Hinweis: Dieses Interview erschien erstmals am 15. April 2021

Am Haupteingang des Bierkönig klebt eine Notiz der Stadtwerke Emaya, dass das Wasser wegen Wartungsarbeiten abgedreht wird. Sie ist auf den vergangenen Dezember datiert. Der Regen der vergangenen Tage hat auf den Außenbereichen eine Schmutzschicht aus Saharastaub hinterlassen. Während normalerweise um diese Zeit nach den Osterferien allmählich der Trubel in der deutschen Partyhochburg losgeht, verirren sich derzeit nur wenige Urlauber für einen Schnappschuss in den Carrer del Pare Bartomeu Salvà, wie die Schinkenstraße offiziell heißt. Auf eine baldige Fete deutet hier nichts hin. Die MZ hat bei Kristin Langer nach dem Stand der Dinge gefragt. Die Hannoveranerin ist seit 2018 die Sprecherin der Pabisa-Gruppe, die den Partytempel sowie auch fünf Hotels betreibt.

Wird der Bierkönig in dieser Saison öffnen?

Im Idealfall schon. Wir sind vorbereitet. Wir haben tausend Pläne, wo Tische und Desinfektionsständer hinkommen. Wir sind startklar. Jetzt müssen nur noch die Urlauber kommen. Das ist ein bisschen wie ein Teufelskreis. Wir warten auf die Urlauber, die Urlauber auf unsere Eröffnung. Irgendjemand muss den ersten Schritt machen. Wir müssten durchkärchern und die Bierzelte aufbauen, könnten aber binnen drei Tagen aufmachen. Nach den derzeitigen Bestimmungen dürfen wir 300 Gäste im Innenbereich bedienen, der wegen des einfahrbaren Dachs als Terrasse zählt. Wir sehen aber an den Buchungszahlen unserer Hotels, dass die Eröffnung derzeit zu riskant wäre. Wir können nicht einfach vier Kellner hinstellen, sondern müssten die komplette Belegschaft aus der Kurzarbeit holen.

Der erste Schritt wäre also eine Teilöffnung?

Der Plan sieht ein Einbahnstraßensystem vor, damit die Abstände eingehalten werden können und sich niemand beim Weg auf die Toilette in die Quere kommt. Stehplätze sind darin nicht vorgesehen. Die Terrasse im Außenbereich wäre für die Warteschlange reserviert. Zur Straße hin sind wir durch den Zaun getrennt. An eine Komplettöffnung glauben wir dieses Jahr nicht. Wir sehen die Zahlen in Deutschland. Das sieht nicht danach aus, als würde es noch einen großen Ansturm geben und plötzlich Platzmangel herrschen. Und natürlich müssen wir abwarten, was künftig überhaupt erlaubt sein wird.

Ist in der neuen Normalität überhaupt noch Platz für einen Partytempel?

Ja, denn wir sind relativ vielseitig. Unter normalen Umständen sind wir von morgens bis nachts geöffnet. Zehn Uhr vormittags tanzen die Leute in der Regel nicht auf den Tischen, sondern wollen einfach zusammen sein und gemütlich ein Bier trinken. Das passt in die neue Normalität. Gerade in den großen Lokalen haben wir die Möglichkeit, die Einhaltung der Regeln zu überprüfen. Der Bierkönig wird wie früher eine große Kneipe sein, wo Musik im Hintergrund läuft. Eine Party mit tanzenden Menschen wird es nicht geben.

Und wie sieht es mit Konzerten der Ballermann-Stars aus?

Über gesittete Auftritte, bei denen die Leute auf der Biertischgarnitur sitzen, können wir sicherlich reden. Aber die meisten Konzerte sind darauf ausgelegt, dass die Gäste mitmachen. Wir wollen die Auftritte nicht ausschließen, in den kommenden Wochen oder Monaten sind sie aber unwahrscheinlich. Auf der anderen Seite wollen wir für die Künstler da sein, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten, und ihnen eine Plattform geben.

Kann das Playa-Publikum still sitzen?

Wir hatten im Vorjahr zwei Wochen im August geöffnet. Das können wir nun als Erfahrungswert nutzen. Es war interessant zu sehen, dass die Gäste untereinander auf die Einhaltung der Regeln geachtet haben. „Setz dich wieder hin, sonst machen die wieder zu", haben die Bierkönig-Fans gerufen. Wenn jemand zu später Stunde beim Gang auf die Toilette mal die Maske vergessen hat, haben unser Personal oder eben andere Gäste umgehend darauf hingewiesen. Es müssen einfach die Urlauber mitmachen. Wenn sie mit der Einstellung herkommen, es sei hier alles wie früher, dann liegen sie falsch. Das müssen wir so kommunizieren und ein Bewusstsein dafür schaffen. Schon jetzt zu Ostern habe ich sehr viele Touristen auf den Straßen ohne Maske gesehen. Die denken, sie sind im Urlaub und alles ist wieder gut.

Auf Mallorca soll es bald ein Probe-Konzert mit 2.000 Zuschauern geben, die zuvor einen Schnelltest machen. Wäre das für den Bierkönig eine Option?

Wir haben ein Angebot von unserem Künstler Tim Toupet vorliegen, der sich in der Pandemie in Deutschland mit einem mobilen Corona-Testzentrum selbstständig gemacht hat. Da sitzen wir sozusagen an der Quelle. Das Konzept ist für uns aktuell aber keine Option. Die Urlauber brauchen nach derzeitigem Stand bei der Einreise einen Negativbescheid. Wenn die Maskenpflicht und der Mindestabstand eingehalten werden, muss das ausreichen. Da müssen wir nicht noch einen draufsetzen.

Während viele Gastronomen gegen die Restriktionen auf die Straße gehen, halten die Big Player die Füße still. Hat sich der Bierkönig mit der Situation abgefunden?

Wir haben eine gewisse Verantwortung und müssen als gutes Vorbild vorangehen. Es steht an erster Stelle, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Wir drängeln nicht auf eine Eröffnung. Lieber jetzt den Ball flach halten und dafür den Sommer sichern. Da müssen wir unseren Beitrag leisten, um aus der Situation wieder herauszukommen.

Die Konkurrenz von der Cursach-Gruppe verkauft aus finanziellen Gründen einige Lokale. Wie sieht es beim Bierkönig aus?

Natürlich hatten wir schon bessere Zeiten. Das Unternehmen läuft aber seit Jahren erfolgreich. Wenn dann nicht ein, zwei schlechte Jahre überbrückt werden können, wäre etwas in der Buchhaltung mächtig schiefgelaufen. Wir brauchen dringend Einnahmen, aber es ist noch nicht so weit, dass man sich Sorgen machen müsste, dass der Bierkönig für immer geschlossen bleibt.

Wie steht es um die Angestellten?

Ein Großteil der Kellner hat Saisonverträge. Die haben sechs Monate im Jahr Anrecht auf einen Arbeitsplatz. Im Vorjahr haben sie entsprechend das Kurzarbeitergeld bekommen und anschließend das Arbeitslosengeld. Mit dem Saisonstart im April ist das Personal wieder in Kurzarbeit. Um den bürokratischen Aufwand kümmert sich der Bierkönig.

Die Playa-Sängerin Isi Glück hat im MZ-Interview geklagt, dass die Pandemie dazu genutzt werde, um den Ballermann abzuschaffen. Wie sehen Sie das?

Ich sehe das anders. Natürlich setzt man hier noch einen obendrauf und schließt die Schinkenstraße, obwohl alle Lokale schon geschlossen waren. Ein System dahinter sehe ich aber nicht. Es ist jetzt auch nicht so, dass wir als Bierkönig immer das Gegenteil fordern. Einige Lokale der Gruppe sind Teil der Qualitätsoffensive Palma Beach. Die Playa de Palma steckt im Wandel, und den unterstützen wir. Auch wir haben Urlauber in den vergangenen Jahren gesehen, die wir hier nicht haben wollen. Uns sind die gesitteten Gäste lieber. Das ist gerade das Schöne am Bierkönig, dass die Bandbreite vom Studenten bis hin zum Rechtsanwalt reicht.

Sie haben gesagt, dass Sie keinen großen Ansturm erwarten. Dabei ist die Reiselust der Deutschen durchaus da, und das Disco­fieber dürfte größer als je zuvor sein.

Es wird dieses Jahr keine Diskothek öffnen. Wir werden uns in das Terrassengeschäft einreihen. Wenn wir aufmachen, werden wir das nicht als das große Comeback bewerben. Das ist es nicht, und der Zeitpunkt dafür ist noch nicht da. Es ist wichtiger, den Mitarbeitern langfristig eine Perspektive zu bieten.