Zu Hause bei der Autorin steht nun eine kleine Grünkohl-Pflanze, das Abschiedsgeschenk im Botànic. „Jeder Gast bekommt es als Erinnerung an uns und unsere Küche“, hatte Andrés Benítez gesagt. Er ist seit der Eröffnung im Jahr 2018 Chefkoch des Lokals im Hotel Can Bordoy in Palma de Mallorca. Unter dem beigefügten QR-Code finden sich nicht nur Informationen, wie man die Pflanze hegen und pflegen sollte, sondern auch Rezepte, etwa für Chips aus Kale, wie Grünkohl auf Englisch genannt wird. Es gibt sie auch auf der Karte, mit Parmesan, Trockentomaten und Sesamsalz.

Gesund habe er im Hotel Can Bordoy von Anfang an gekocht, sagt Benítez, jetzt aber sei das Konzept noch weiter ausgereift. „Das ist jetzt absolut mein Küchenstil, das bin ich“, sagt er. Der 37-Jährige kann auf namhafte Stationen zurückblicken wie das Nerua in Bilbao, das Sergi Arola Gastro in Madrid oder das Bou in Sa Coma, dem früheren Sternelokal von Tomeu Caldentey. Er hat traditionell, kreativ und avantgardistisch gekocht, aber nun kocht er „sexy“, wenn man dem Motto des Lokals „Green is the new sexy“ glaubt.

Gewürze und Kräuter aus aller Welt

Benítez ist damit der bislang Einzige auf Mallorca, der einem US-Trend folgt: Plant Forward. Gemeint ist damit nicht, dass man nur noch vegetarische oder gar vegane Gerichte anbietet, sondern dass sich der Schwerpunkt verschiebt. Das „Grünzeug“ ist nicht mehr Beilage, sondern Hauptdarsteller, verarbeitet mit Gewürzen und Kräutern aus aller Welt. Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchte sind bei etlichen Gerichten noch dabei, aber eben nur dabei. „Unsere Klientel, speziell die Nordeuropäer, sind begeistert. Bei den Fleisch liebenden Mallorquinern muss ich noch etwas Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Benítez.

Chefkoch Andrés Benítez.

Chefkoch Andrés Benítez. BOTÀNIC/ZENDER

Es versteht sich da fast von selbst, dass die meisten Zutaten aus biologischem Anbau oder Zucht stammen, zumindest aber von Betrieben der Insel, die auf möglichst naturnahen Anbau achten wie etwa Terracor, von wo viel des Gemüses stammt. „Als Kind half ich meinem Großvater oft in seinem Garten und meiner Oma dann bei der Zubereitung von Opas Gemüse. Ihm machte Gartenarbeit so viel Spaß, dass er viel mehr anpflanzte, als wir verzehren konnten – daher hat er das Gemüse in der ganzen Nachbarschaft verteilt. Nun ‚verteile‘ ich es im Lokal“, sagt Benítez.

Miteinander, nicht getrennt essen

Es gibt nur wenige Hauptgerichte, das meiste sind eine Art Tapas oder Gerichte zum Teilen. Auch das ist Philosophie des Hauses: miteinander, nicht getrennt essen. Die Karte liest sich dabei wie ein Gemüsegarten: Neben Grünkohl gibt es noch Bimi, Kirschtomaten, Rote Bete, Lauch, Möhren, Blumenkohl, Kürbis und Süßkartoffel. Das alles wird fantasievoll kombiniert und schmeckt fantastisch.

Der konfierte Lauch etwa ist gebettet auf kleinen Botifarron-Stückchen, überzogen von einer Trüffel-Hollandaise, geraspelten Trüffeln und Champignon-Scheibchen, gewürzt mit dem indischen Garam Masala, einer Mischung aus Kardamom, Zimt, Gewürznelken, Pfeffer und Kreuzkümmel. Die Süßkartoffel ist geschmort und zusätzlich gefüllt mit Pilzen, Datteln, Rosinen, Curry und bestreut mit Mandelblättchen. Der Kürbis ist angereichert mit kleinen Garnelen, überzogen mit einer Safran-Kruste und wird begleitet von einer Meeresfrüchte-Bisque im thailändischen Stil. Und als Taco-Alternative dient ein großes Salatblatt, auf dem etwa Stücke von gebratenem Tintenfisch mit Limetten-Kartoffelpüree, gelber Chili- Mayonnaise und eingelegter Zwiebel liegen.

Kürbis mit Safran-Kruste und Meeresfrüchte-Bisque. Botanic

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Als Spezial des Tages gab es am Testtag zudem geschmorte Artischocken auf Scheiben vom Thunfisch-Bauch, überzogen mit einer Mayonnaise, gemixt mit geräucherter Sardine, dazu eine kanarische Mojo-Sauce, Radieschen-Scheiben und Gewürzgurken-Würfel. Wer es ein wenig „klassischer“ mag, der kann auf Spanferkel mit Rotkohl-Orangen-Salat, Landhuhn in Erdnuss-Marinade oder den Fisch des Tages mit Algen und Gemüse-Chop- Suey zurückgreifen.

Und dazu zum Beispiel einen Purple Sunset trinken – einen Mix aus Rote Bete, Orangensaft, Rotwein und Waldfruchtlikör (Tapas 6–20 Euro, Gerichte zum Teilen 16–24 Euro, Desserts 8,50 Euro). Alles serviert von einem herzlichen, aber perfekten Service, weit entfernt von einem oft steifen Fünf-Sterne-Hotel-Ambiente.