In Santa Catalina oder am Paseo Marítimo steppt in Palma der Bär. Das Zentrum ist hingegen weniger als Ausgehviertel bekannt. Besonders unter der Woche herrscht in der Altstadt meist tote Hose. Dabei war das schon mal anders: Viele der Bars im Stadtviertel Sa Gerreria hatten sich 2009 zu einer Initiative zusammengeschlossen und die sogenannte Ruta Martiana gegründet. Jeden Dienstag boten die Kneipen hauptsächlich entlang des Carrer de la Corderia ein kleines Bier und eine Tapa zum Preis von 2,50 Euro an. Besonders bei dem jungen, internationalen Publikum kam das gut an, die Bars waren rappelvoll.

Wie so viele Dinge im Alltag kassierte die Pandemie aber auch die Ruta Martiana ein. Nun, da keine Höchstgrenze an Besuchern mehr gilt, wird am Comeback der Tapas-Tour gearbeitet. Wann es so weit ist, steht noch nicht fest. „Wir sprechen noch mit den Bars, wer dabei ist und wer nicht“, sagt Juan „Oli“ Olivieri, Chef des Moltabarra. Ein MZ-Rundgang an einem Donnerstagabend zeigt, dass sich viele Gastronomen die Ruta eher heute als morgen zurückwünschen.

Quina Creu

Los geht es ab der Plaça d’en Coll. Auf den Terrassen dort sitzen einige Leute zum Abendessen, Stehpublikum ist nicht anzutreffen. Die für die Ruta üblichen pintxos – meist unterschiedlich belegte Baguettescheiben – fehlen gänzlich. Erst im Quina Creu ein paar Meter weiter wird man fündig. Das schicke Lokal ist zweigeteilt in eine lang gezogene Bar und einen großen Restaurantbereich. Vereinzelte Gruppen sitzen an den Tischen. Es ist verhältnismäßig voll. „Heute ist das erste Mal seit Ausbruch der Pandemie, dass wir öffnen“, sagt die slowakische Kellnerin Suzana. Ruta Martiana? „Das war immer verrückt und ein Haufen Arbeit.“ Ihr Chef wolle nun erst einmal schauen, wie es nach dem Neustart läuft. „Ich habe gehört, dass viele Restaurants gegen die Rückkehr der Ruta sind“, sagt die Kellnerin. Oft gab es wegen des Lärms und hinterlassenen Drecks auch Anwohnerbeschwerden.

Die Brote hier sind mit Sobrassada, Brie, Honig, Tintenfisch oder Pimientos de padrón belegt. 1,90 Euro kostet der pintxo, die caña zusätzlich 2,90 Euro. Im Vergleich zum Ruta-Angebot ist das teuer. „Dafür ist das Bier aber größer. Bei der Ruta bekommt man nur einen Minischluck für den Preis“, sagt Suzana.

La Tortillería

Weiter geht es die Straße entlang. Etwas uriger kommt La Tortillería daher. Die meisten Tische im Außenbereich der von einem Gewölbe überdachten Eckkneipe sind belegt. Die Wände sind mit Konzertplakaten und Graffitis verziert. Innen ist es ruhiger. „Wir sind nur eine kleine Bar und haben bei den Angeboten der Ruta nie mitgemacht“, erzählt Chef Sendoa. „Wir haben aber von der großen Nachfrage profitiert. Dienstags war es immer voll.“ Der Kneipier hält die Route für die Gegend überlebenswichtig. „Wir sind nicht so sehr auf Urlauber angewiesen und kommen mit unseren Stammkunden über den Winter. Andere können ohne die Ruta dichtmachen.“

Das zeigt sich auf dem weiteren Weg. Fixpunkte der früheren Tapas-Tour, wie Sa Corbata oder Lemon Tree haben Corona nicht überlebt. Die Jugueteria gibt es zwar noch, pintxos werden aber nicht mehr angeboten. „Viele Leute, viel Lärm, zusammen sein – das war die Essenz der Ruta. Das geht heute nicht mehr. Es ist nicht wie früher, die Leute sind zum Teil paranoid“, sagt die Kellnerin Victoria Morelis. Gestresst wirkt sie nicht. Im Gegenteil. In aller Ruhe sucht sie mit den wenigen Gästen den nächsten Drink aus.

Die Kellnerin in der Jugueteria hat Zeit für die Gäste. Ralf Petzold

Lowther

Fast schon unheimlich ruhig ist es im Lowther. Die Craftbeer-Bar hat das Lemon Tree im vergangenen April übernommen. Nun sitzt ein Pärchen in der sonst leeren Bar und tippt schweigend in die Handys. Das frühere Lokal einer polnischen Besitzerin war ein internationaler Treffpunkt. „Verschiedene Erasmus-Organisationen haben uns kontaktiert. Wir wollen die Klientel beibehalten und wünschen uns die Ruta zurück“, sagt Inhaber Ignacio. „Das Geschäft läuft besser als erwartet, aber dennoch fehlt massig Kundschaft.“

Neuer Anlauf für die Ruta Martiana Ralf Petzold

Bigotu2

Ähnlich sieht es Mery García, Chefin des im Juni 2019 eröffneten Burgerladens Bigotu2. „Es ist sehr seltsam derzeit. Manchmal ist am Wochenende nix los, und am Montag rennen sie mir die Bude ein.“ Ohne die Ruta lässt sie den Laden dienstags und mittwochs direkt geschlossen. Fast alle Wirte sagen, dass etwas jaleo, ein bisschen Radau, dem Viertel fehlt.

Moltabarra

Einzig das Moltabarra kann nicht klagen. Der einstige Gründer der Ruta hat auch die Pandemie über die Tradition beibehalten. Nicht nur dienstags, auch an anderen Tagen gibt es ein reichliches Angebot an pintxos für 2 Euro, und der Laden ist voll. „Zur Ruta sollte man lieber schon 19.30 bis 20 Uhr da sein, sonst ist alles weg“, sagt eine Kellnerin.