In der Backstube der solidarischen Bäckerei Pan de Mar in Palma duftet es nach aromatisch-öliger Focaccia. Christine Neubauer (59) zerteilt riesige Teigklumpen mit dem Messer, bearbeitet die Masse mit geschickten Händen und schiebt Brote so souverän in den Ofen, als hätte sie noch nie etwas anderes getan. Freilich ist sie keine Bäckerin, sondern Deutschlands wohl meistbeschäftigte Schauspielerin, die in mehr als 100 Kino- und Fernsehfilmen mitspielte und gemeinsam mit ihrem Verlobten, dem chilenischen Fotografen José Campos (55), teilweise auf Mallorca lebt. „In einem Film war ich selbst Bäckerin. Wenn ich in eine Rolle eintauche, die einen bestimmten Beruf ausübt, dann lerne ich so viel wie möglich darüber, damit meine Bewegungen authentisch aussehen“, erzählt Neubauer, während Campos seine Liebste fast ehrerbietig beim Kneten beobachtet und fotografiert.

An diesem Tag macht sie sich die erworbenen Fähigkeiten zunutze, um dem Sozialprojekt mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Ich finde die Art der Hilfe sehr gut, weil sie zwei Seiten abdeckt: Hier arbeiten Menschen, die ihren Job verloren haben und keine Unterstützung bekommen. Zum anderen geht die Hälfte des Brots an bedürftige Menschen“, sagt die Schauspielerin.

Christine Neubauer wird für den guten Zweck zur Bäckerin

Christine Neubauer wird für den guten Zweck zur Bäckerin

Das Konzept funktioniere inzwischen so gut, dass die Bäckerei mit der Produktion nicht mehr hinterherkomme: Sie könne mehr Menschen einstellen, da Hotels und Gaststätten Brot bestellen würden, aber die Kapazität des alten Pizzaofens reiche nicht aus. Neubauer wirbt um Spenden, damit Pan de Mar einen neuen Ofen bekommt.

Neben ihrem Engagement für den guten Zweck hat die Fernsehberühmtheit aktuell mehr als genug Baustellen. Gerade erst ist sie von einer großen Theater-Tournee durch Deutschland zurückgekehrt: Seit Oktober war Neubauer mit der Gauner-Komödie „Celine“ auf der Bühne zu sehen. „Was ich davon mitnehme, ist, wie dankbar die Menschen waren, einmal zwei Stunden Tränen zu lachen und die Alltagsprobleme zu vergessen“, sagt sie.

Rückzug zum Malen in der Tramuntana

Auch Neubauers Leben war in letzter Zeit nicht nur rosig: Vor zwei Jahren starb ihr Vater. Seitdem hielt sie sich hauptsächlich in München auf: „Es sind natürlich harte Zeiten, und meine Mutter ist 84.“ Die Schauspielerin begleitete sie durch die Pandemie, auch die Weihnachtszeit wird das Paar dort verbringen. Danach möchten beide gern wieder eine Weile auf der Insel sein, in der Wohnung in Palma oder im Haus in der Tramuntana, wo sich Neubauer gern zurückzieht, um zu malen. Aber auch ein Besuch bei Campos’ Familie in Santiago de Chile sei längst überfällig.

Für 2022 haben die beiden, die sich gegenseitig liebevoll „Vida“ nennen, schon ehrgeizige Pläne: Neubauer hat sich vorgenommen, in der spanischsprachigen Film- und Fernsehlandschaft Fuß zu fassen. „Ich liebe neue Herausforderungen. Gerade weil ich schon so ein alter Hase im Beruf bin, darf man nie stehen bleiben“, sagt sie. „Auf Deutsch habe ich alles gemacht und erleben dürfen, was sich eine Schauspielerin wünscht.“ Nun träumt sie davon, noch einmal ganz neu und anders gesehen zu werden – von einem „unbelasteten“ Publikum, das sie nicht schon aus zig verschiedenen Rollen kennt. „Bei den Deutschen existieren natürlich unweigerlich Schubladen.“

Meist harmonische Zusammenarbeit

Bereits gesetzt ist sie in einem spanisch-argentinischen Kinofilm, der aber noch nicht ganz finanziert ist. „Es ist ein Abenteuerfilm, in dem ich eine deutsche Wissenschaftlerin spiele, die in die Antarktis fährt, um ein Geheimnis zu ergründen“, erzählt sie. Campos soll in der Produktion als Fotograf mitwirken. Das Paar lernte sich einst auch über die Arbeit kennen, und beide sagen, dass sie meist harmonisch zusammenarbeiten würden – außer es gebe unterschiedliche Vorstellungen, was das Beste für das Projekt sei. „Sie ist ein Vulkan, und ich bin auch einer“, so der Chilene.

Bei einem weiteren Gemeinschaftsprojekt, das sich durch die Pandemie verzögerte, ist Campos als Filmproduzent an Bord: ein chilenisches Kino-Roadmovie mit zwei Frauen, die von zwei Killern durch die Atacama-Wüste verfolgt werden. „Ich kriege schon wieder Gänsehaut, wenn ich davon erzähle“, sagt Christine Neubauer. Die Wüste weckt noch Emotionen anderer Art: Das Paar ist seit Langem verlobt und will in der Atacama-Wüste heiraten.