Es ist dunkel. Es ist kalt. Nass sowieso. Und es ist wunderbar. So zumindest beschreiben es Toni Payeras und Carlos Pérez-Marsá. Das ganze Jahr über treffen sich die beiden zusammen mit zwei weiteren Freunden an fünf Tagen in der Woche, um im Meer zu schwimmen. Am Wochenende ist es ein entspanntes Treffen am späten Vormittag. Montag, Mittwoch und Freitag aber geht es schon um 7 Uhr morgens los.

Noch bevor die Sonne aufgeht, ziehen sie sich am Strand in einer kleinen Kabine um. „An manchen Tagen würden wir am liebsten da drin bleiben“, sagt Payeras. Wenn es draußen um die zwei Grad, im Wasser etwa elf Grad hat. Wenn es windig ist, kalt und dunkel. „Aber es hilft, dass wir eine Gruppe sind“, sagt Pérez-Marsá. „Wir motivieren uns gegenseitig.“ Also bleiben sie nicht in ihrer Kabine. Sie ziehen ihre Schwimmbrillen auf und hechten möglichst schnell ins eiskalte Wasser.

Winterschwimmen auf Mallorca: Im dunklen Meer sind keine Felsen zu sehen

Die vier Schwimmer finden sich in der kleinen Bucht Cas Català (Gemeinde Calvià) blind zurecht. Zum Glück, denn so früh morgens ist im Winter nichts zu sehen. Weder wie tief das Wasser ist, noch wo sich Felsen befinden oder welche Tiere sich dort unten gerade herumtreiben. In aufblasbare Plastikbeutel geben sie Taschenlampen, um nicht von Schiffen übersehen zu werden. „Erst schwimmen wir ein Stück ins Meer hinaus, um die Felsen zu umgehen, dann orientieren wir uns an den Hafenlichtern“, sagt Payeras.

An diesem Donnerstag sind Payeras und Pérez-Marsá ausnahmsweise etwas später an ihrem Strand, um ihre Routine bei Tageslicht zu zeigen. Während Schaulustige Wintermäntel tragen, stehen die beiden in Schwimmsachen im Wasser. Neoprenanzüge tragen sie nicht. Als wäre August statt Januar. Als würde die Sonne wärmen und als hätte das Wasser 20 Grad. „Natürlich frieren wir auch“, sagt Pérez-Marsá. Aber das sei es ihm wert. Der 52-jährige gründete die Schwimmtradition vor eineinhalb Jahren im Sommer nach dem langen Lockdown. Er genießt den direkten Kontakt mit der Natur. „Wenn ich schwimme, fühle ich mich frei“, sagt er. Den Sonnenaufgang über dem Meer zu erleben, habe etwas Magisches.

Die Männer machten nach dem Sommer weiter, es wurde Winter, dann wieder Sommer. Jetzt schwimmen sie ihren zweiten Winter. „Man muss das gewohnt sein, um lang im kalten Wasser auszuhalten“, sagt Payeras. Im Winter schwimmen die vier Männer 35 bis 45 Minuten. Am wichtigsten ist dabei laut Payeras die Atmung, denn durch die extreme Kälte könne es passieren, dass man hyperventiliert.

Toni Payeras (links) und Carlos Pérez-Marsá. Nele Bendgens

Die Männer sind trainierte Schwimmer, nehmen im Sommer an Wettbewerben teil. An ihre Schwimmtechnik denken sie morgens aber nicht. „Erst einmal kann man nur daran denken, wie kalt es ist. Alle anderen Gedanken sind weg“, sagt Payeras. Das Wasser ist so kalt, dass es wehtut. Wie Nadelstiche am ganzen Körper. Das könne man nur durch Bewegung aushalten. Nach dem Schwimmen begießt Payeras seine Füße mit warmen Wasser. Entfernt den Sand, belebt sie etwas.

Winterschwimmen im Meer: Die Finger sind zu taub, um ein Hemd zuzuknöpfen

Die Männer schwimmen auch deswegen so früh, weil es danach zur Arbeit geht. Pérez-Marsa muss in seine Anwaltskanzlei, Payeras arbeitet in einem Laden, der Wandersachen verkauft. Der 42-Jährige geht davor noch nach Hause duschen. Pérez-Marsá hingegen fährt direkt ins Büro. Wenn er aus dem Wasser kommt, sind seine Finger zu taub, um sein Hemd zuzuknöpfen. Deshalb zieht er erst einen Pullover an, später auf der Arbeit zieht er sich dann um. „Mir ist nach dem Schwimmen eine ganze Stunde lang kalt“, erzählt er.

Im Sommer halten es die vier Schwimmer länger im Wasser aus, teilweise kommen andere dazu. „Dann machen wir richtig Sport“, sagt Pérez-Marsá. Etwa 2.500 Meter schwimmen sie dann jeden Tag, sie starten um 6.30 Uhr, um mehr Zeit zu haben. Aber Payeras und Pérez-Marsá freuen sich nicht auf den Sommer. Der Strand ist dann nicht mehr so leer. Das Wasser wird teils zu einer trüben, warmen Suppe, während es im Winter kristallklar ist. Außerdem ist es im Sommer oft zu hell. „Wenn wir kommen und die Sonne schon scheint, ist das enttäuschend“, sagt Payeras. Aber glücklicherweise stehen ja noch einige schmerzhaft kalte Wintertage an.