Tanzen befreit und macht gute Laune. Unter dieser Prämisse suchen deutsche Residentinnen seit rund zwei Monaten auf der von der Pandemie schwer gebeutelten Insel Lebensfreude zu verbreiten. „Mallorca tanzt“ ruft die Menschen dazu auf, an verschiedenen Orten der Insel in Gruppen Choreografien einzustudieren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen damit nicht nur sich selbst etwas Gutes tun, sondern nun auch Spenden für jene sammeln, die durch die Wirtschaftskrise am Existenzminimum oder darunter leben.

Anfangs sei alles ganz spontan gewesen, berichtet Andrea Melcher aus Magdeburg, die seit vielen Jahren auf Mallorca lebt und auf diesen Seiten auch schon im Rahmen der Serie „Auswanderer in Corona-Zeiten“ vorgestellt wurde. Es begann Anfang September, als die Urlauber die Insel wegen der Reisewarnung gerade erst scharenweise verlassen hatten und ihren Wohnort Peguera ausgestorben zurückließen. Mit zwei Freundinnen kam Melcher auf das Thema Tanzen zu sprechen. Wie die meisten hatten auch sie von dem Song „Jerusalema“ des südafrikanischen DJs Master KG gehört. Einem Hit, der im Frühjahr quasi mit Corona viral geworden war, und zu dem auf der ganzen Welt Menschen tanzen, um ein Zeichen der Solidarität und Lebensfreude zu setzen. Warum nicht auch auf Mallorca, dachten sich die Freundinnen.

Mit einer kleinen Musikbox begannen die Deutschen, die leichte Choreografie am Strand nachzuahmen. „Wir hatten schlichtweg keinen Bock mehr, traurig zu sein. Spaß zu haben scheint momentan nicht so einfach zu sein, aber es funktioniert.“ Je häufiger die Frauen in den darauffolgenden Wochen öffentlich tanzten, desto mehr Menschen machten vor allem dank der Verbreitung in den sozialen Medien mit. Der Facebook-Seite „Mallorca tanzt“ folgen mittlerweile mehrere Hundert Menschen. An einem Tanz-Flashmob am Kloster Sant ­Salvador bei Felanitx nahmen Ende Oktober gut 60 Leute teil.

„Vor allem unter deutschen Inselresidentinnen scheinen wir einen Nerv getroffen zu haben. Viele haben sich nach so etwas gesehnt“, sagt Melcher. Sie würde sich wünschen, dass noch mehr Männer und auch Spanier mitmachen. „Man muss kein toller Tänzer sein, die Choreografien sind nicht kompliziert und wir sind ja nicht bei ,Let’s Dance‘.“

Dass die öffentlichen Performances nicht ausschließlich auf Begeisterung stoßen, stört Melcher nicht. „Unter den Passanten gibt es immer ein paar Menschen, die schimpfen oder die Polizei rufen, aber 90 Prozent der Leute finden es super. Wir tanzen unter freiem Himmel, berühren uns nicht und halten so gut es geht den Sicherheitsabstand ein“, beteuert die Gründerin der Initiative. Wer sich mit Maske sicherer fühlt, könne sie selbstverständlich auch beim Tanzen tragen - auch, wenn das beim Sporttreiben nicht zwingend vorgeschrieben ist.

Spenden für Hope Mallorca

„Mallorca tanzt“ tanzt nun auch für den guten Zweck - bei jedem Treffen steht nun auch eine Spendenbox von Hope Mallorca, in die alle Tänzer nach eigenem Ermessen einzahlen können. Der von Jasmin Nordiek und Heimke Mansfeld gegründete Verein unterstützt seit dem Frühjahr mit rund 30 ehrenamtlichen Helfern Menschen auf Mallorca, die durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders leiden. „Wir haben dieselben Werte wie ,Mallorca tanzt‘: Hilfe, Hoffnung, Solidarität und Nächstenliebe. Sie wollen die Sonne Mallorcas raus in die Welt tanzen und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass es der Insel nicht so gut geht, das passt zu uns“, lobt Jasmin Nordiek „Mallorca tanzt“.

Hope Mallorca betreibt eine Essensverteilstation in Santanyí und will demnächst weitere in anderen Orten der Insel eröffnen. Auch eine Suppenküche ist geplant. „Die Not spitzt sich in vielen Haushalten auf der Insel immer mehr zu. Die Bedürftigkeit steigt stetig, auch, weil Hilfsgelder des Staates in vielen Fällen zwar bewilligt, aber noch nicht ausgezahlt worden sind“, so Jasmin Nordiek. Bei immer mehr Menschen fehle es tatsächlich an so grundlegenden Dingen wie Nahrungsmitteln oder Heizmaterial.

Um tanzend gegen die düsteren Aussichten für den Winter anzukämpfen, wollen ­Andrea Melcher und ihre Mitstreiterinnen von „Mallorca tanzt“ nun auf der ganzen Insel lokale Gruppen aufbauen. In Santanyí, Peguera, Port Adriano, Can Picafort und Ses Covetes ist das bereits geglückt. „Für andere Orte brauchen wir nicht nur Menschen, die Lust haben, teilzunehmen, sondern vor allem auch je eine Person, die die Gruppe anleiten will“, so ­Melcher. Seit einigen Wochen tanzt die Initiative zu dem Lied „Esperanza para ti“ (Hoffnung für dich), das Dennis Mansfeld, Sohn von ­Mitgründerin Heimke Mansfeld, für Hope Mallorca komponiert hat. „Auch hier ist die Choreografie nicht schwer und für alle Altersklassen zu bewältigen“, betont Melcher.

Für die erste Adventswoche hat sie gemeinsam mit Hope Mallorca ein besonderes Event mit allen Tänzern auf der Insel geplant. Die genauen Details werden noch nicht verraten. „Es wird etwas ganz Großes. Hoffentlich bilden sich bis dahin noch ganz viele neue Tanzgruppen“, sagt Andrea Melcher.

Spendenkonto Hope Mallorca: ES93 3058 4516 4127 2000 7828, weitere Infos: www.hope-mallorca.org„Mallorca tanzt“ bei Facebook: www.hope-mallorca.org

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