„Auf diesem Wege bekunde ich mein Interesse an der von Ihnen ausgeschriebenen Stelle für den Pfarrdienst auf den Balearen", beginnt eine der beiden Bewerbungen, die die deutschsprachige evangelische Gemeinde erhalten hat. Es ist wieder so weit: Die Amtszeit von Pfarrerin Heike Stijohann neigt sich nach sechs Jahren dem Ende entgegen, ein neues Pfarrer-Casting beginnt. Die Beschreibung mag salopp klingen, trifft es aber ziemlich gut: Die Bewerber müssen nämlich nicht nur die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) überzeugen, sondern auch die Gläubigen auf Mallorca. Nach einer Vorstellungsrunde auf der Insel inklusive Probe-Gottesdienst wird dann abgestimmt - ein bemerkenswertes Beispiel für Basisdemokratie, auch im Vergleich zu den evangelischen Pfarrgemeinden in Deutschland, wo stellvertretend der Kirchenvorstand entscheidet.

Stellten sich vor sechs Jahren drei Kandidaten vor, sind es diesmal zwei Aspiranten, die es in die Vorauswahl geschafft haben. Die EKD habe in einem gründlichen Bewerbungsverfahren bereits Vorstellungsgespräche geführt und „unsere Situation und unsere Anforderungen im Pfarramt gut im Blick gehabt", so Stijohann. Der Zeitplan für die Vorstellungsrunde im März steht bereits, wobei die Identität der Bewerber noch zurückgehalten wird. „Auch ich hätte es damals nicht gewollt, dass meine alte Gemeinde das Gefühl gehabt hätte, ich wollte weg oder sie wäre nicht mehr gut genug", erklärt die Pfarrerin. Diesen Respekt zolle man den Bewerbern so lange wie möglich, das heißt bis zur öffentlichen Vorstellung auf Mallorca.

Die zwei Runden sind für die ersten beiden ­Wochenenden im März geplant, das Programm ist jeweils gleich: Am Freitag ist ein Besuch beim ­Inselradio angedacht, danach stehen eine Vorstellungs- und Fragerunde in der Seniorenresidenz Es Castellot sowie eine kurze Andacht auf dem Programm. Am Samstag geht es dann zu den Gläubigen auf die Nachbarinsel Ibiza, bevor am Sonntag ­Gottesdienste in Cala Ratjada und Peguera anstehen. Auch hier schließen sich jeweils Vorstellungs- und Fragerunden an. Der Nachfolger von Heike ­Stijohann wird dann auf einer Gemeindeversammlung am 28. März gewählt. Ihre Stimme abgeben dürfen alle Gemeindemitglieder ab 14 Jahren, die seit mindestens drei Monaten dabei sind. Sogenannte Freunde der Gemeinde, die zwar Rederecht genießen, haben bei der Wahl kein Stimmrecht.

Bewerber Nummer eins ist Pfarrer R. „In meiner Dienstzeit als Pfarrer habe ich immer eine Kultur des Wechsels gepflegt, um meine persönliche Spiritualität zu vertiefen sowie meine eigene Theologie zu reflektieren, stetig zu reformieren, um beides für den Verkündigungsauftrag fruchtbar zu machen", schreibt er in seiner Bewerbung. „Dabei habe ich in dieser Zeit mein Augenmerk auf die ­Feier der vielfältigen Gottesdienstformen und auf die Seelsorge gelegt."

Bei Bewerbung Nummer zwei handelt es sich um zwei Personen, ein Pfarr-Ehepaar, das sich den Job teilt. „Wir sind zwei Personen und bieten Ihnen damit eine Vielfalt an Fähigkeiten", heißt es im Bewerbungsschreiben von Pfarr-Ehepaar B. „Schon 14 Jahre haben wir uns eine Stelle geteilt und positive Erfahrungen damit gesammelt. Unsere Gemeindemitglieder schätzen uns als zwei Persönlichkeiten, als Mann und als Frau, mit je ihrem eigenen Profil." Der geteilte Dienst ermögliche einen „erfrischenden Wechsel von Familie und Beruf" sowie die „Möglichkeit der gegenseitigen Beratung und Unterstützung". Ökumenische Erfahrungen habe man nicht zuletzt durch Dienste der eigenen Kinder im Entwicklungshilfe-Programm „weltwärts" und den damit verbundenen Reisen gesammelt.

Die offizielle Verabschiedung von Pfarrerin ­Stijohann ist schon für das Gemeindefest am 13. Juni geplant. Die neue Amtszeit beginnt dann am 1. September, wobei Heike und Paul Stijohann voraussichtlich bereits Mitte August nach Deutschland zurückkehren werden. So bleibt Zeit für nötige Renovierungsarbeiten im Pfarrhaus in Arenal, bevor dann Pfarrer R. oder Pfarr-Ehepaar B. einziehen.