Wer den neuen Supermarkt Terranostra in Palma de Mallorca betreten will, bekommt erst einmal einen Korb: „Sie dürfen reinkommen, aber nichts kaufen", sagt José Miguel Tortosa. „Und wir informieren Sie dann, damit Sie Mitglied werden", fügt Caro Repiso hinzu und lacht. Die beiden sind, zusammen mit Lluís Ysasi, momentan die drei treibenden Kräfte der Kooperative Laboratori d'Abastiment, die hinter dem außergewöhnlichen Geschäft mit den (zunächst) verbotenen Früchten steckt.

Alles begann vor zwei Jahren, als eine Gruppe Mallorquiner einen Dokumentarfilm über die seit den 1970er-Jahren existierende Lebensmittelkooperative „Park Slope Food Coop" in New York sah. Sie verliebten sich in das Projekt und wollten eine solche Initiative auch für die Insel. Dabei geht es um mehr als ökologische Produkte: Es geht um ein Lebensmodell, eine andere Art des bewussten, nachhaltigen und ethischen Konsums. „Viele Supermärkte bieten Bio-Produkte an, und das ist auch erst einmal gut", sagt Repiso. „Aber wenn ich eine Karotte erst aus China hertransportieren muss, um sie dann zu einem erschwinglichen Preis zu verkaufen - was ist daran ökologisch?"

Lokale Bio-Produkte von Mallorca

MallorcaTerranostra hingegen will lokale Bio-Produkte von Mallorca anbieten - beim Käse wird ein Auge zugedrückt, der stammt von Menorca - und kleine Produzenten fördern. Rund 20 Erzeuger von Obst und Gemüse hat die Kooperative bislang rekrutiert, dazu fünf Produzenten von Milchprodukten. Auch Reis aus Sa Pobla, Trockenfrüchte aus Consell oder Naturseife aus Sóller füllen die Regale. Da der Supermarkt alle wichtigen Dinge des täglichen Bedarfs umfassen soll, gibt es neben Nahrungsmitteln auch Hygiene- und Reinigungsprodukte. Zwar handelt es sich nicht um einen Unverpackt-Laden, von denen es in Deutschland so viele gibt, doch die Produkte sollen mit so wenig (teils Mehrweg-)Verpackung wie möglich auskommen.

Damit der Preis sowohl für die Landwirte als auch für die Konsumenten angemessen ist, packen alle Mitglieder auch mit an: Jeder muss einmalig 100 Euro für die Aufnahme bezahlen und dann drei Stunden pro Monat mitarbeiten, zum Beispiel im Lager, an der Kasse oder beim Putzteam. Dabei wird auf individuelle Bedürfnisse Rücksicht genommen: Wer Rückenschmerzen hat, muss natürlich keine schweren Kisten schleppen. Als Gegenleistung bekommen die Mitglieder alle Produkte zum Vorzugspreis. Nach einer ersten Testphase soll das Sortiment auch für Nicht-Mitglieder offen sein, diese zahlen dann allerdings 25 Prozent mehr.

Mit Gleichgesinnten vernetzen

Eine Beteiligung an der Kooperative soll sich aber nicht nur für den Geldbeutel lohnen: Lluís ­Ysasi erklärt: „Der Unterschied ist: Wenn du einen normalen Supermarkt betrittst, dann kaufst du die Produkte bei einem Unternehmen. Und hier sind wir alle Eigentümer dieses Unternehmens." Jedes Mitglied habe ein Mitspracherecht, welche Produkte in die Regale kommen, und kann die Zukunft des Projekts aktiv mitgestalten. Klar ist: Der Raum soll sich in späteren Zeiten nicht nur auf eine Verkaufsfläche beschränken, sondern auch Gleichgesinnte vernetzen: Workshops, Vorträge und andere Aktivitäten könnten im hinteren Bereich der Laden­fläche stattfinden. „Wir wollen den Mitgliedern auch ermöglichen, Fincas zu besuchen, um zu sehen, woher die Produkte kommen", sagt Ysasi.

Doch erst einmal geht es darum, das Projekt in Gang zu bringen: Der für Dezember geplante Start hat sich wegen Verzögerungen bei den Arbeiten im Gebäude verschoben. Beim MZ-Besuch eine Woche vor Eröffnung an diesem Donnerstag (11.2.) sind viele freiwillige Helfer am Putzen, bevor erstmals die Regale befüllt werden. Die Vorfreude ist bei ­allen Beteiligten deutlich spürbar.

Ysasi rechnet damit, dass mit dem Start des Supermarkts noch einmal eine Welle von Mitgliedern zu den bisherigen 285 (Stand: 11.2.) stößt: „Es gibt viele Interessierte, die erst einsteigen möchten, wenn alles fertig ist. Sie wollen sehen, welche Produkte wir anbieten und ob das Projekt wirklich so ist, wie sie sich das vorgestellt haben." Wer es ihnen gleichtun möchte: Gucken und sich informieren ist auf jeden Fall erlaubt.

Carrer d'Alfons el Magnànim, 24, Palma; Infos unter: terranostra.coop