Als Verfechter für Europa hat man auch auf Mallorca bisweilen einen schweren Stand, zuletzt in der Debatte um die Politik zur Beschaffung der nötigen Corona-Impfstoffe. Justí Soriano ist aber nicht um Argumente verlegen. Es sei unfair, der EU für den schleppenden Einkauf die Schuld in die Schuhe zu schieben. „Die Menschen glauben, dass das ein Problem der EU war, aber dahinter stecken zwei ganz andere Ursachen: Erstens haben die produzierenden Unternehmen die Abkommen nicht eingehalten. Das hätten sie mit einem Land auch gemacht", argumentiert der 28-Jährige. „Zweitens haben wir etwa im Vergleich zu den USA keinen so einflussreichen Pharma-Sektor und damit nicht dieselbe Unabhängigkeit zur Impfstoff-Herstellung." Die Mitgliedsstaaten müssten sich schon selbst fragen, warum sie nicht mehr in Forschung und Pharmazie investiert hätten.

Soriano ist seit Oktober Sprecher der Balearen-Delegation von Equipo Europa, einem unparteiischen europäischen Jugendverein. Er will die EU, die am Sonntag (9.5.) den Europatag begeht, sowie ihre Funktionsweise vor allem bei jungen Leuten bekannter machen. „Ich war davor in der Politik, doch habe ich gemerkt, dass Parteien sehr weit weg von den Bürgern sind. Die Idee, mich in einer solchen Organisation, die eben genau keine Partei ist, zu engagieren, hat mich daher gereizt", erklärt Soriano. Mittlerweile zählt die Balearen-Delegation 13 Mitglieder. Auf spanienweiter Ebene gibt es den Verein, der sich an junge Erwachsene zwischen 14 und 30 Jahren richtet, bereits seit 2019.

Soriano, der auf Mallorca geboren ist, wurde sein Vorzeige-Europäer-Dasein gewissermaßen in die Wiege gelegt: Sein Vater stammt aus Porto Cristo, seine französische Mutter aus Algerien. Deren Vater, Sorianos Großvater, war Gendarm, also musste die Familie ständig umziehen und lebte unter anderem in Marokko, in Syrien, auf Korsika, in der Schweiz und in Frankreich. Zu Hause lernte der heute 28-Jährige erst Französisch, dann mit drei Jahren mallorquín. „Bis ich 16 Jahre alt war, war mein Spanisch relativ schlecht. In Madrid, wo ich für mein Studium der Internationalen Beziehungen hinzog, konnte ich es dann perfektionieren", erinnert er sich.

Heute, wenn Soriano kocht, mischt er oft arabische und mallorquinische Einflüsse. „Meine Eltern und Großeltern haben in meinem Leben einen großen Einfluss hinterlassen", erzählt Soriano mit ganz leichtem französischen Akzent. Er hat denn auch die spanische als auch die französische Staatsbürgerschaft, bereiste Europa per Interrail-Ticket und studiert ab August in Island ein Jahr lang Englisch. Justí Soriano lebt Europa, täglich. „Mir gefällt die Idee, dass viele Länder, obwohl sie so verschieden sind, in Frieden miteinander leben und gemeinsame Werte haben."

Diese Leidenschaft soll nun auch auf andere junge Leute übergreifen. Equipo Europa will erreichen, dass sie sich engagieren und auch an den Wahlen teilnehmen. Ein Teil der Arbeit ist Aufklärung über die sozialen Netzwerke, etwa Instagram: In fünf Jahren soll der digitale Euro kommen. Was bewegt sich in Sachen Immigration? Und was ist davon zu halten, wenn die EU-Staaten in der Pandemie wieder die Grenzen dichtmachen? „Wir sind ein gemeinsamer Markt. Wenn Ländergrenzen ohne Übereinkunft mit den anderen geschlossen werden, kommt es zum politischen und wirtschaftlichen Chaos. Das hat die Gesamtsituation verschlechtert und die einzelnen Länder schwächer gemacht", findet Justí Soriano. „Je mehr unilaterale Entscheidungen wir treffen, desto schwächer werden wir sein."

Auch Webinare, etwa zu nachhaltigem Tourismus oder ökologischer Landwirtschaft, bietet Equipo Europa an. Die Vorschläge, die sich daraus für die Gesetzgebung oder Subventionsprogramme der EU ergeben, sollen über Abgeordnete dann wiederum im Europäischen Parlament landen.

Und nicht alles spielt sich online ab. Auf lokaler Ebene hat die Gruppe jetzt an der Aktion „Un árbol por Europa" (Ein Baum für Europa) teilgenommen: Acht Rathäuser auf Mallorca und drei auf Menorca pflanzten in ihrer Gemeinde öffentlichkeitswirksam einen Baum. „Es ist ein symbolischer Akt", so Soriano. „Damit wollen wir ein Zeichen für die EU und gegen den Klimawandel setzen."

Equipo Europa

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