Mit The Food Line ist ein wirklich ungewöhnliches kulinarisch-theatralisches Spektakel an einem außergewöhnlichen Ort auf Mallorca am Start. In Abhängigkeit vom Wetter wird es bis in den Oktober hinein stattfinden – und im Mai oder Juni kommenden Jahres weitergehen. Dabei geht um nichts weniger, als die Geschichte der Menschheit anhand der Produkte und Gerichte zu erzählen, die sie in der jeweiligen Zeit gegessen haben. Aktuell ist dieses spannende Event auf 20 Teilnehmer begrenzt.

Neben dem Essen gibt es kurze inszenierte Szenen. Die Schauspieler Toni Sastre, Pau Pascual und Mano Palacios entführen in zeitgemäßen Kostümen von María Miró genauso unterhaltend wie auch informativ in die damalige Zeit. Das Ganze wird untermalt mit Musik und Geräuschen. Diesen Teil der Produktion betreute inhaltlich ein Historiker der hiesigen Universität, Manuel Calvo. Den szenischen Part übernahm Regisseur Biel Jordà. Initiator des Ganzen ist Victor Calvo, der schon mit vielen Veranstaltungen wie Gastrotast für Furore gesorgt hat und seit 25 Jahren eine Catering- und Eventfirma besitzt. Als kulinarischer Berater fungierte Kochlegende Toni Pinya, und für die Umsetzung seines Konzepts sorgte der Chefkoch des Es Revellar, Tolo Julià, mit seinem Team.

Reise mit 17 Stationen

Das Spektakel verteilt sich auf 17 Stationen, die im enorm weitläufigen, zauberhaften, mit viel Kunst bestücktem Garten des Es Revellar Art Resorts südlich von Campos verteilt sind – das Gelände umfasst rund 30.000 Quadratmeter. Los geht es mit unserem Urvorfahren, dem Menschenaffen Australopithecus, der vor viereinhalb Millionen Jahren lebte, und seinem Essen: Walnuss, Brombeere und Kräuter. Und schon bei der ersten Station zeigt sich das interaktive Element: Jeder knackt seine Nuss mit einem am Eingang eingesammelten Stein.

Es folgen die Zeit der Neandertaler mit der Einführung des Feuers und Fleisch am Spieß, der Beginn der Landwirtschaft mit dem ersten Brot samt Hummus, das alte Ägypten mit Honigbier, Persien mit der nährstoffreichen Dattel, aus der hebräischen Zeit stammt die fava parada (Bohnen-Kartoffeleintopf), das alte Griechenland ist mit Salat, Feta-Käse, Oliven und Olivenöl präsent, und wenn man an das alte Rom denkt, dürfen Cäsar und die opulenten Feste zu Ehren des Weingotts Bacchus nicht fehlen. Als Cäsars „Gast“ bekommt man ein Glas gewürzten Wein.

Weiter geht es mit den Arabern und ihrem Sesam-Honig-Gebäck sowie Mandelmilch, gefolgt von einer dunklen Zeit der Menschheit: Die Pest im Mittelalter brachte Tod und Armut, man aß Knoblauchsuppe. Eine wichtige Figur der Renaissance war Leonardo da Vinci, serviert wird mussola (Hundshai) aus dem Ofen mit einer Tomatensauce. Nächste Station: die Entdeckung Amerikas 1492, wir befinden uns – soundmäßig – auf einem Schiff, das vom anderen Kontinent für die Gastronomie so wichtige Produkte wie Tomaten und Kartoffeln mitbrachte. Gegessen wird folgerichtig das mallorquinisches Gemüsegericht tumbet.

Rund 90 Prozent der Produkte sind von Mallorca

Kaum sind die Teller beiseitegestellt, hört und sieht man zwei Fechter in Barockkostümen, die zur nächsten Station geleiten, dem Schloss von Versailles zur Zeit von König Ludwig XIV., der zum Bankett lädt – mit einem damals beliebten Gericht, dem bœuf bourguignon (geschmorte Rindfleischstücke in Rotwein mit Gemüse), dazu ein Glas Rosé-Sekt. Nach dieser Hauptspeise im 17. Jahrhundert ein Sprung zur industriellen Revolution in England im 18. Jahrhundert und dem Dessert – einem englischen Pudding. Hurtig in die Neuzeit: Coca-Cola und Donut, dazu Rock-’n’-Roll-Musik. Das Ende naht mit einer Piña colada samt Schaum, signifikant für die Zeit der Nouvelle Cuisine und die Molekular-Techniken von Ferran Adrià. Den Abschluss bildet ein luxuriöses „Etwas“ der Zukunft, das wir an dieser Stelle aber nicht verraten...

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Vor rund zwei Jahren las Calvo ein Buch über die Geschichte der Menschheit: „Da dachte ich mir, dies könnte man ja auch durch Essen vermitteln.“ Das Projekt konkretisierte sich, man suchte einen geeigneten Ort, der Regisseur kam ins Boot, Calvos Bruder als Historiker ergänzte das Team. „Etwa 90 Prozent aller Produkte sind von Mallorca – es war uns wichtig, die Menschheitsgeschichte mit hiesigen Gerichten zu demonstrieren wie dem bis heute üblichen Bohneneintopf, der Knoblauchsuppe oder dem Tumbet“, so Calvo. Sogar beim Geschirr wird Wert auf Authentizität gelegt. „Der Becher aus Ägypten beispielsweise ist eine Replik eines tatsächlichen Exemplars von dort aus der Zeit, der heute im Museum steht. Wir haben ihn in Pòrtol von einem Töpfer nachmachen lassen.“

Auch wer nun ungefähr weiß, was einen – zumindest kulinarisch – erwartet, wird trotzdem überrascht werden. Eine absolute Neuheit auf Mallorca, die man nicht verpassen sollte. Der angemessene Preis: knapp 100 Euro. Im kommenden Jahr will Calvo auch eine deutsche Version anbieten. Apropos: Der Garten und die Ausstellungssäle des Es Revellar Art Hotels sind auch ohne dieses Event absolut einen Besuch wert – ebenso wie das angeschlossene Restaurant des Hotels, ein kaum bekannter Schatz der Insel, über den die Mallorca Zeitung schon 2016 berichtet hat.