Manch einer wird heilfroh sein, dass sich die Saison 2021 dem Ende zuneigt. Unberechenbar sei sie gewesen, unplanbar. Doch auf den letzten Metern scheint dann doch noch alles gut gegangen zu sein. Zumindest für die meisten, die am Tourismus verdienen. Andere dagegen mussten die Saison abschreiben.

DIE VERLIERER

Bierkönig

„Wie im Müttergenesungsheim“, „Butterfahrt-Charakter“, „Kaffee-und-Kuchen-Atmosphäre“: Selbst Bierkönig-Ultras brauchten viel Toleranz für die Situation in ihrem „Wohnzimmer“. Die Kommentare besonders in den sozialen Netzwerken waren eindeutig. Das hielt den hartgesottensten Ballermann-Urlauber nicht davon ab, stundenlanges Warten in Kauf zu nehmen, um die kaum vorhandene Stimmung zu genießen. Der Bierkönig lebt vom Massenereignis, doch dieses Jahr musste der Partytempel in der Schinkenstraße vorsichtiger agieren als jeder andere Gastronom. Zu sehr steht er unter Beobachtung der Behörden.

Megapark

Mehrmals in der Saison wurde im Management darüber nachgedacht, zu öffnen. Am Ende setzte sich die Buchhaltung durch: Es lohnt sich einfach nicht. Der Partykomplex ist viel zu groß, als dass es sich mit den strengen Kapazitätsbeschränkungen hätte rechnen können. Derweil brodelte die Gerüchteküche wie in den vergangenen Jahren: Verkauf, Abriss, Neubau, Hotel. Doch diese Rechnung wurde wie so häufig ohne Besitzer Bartolomé Cursach gemacht. Der plant bereits die nächste Saison. Es heißt, es würden mehr Künstler denn je gebucht. Nur für Saufsänger sei kein Platz mehr. So will es der Zeitgeist.

Die Keller-Discos

Sie hatten schon vor Corona einen schweren Stand, nun fällt die Rechnung dramatisch aus. Discos wie das Oberbayern, Bolero oder Salsa Rosa sind seit zwei Jahren geschlossen. The Club (ehemals Paradies) steht zum Verkauf, genauso wie die ein oder andere Disco im „holländischen Viertel“ oder in der Bierstraße. Auch wenn es heißt, der Oberbayern-Komplex solle wieder öffnen – die Zeiten der Keller sind schon länger vorbei, dank Rooftop-Bars und Beach-Clubs. Es sei denn, es kommt zu einer Nostalgiewelle, weil sich die Menschen nach Jahren der Freiluft-Kultur endlich wieder in engen, stickigen Räumen treffen wollen.

Die Polizei

Es war ein Offenbarungseid. Die Policía Local hat seit jeher keinen besonders guten Ruf an der Playa de Palma, aber die Hilflosigkeit der Exekutive, als im Juni die Justiz die Ausgangsbeschränkungen kippte und die internationalen Party-Massen an den Strand drängten, sprach Bände. Auch die hinzugezogene Unterstützung der Policía Nacional bekam die feiernde Meute nicht in den Griff. So schnellte die Inzidenz in die Höhe, Mallorca wurde wieder zum Hochrisikogebiet erklärt. Doch die ganz große Katastrophe blieb aus.

Die Sandburgenbauer

Auch wenn es die wenigsten bemerkt haben: Die Playa de Palma ist sandburgenfrei. Vor der Pandemie waren die teilweise meterlangen Kunstwerke beliebtes Fotomotiv und eine ordentliche Geldquelle für ihre Erbauer und Bewacher. Doch die Saison über war keine einzige zu sehen. Wohin die Sandmänner verschwunden sind, ist nicht geklärt.

DIE GEWINNER

Die Playa de Palma an sich

Während in anderen Urlaubshochburgen auf Mallorca dieses Jahr zum Teil bis tief in die Hochsaison tote Hose herrschte, boomte die Playa de Palma. Zunächst rollte die Saison bedingt durch die strengen Corona-Regelungen langsam an, dann erschien sie kurzzeitig exzessiv, erfuhr einen kleinen Dämpfer im Juli durch die steigende Inzidenz, um dann noch einen Höhepunkt im September zu erleben. Selbst jetzt am Ende der Saison ist jede Liege am Strand besetzt. Die Restaurants sind voll bis Mitternacht. Jetzt erhofft man sich noch einen kleinen Schub durch die Herbstferien in Deutschland, bevor dann im November fast überall die Lichter ausgehen.

Die Kleinen

Die Schwäche der Großen war die Stärke der kleinen gastronomischen Betriebe. Während die einen hart eingeschränkt wurden, gab es für die anderen sogar Privilegien. So konnten die Außenkapazitäten auf Parkplätze ausgeweitet werden. Nicht nur Kult-Läden wie Zur Krone oder Deutsches Eck waren von morgens bis nachts prall gefüllt. Die Suche nach einem Sitzplatz war phasenweise aussichtslos.

Münchner Kindl

Jahrzehntelang wurde das Münchner Kindl unter „ferner liefen“ geführt. Das änderte sich erst 2020 nach der ersten Welle. Das Kindl bot als einzige Location an der Playa wieder Liveauftritte von Party-Künstlern, während Megapark und Bierkönig zublieben. So etablierte sich das bayerische Spezialitäten-Restaurant als neue Begegnungsstätte heimatloser Ballermänner. 2022 möchte Wirtin Gerlinde Weininger das Konzept fortführen, sucht deshalb eine größere Location. Ob sich das Megapark und Bierkönig gefallen lassen?

Neuer Hotspot

Das Epizentrum hat sich verlagert. Bedingt durch Corona-Maßnahmen und Kapazitätsbegrenzungen verlor die Schinkenstraße fast vollständig ihren Reiz, ebenso der „Strip“ zwischen Megapark und Bierkönig. Die Szene verlagerte sich ein paar Hundert Meter weiter und feiert nun zwischen Latino Bar und Bierstraße zwischen den Balnearios 7 und 8.

Grupo Ferrer

2016 riefen die Ferrer Brüder Mica und Juan Palma Beach ins Leben. Das Motto: weniger Ballermann, mehr Miami Beach. Fünf Jahre später ist das Gesicht der Playa tatsächlich ein anderes. Dabei ragen besonders die Ferrer-Läden heraus: Das Bikkini Beach ist vielleicht das schönste Restaurant der Playa. Das Chalet Siena am Balneario 6 ist trotz gefühlter Mondpreise das angesagteste Restaurant weit und breit. Mit Sonnenuntergang beginnt hier jeden Abend die Party.

Die Getränkehändler

Als die Läden coronabedingt früher schließen mussten und der Alkoholverkauf der Supermärkte streng reguliert wurde, war die Zeit der fliegenden Flaschenverkäufer ohne Konzession gekommen, die die Promenade flächendeckend mit Bier versorgten. Das Geschäft lief so gut, dass selbst senegalesische Straßenhändler, die eigentlich mit Alkohol nichts am Hut haben, in den Markt drängten.

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Das Personal

Ein Wirt ließ eine Ex-Kellnerin extra für eine Woche einfliegen – so hart war die Personalnot mancherorts. Viele frühere Gastro-Angestellten besorgten sich während der Pandemie besser bezahlte Ersatzjobs. So manch bekanntes Ballermann-Gesicht verließ die Insel und plant, nicht zurückzukehren. Konsequenz: Überall musste man Abstriche in der Qualität einkalkulieren. Positiver Effekt: Die Löhne steigen, und gutes Personal kann sich in der nächsten Saison den Arbeitgeber aussuchen.