Sie war eine profunde Kennerin der Insel, schrieb das wohl beste Buch über das Zusammenleben zwischen Ausländern und Einheimischen auf Mallorca, betrieb ein winzig kleines archäologisches Museum in "ihrem" Deià und war mit ihrer aufgekratzten, sehr US-amerikanischen Art bei vielen Kulturinitiativen mit dabei: Nun ist Jacqueline "Jackie" Waldren, die Witwe des 2003 verstorbenen US-Archäologen William "Bill" Waldren am Montag (24.5.) in Palma gestorben.

Waldren (Los Angeles, 1937) kam als 21-jährige Studentin 1959 in das idyllische Dorf an der Tramuntana-Küste. Sie lernte dort den US-amerikanischen Künstler und Archäologen Bill Waldren kennen - und blieb für immer. Waldren war Teil jener legendären Künstlerkolonie rund um den Schriftsteller Robert Graves, die den Mythos Deià begründete. Ein Häuflein Briten, Deutscher oder US-Amerikaner erlebte dank spottbilliger Lebenshaltungskosten die große Freiheit. Von Landschaft und Architektur beeindruckt, nahmen sie Deià als ein Paradies wahr - eine Vorstellung, die nur wenig mit der von harter landwirtschaftlicher Arbeit, traditionellen Familienstrukturen und hierarchischen Beziehungen zwischen Bauern und Grundherren geprägten Realität der Einheimischen zu tun hatte.

Über diese Zeit und die sich daran anschließenden Veränderungen schrieb Waldren das wohl lesenswerteste Buch über die Beziehung zwischen den Einheimischen und Ausländern auf der Insel. In dem nur noch antiquarisch erhältlichen „Insiders and Outsiders. Paradise and Reality in Mallorca", ihre Doktorarbeit an der Universität Oxford, analysierte die Ethnologin, wie das Zusammen- und Nebeneinanderherleben mit den Ausländern den Ort veränderte und wie sich die Einheimischen - die Insider - gegenüber den Zugezogenen - den Outsidern - positionierten. Das Buch erschien 1996, eingearbeitet wurde darin die Entwicklung bis Ende der 80er-Jahre.

Nach dem Tod ihres Mannes hütete Jackie Waldren sein Erbe in einer zu einem Mini-Museum umgestalteten ehemaligen Getreidemühle. Zu den Ausstellungsstücken gehörten Knochen und Schädel der etwa vor 5.000 Jahren ausgestorbenen Höhlenziege "Myotragus balearicus". In der von ihm erforschten Cova de Muleta zwischen Deià und Sóller hatte Bill Waldren auch ein in dem Museum gezeigtes menschliches Skelett gefunden. Es ist auf 3984 vor Christus datiert - der älteste derartige Fund auf Mallorca.

2014 durfte Jackie Waldren beim sogenannten Standartenfest in Palma die Festrede halten - eine außerordentliche Ehre für eine Ausländerin. Jackie und Bill Waldren hinterlassen vier erwachsene Töchter. Bestattet wird Jackie Waldren auf dem malerischen Friedhof von Deià, neben dem Grab ihres Mannes.

"Das Paradies ist Realität geworden" - Lesen Sie hier ein langes MZ-Interview mit Jackie Waldren