Johannes Kunkel (Köln, 1985) ist Produzent und, gemeinsam mit Veronica Priefer und Yves Hensel, Autor der TV-Serie „Der König von Palma", die ab dem 13. April auf Mallorca gedreht und ab Mitte 2022 bei TVNOW gesendet werden soll.

Wie viele der über 3.000 benötigten „Mallorca-Urlauber", also deutsch aussehende Statisten, haben Sie schon zusammen?

So genau kann ich das derzeit gar nicht sagen. Sicher ist: Wir brauchen weiterhin historische Komparsen. 1990 hatten noch nicht alle Tattoos. Und alle hatten auch ein wenig längere Haare.

Sie sortieren die Tätowierten also aus?

Da würde ich dann selbst raus fallen, aber damals war es eben kaum verbreitet... Das sähe dann aus, als sei die Playa voller Krimineller (lacht). Eins kann ich noch verraten: Wer noch ein WM-Trikot von 1990 im Schrank hat, ist ganz weit vorne. Das mit über 3.000 Statisten ist übrigens die Gesamtanzahl, aber natürlich werden die nicht alle auf einmal im Bild sein. Wir drehen sechs Folgen à 45 Minuten, das verteilt sich dann. Bei den Party-Szenen werden ein paar mehr da sein.

Dreharbeiten in der Pandemie: Wie sehen die Sicherheitsvorkehrungen aus?

Es gibt ein umfängliches-Sicherheitskonzept, das ich hier gar nicht im Einzelnen aufzählen kann: Da werden alle getestet, bevor sie ans Set kommen, da wird es getrennte Gruppen geben, die sich gar nicht begegnen werden, da wird es mehrere eigens dafür eingestellte Mitarbeiter geben, die sich um die Corona-Thematik kümmern. Im Endeffekt wird man an kaum einem anderen Ort so sicher sein wie bei uns am Set. Diese TV-Serie ist ein gewagtes Projekt, bei dem wir das volle Betriebsrisiko tragen. Aber ganz klar ist: Gesundheit geht zu jeder Zeit vor, dafür gibt es jetzt an jedem Filmset eine neue extra Corona-Unit.

So lassen sich keine Massenszene stellen.

Das ist in der Tat eine Herausforderung. Aber dafür gibt es Aufnahmeverfahren, und viele Tricks. Jede Party im Film sieht größer aus, als sie ist. Es gab sogar schon Projekte mit unsichtbaren Plexiglasscheiben, die Statistengruppen voneinander trennen. Es soll ja nur so aussehen, als ob gefeiert wird, in Wahrheit wird gearbeitet. Wir drehen auch meist tagsüber und nicht am Abend. Und leider wird auch das Bier nur alkoholfrei sein.

Über was für ein Budget verfügen Sie?

Das erzähle ich gerne mal, wenn es endlich nicht mehr illegal ist, sich bei drei Bier über solche Sachen zu unterhalten (lacht). Was mich sehr stolz macht, wir bringen in dieser schweren Zeit sehr viel Arbeit auf die Insel. Das geht weit über unser Filmteam hinaus. Unser Servicepartner Sunnysideup leistet mit dem Team von Rolf Wappenschmitt und Christina Held großartige Arbeit und macht dieses Projekt erst möglich. Sie kennen die Filmbranche hier sehr gut und haben sehr viele Leute auf der Payroll. Vom Fahrer bis zum Motivgeber bündelt sich dort das Geschehen.

War Verschieben keine Option?

Wir hatten bereits einmal verschoben. Der ursprüngliche Termin war im vergangenen Herbst. Für uns stand immer fest, entweder im Frühling oder im Herbst. Nicht in der Hitze und nicht in der Hochsaison, weil wir da die Locations nicht mieten können und die Leute vor Ort ja auch alle Hände voll zu tun haben. Und nicht im Winter, weil da das Wetter zu instabil ist und die Geschichte im Sommer spielt.

Statt an der Playa de Palma wird in Can Picafort gedreht. Das müssen Sie uns erklären.

Wir drehen nicht statt an der Playa in Can Picafort sondern auch dort. Wir drehen viel, viel an der Playa de Palma, auf Höhe des Balnea­rio 0, an dem breiteren Strand am Hafen und in dem Viertel dahinter, in Arenal. Für den Biergarten, den der „König von Palma" aufbaut, aber haben wir in Can Picafort eine schöne Location gefunden. Wir werden mit Visual Effects einen großen Aufwand betreiben, um diesen Biergarten dann mit Arenal zu verbinden.

Gibt es noch weitere Drehorte?

Ja, wir lieben die Insel und wir wollen auch etwas von ihr zeigen. Unsere Geschichte spielt am Ballermann, aber eben nicht nur. Das ist mir wichtig: Unser Film wird kein Ballermann-Quatsch. Es wird ein wirklich hochwertig produziertes Familiendrama, das komplett im Jahr 1990 spielt. Eine Auswandergeschichte.

Sie sind seit Februar auf der Insel. Was haben Sie im Vorfeld gemacht?

Wir besuchen die Drehorte, begleiten die Castings, lernen das spanische Team kennen. Ich glaube, es sind viele Leute heilfroh, dass sie jetzt einen Job haben.

Wie viele Leute sind insgesamt auf der Insel an dem Dreh beteiligt?

Puh, das habe ich noch nicht gezählt, aber das Kernteam sind schon über 100.

Wie kamen sie eigentlich auf dieses Projekt?

Zusammen mit einem Freund und Mit-Produzenten, Marvin Rößler, war ich schon oft im Urlaub hier. Wir haben uns immer gefragt: Warum wurde noch nie etwas wirklich Gutes über diesen Mikrokosmos an der Playa de Palma gedreht? Was bringt Menschen dazu, auszuwandern? Das ernst zu nehmen, und die Playa de Palma nicht mit gerümpfter Nase oder erhobenen Zeigefinger betrachten, darum geht es uns. Die Serie nahm dann richtig Fahrt auf, als Veronica Priefer dazu kam und wir dann auch Henning Baum gewinnen konnten.

Wie viel Manfred Meisel -der 1997 ermordete, ursprüngliche Betreiber des Bierkönigs - steckt im „König von Palma"?

Natürlich kennen wir die Geschichte, wir recherchieren ja schon seit Jahren für diese Serie. Unser Plot aber ist fiktional und basiert auf den verschiedensten Geschichten. Uns liegt nichts daran, dieses persönliche Drama auszuschlachten. Wir haben aber höchsten Respekt davor, was Meisel faktisch mit dem Bierkönig erreicht hat. Für mich ein unternehmerisches Vorbild. Wir haben mit vielen Menschen gesprochen, die damals in der Szene an der Playa eine Rolle gespielt haben. Spannende Persönlichkeiten wie Beatrice Ciccardini und Radja Delamonte sind unsere Drehbuch-Berater. Erzählerisch wollen wir zudem Urlaubserinnerungen wecken, dass sich die Leute erinnern: Ja, so war's. Es war eine ganz andere Zeit, vor Internet, vor Smartphones, dafür mit Nackt-Polonaise und guter Stimmung - einfach cool! Unser Film erzählt auch eine tolle Freiheitsgeschichte. Die deutsche Wiedervereinigung wurde auch hier auf Mallorca gefeiert.

Henning Baum ist der „König von Palma". Was können Sie uns über den Hofstaat verraten?

Da muss ich mich noch bedeckt halten. Und es sind auch etliche spanische Schauspieler dabei. Und Mallorquiner: Ein nicht unerheblicher Teil der Dialoge ist auf Mallorquinisch, mit Untertiteln. Ich lerne das auch gerade, aus privatem Interesse an den hiesigen Menschen. Molt bé, gràcies.

Auszüge aus einem Interview, das die Mallorca Zeitung am 25. Februar in ihrer Print-Ausgabe sowie im E-Paper veröffentlichte. Die Angaben zu der Zahl der Komparsen sowie zur Besetzung wurden aktualisiert.

Details zum Drehstart und zu der anhaltenden Suche nach deutschen Komparsen finden Sie hier