemischter gefrorener Früchte ausgibt. Wer nichts kaufen will, kann in der App auch für lokale Initiativen wie „Acción contra el Hambre - Palma" oder die „Federación Española Banco de Alimentos - Palma" Geld spenden. In der „Karten"-Ansicht können Nutzer die Geschäfte nach ihrer Lage auf der Insel auswählen. Die Farben der Punkte zeigen an, ob gerade viele (grün), wenige (gelb) oder gar keine (rot) Pakete mehr verfügbar sind. Zahlen ist nur per App mit Kreditkarte oder Paypal möglich. Spanienweit hat die App 500.000 Nutzer.