Vor der Ausgabestelle von Hope Mallorca in Pollença hat sich am Mittwoch (24.3.) eine lange Schlange gebildet. Hier stehen junge Leute, Familien mit kleinen Kindern und auch ältere Menschen an, um sich Hilfsgüter zu holen. Der erste Gedanke: Die sehen ja so aus wie du und ich. Und erst da wird uns klar: Es kann jeden treffen. Jeder von uns kann unverschuldet in eine Notsituation geraten.

Alles fing mit der Themensuche für eine Reportage im Deutschunterricht an. Wir, die Klasse 8 vom Eurocampus, hatten uns mit dem Chefredakteur der Mallorca Zeitung in einer Videokonferenz über ein aktuelles Thema auf Mallorca beraten. Dabei wurde uns klar, dass wir es direkt vor unserer Haustür haben: Viele Menschen sind durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten und brauchen dringend Hilfe. Wir beschlossen, darüber nicht nur einen Artikel zu schreiben, sondern über eine Spendensammlung für die Hilfsorganisation Hope Mallorca auch gleich selbst mitanzupacken.

Wir schrieben einen Brief an die Eltern am Eurocampus und baten um Lebensmittel, Hygieneprodukte und Schulutensilien. Der Aufruf war ein großer Erfolg: Insgesamt kamen über hundert Tüten zusammen, vollbepackt mit Produkten, die von Eltern, Schülern und Lehrern der Grund- und Oberschule sowie des Kindergartens gekauft worden waren.

Am 24.3. luden wir all diese Spenden in einen Hope-Transporter. Gemeinsam mit Heimke Mansfeld, einer der beiden Hope-Gründerinnen, fuhren wir dann, gefolgt von drei Elternautos und uns vier Reportern, zur Lebensmittelausgabe in Pollença. Dort warteten schon an die 500 Hilfsbedürftige.

Dabei war die Station noch nicht einmal geöffnet. Anfangs waren wir geschockt, da wir nicht mit so vielen Menschen gerechnet hatten. Hinzu kam, dass wir das Gefühl hatten, dass es viel zu wenig Produkte für sie gab. Wir trugen die Tüten in die Ausgabestelle, wo Hope-Mitarbeiter sie sortierten. Währenddessen interviewten wir Heimke Mansfeld.

Anschließend fuhren wir noch zu einer weiteren Ausgabestelle in Alcúdia und lernten auch dort die Mitarbeiter kennen. Einer von ihnen erklärte uns, wie die Hilfsgüter verteilt werden. „Wir stellen Kisten zusammen, in denen unterschiedliche Produkte enthalten sind. Wenn jemand letztes Mal Windeln bekommen hat, bekommt er sie heute nicht noch einmal, sondern etwa Shampoo. Die Menschen dürfen sich die Produkte also nicht aussuchen, wir teilen sie ihnen zu."

Auf der Insel gibt es sieben Hope-Stationen, in Santanyí, Portocolom, Can Picafort, s'Illot, Alcúdia, Pollença und Llucmajor. Die oft deutschen ehrenamtlichen Helfer verteilen im Monat 34 Tonnen Lebensmittel an über 4.000 Menschen, wie uns zuvor Mitgründerin Jasmin Nordiek erklärt hatte.

Am Ende des Tages waren wir erschöpft, aber auch beeindruckt, was entstehen kann, wenn viele Hände da sind, die anpacken und helfen möchten. Das Projekt hat uns sehr gut gefallen und wir haben gelernt, dass es gar nicht so schwer ist zu helfen.

„Ich bin nicht der Staat, ich helfe einfach" - Interview mit Hope-Gründerin Heimke Mansfeld

Heimke Mansfeld hat gemeinsam mit Jasmin Nordiek die Hilfsorganisation Hope Mallorca gegründet.

Sie werden immer gefragt, wie es den Menschen hier geht und wie sie durch die Krise kommen. Unsere Einstiegsfragen sind andere: Wie geht es Ihnen?

Wenn ich hier stehe und die Menschen sehe, die auf Lebensmittel warten, dann geht es mir nicht ganz so gut. Doch dann sehe ich euch und eure Spenden, und es geht mir besser - weil ich weiß, dass wir alle zusammen diese Krise bewältigen werden.

Was war Ihr emotionaler Anstoß, Hope zu gründen?

Ich habe mir immer gesagt: Ich möchte niemals in einem Land leben, wo Menschen Hunger leiden. Und durch die Corona-Krise ist Mallorca an diesem Punkt angelangt.

Warum nicht den Staat nach Hilfe fragen?

Im Moment gibt es so viele Hilfsbedürftige, dass wir uns nicht darüber Gedanken

machen, was andere tun, sondern einfach anpacken. Das können wir alle. Ihr habt das jetzt selbst gesehen.

Wie fühlt es sich an, so vielen Menschen zu helfen, das geschafft zu haben?

Geschafft haben wir es erst, wenn diese Krise vorbei ist. Es ist aber trotzdem toll, etwas geben zu dürfen, und noch ein besseres Gefühl ist es, andere Leute zu motivieren, die dann auch etwas geben. Das macht einen schon zufrieden.

Sie betreiben einen Friseursalon. Wie bringen Sie Ihre Arbeit für Hope, Ihren Beruf, Ihr Privatleben unter einen Hut?

Ich bin geschieden, die Kinder sind im Heim! (lacht) Nein, das ist eine Organisa­tionsfrage, es geht alles, alles. Wenn der Stein einmal ins Rollen kommt, wird er nach und nach immer schneller. Wir haben viele helfende Hände. Mittlerweile sind wir über 180 Ehrenamtliche.

Gab es schon Situationen, in denen Sie dachten: „Boah, ich habe jetzt echt keine Lust mehr und?€"

Das gibt's bei mir nicht! (lacht)

Welche Kriterien müssen Hilfsbedürftige erfüllen, um hier angenommen zu werden, und wie ist es, sie abzuweisen, wenn sie nicht alle Kriterien erfüllen, obwohl sie doch Hilfe benötigen?

Wenn jemand Hilfe braucht, wird er bei uns ganz sicher nicht abgewiesen. Es gibt auf Mallorca auch Menschen, die sich hier im Prinzip illegal aufhalten, die keine Papiere haben. Es ist aber nicht meine Aufgabe, das zu kontrollieren. Ich bin nicht der Staat, ich helfe einfach.

Wie viele Stunden arbeiten Sie hier pro Woche? Auch am Wochenende?

Wenn der Tag 48 Stunden hätte, würde ich sagen, dass ich 48 Stunden arbeite, aber der Tag hat halt leider nur 24 Stunden. Jede Minute und jede Sekunde füllt sozusagen meinen Tag aus.

Was denken Sie über den Fortbestand Ihrer Organisation nach Corona?

Wenn man einmal angefangen hat zu helfen, hört man im Endeffekt nicht mehr auf. Und Hilfsbedürftige wird es auf Mallorca immer geben.

Hier Können auch Sie Menschen in Not unterstützen

Neben Hope Mallorca (hope-mallorca.org) gibt es noch etliche weitere Organisationen, die durch die Pandemie in Not geratenen Menschen helfen. Eine Liste mit Kontaktdaten und Spendenkonten finden Sie hier