Durch die Küche des Restaurants Puig de Santa Magdalena auf Mallorca zieht ein angenehmer Curry-Duft. Es herrscht ein fleißiges Treiben zwischen Pfannen und Töpfen. Auszubildende aus der Gastronomie von Mallorca sowie aus Deutschland und Holland schwingen gemeinsam den Kochlöffel. Es wirkt, als kochten sie oft zusammen. Doch es ist das erste Mal.

Mit dem EVI genannten Pilotprojekt - eine Abkürzung für European Vocational Inclu­sion - sollen mehr Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung geschaffen werden, indem deren Mobilität auf dem Arbeitsmarkt gefördert wird - und zwar europaweit. Zwei Oldenburger Werkstätten, eine ­holländische Einrichtung und die mallorquinischen Organisation Mater Misericordiae haben die mit EU-Mitteln geförderte Initiative vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Sie läuft noch weitere zwei Jahre.

„Dann werden wir in Brüssel unsere Vorschläge einreichen", so die Geschäftsführerin der Baumhaus-Werkstätten Bettina Unruh. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern und den ­Kollegen aus Holland und Mallorca entwickelt sie ein Konzept für ein EU-weit anerkanntes Bildungssystem und entsprechenden Abschluss für ihre Schützlinge. Während „normale" ­Menschen innerhalb der EU mit Berufsabschlüssen in der Gastronomie relativ problemlos arbeiten können, gilt das für ­Menschen mit Einschränkungen bis jetzt nicht.

Im Mittelpunkt der 45 Menschen starken Gruppe stehen die jungen Auszubildenden zwischen 18 und 25 Jahren: 14 kommen aus Deutschland, drei aus Holland und sieben von Mallorca. Der Gastgeber bei dem einwöchigen Austausch - bei dem sowohl Kochtechniken als auch die europäische Idee vermittelt werden soll - ist Mater Misericordiae. Der mallorquinische Träger hat eine lange Tradition in der Betreuung von Menschen mit geistiger Einschränkung und setzt sich mit Nachdruck für deren Inklusion im Berufsleben ein. Dafür betreibt Mater über die Insel verteilt Werk­stätten und Wohnheime und neben Dienstleistungen wie einer Gärtnerei, einem ­Catering­service oder einem Geschäft für ökologische Produkte auch das Restaurant Puig de Santa Magdalena sowie die Landhotels Es Convent d'Ariany und S'Hort des Convent.

In den beiden sehr hochwertigen Unterkünften sind dann auch die deutschen und holländischen Gäste untergebracht. Und scheinen sich sehr wohl zu fühlen. Für die meisten ist es die erste Reise und auch der erste Flug. „Endlich Malle", grinst Nenko, einer der Auszubildenden. Der 21-Jährige ist auf süddeutsche Gerichte spezialisiert und denkt schon an das Mitbringsel Olivenöl. Auch ein schwedischer Apfelkuchen gelingt ihm gut - seine Mutter kommt aus Schweden, die Familie hat dort ein Ferienhaus. Warum er Koch werden möchte? „Ich mag das Herumlaufen, still sitzen ist nicht gut fürs Herz", erklärt er - und dass er „Prisemann" mit Nachnamen heißt: „Da steckt ja schon die Prise Salz darin."

Währenddessen sind seine Kollegen und Kolleginnen damit beschäftigt, selbst gemachte Blätterteig-Pasta mit einer Fischcreme zu füllen und sich um die Dessertauswahl aus Schokoladenmousse, frischem Joghurt oder Vanillepudding zu kümmern. Andere rühren das Hühnchen- und Truthahn-Curry um oder würzen den Kichererbsen-Salat und weitere. Schließlich wollen heute viele Menschen satt werden. Das Menü ist ein Vorschlag von Xisco, einem jungen Mann, der mit Unterstützung von Mater Misericordiae eine duale Ausbildung absolviert und mit großem Erfolg das Restaurant auf dem Puig de Santa Magdalena bei Inca führt. An den Wochenenden kann man dort sein Degustationsmenü probieren, und unterhalb der Woche bietet das Mater-Kochteam in der Bar ein Pa-amb-oli-Buffet an - traumhafte Aussichten inklusive.

Der deutsche Koch zeigt sich begeistert und möchte mit seinen Leuten demnächst auch mal etwas Mallorquinisches in seinem Café in Oldenburg kredenzen. Etwas Nachahmenswertes gibt es dort bereits: die Speisekarte mit Symbolen für Gäste und Personal, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben. Denn bei EVI geht es auch um die Zusammenarbeit von Werkstätten aus verschiedenen Ländern. So wird man sich weiter besuchen: Im September versammelt sich die Gruppe in Holland und im übernächsten April in Deutschland.

Und wie verständigen sich die jungen Köche und Köchinnen? Zwei Dolmetscherinnen sind engagiert, aber es läuft auch so ziemlich gut ohne Worte, mit Gestik und Körpersprache. Kochen verbindet eben.