Mallorca Zeitung

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"Kein Typ für Stillstand": Moderatorin Britt Hagedorn über ihre neuen Projekte

Jahrelang hat sie TV-Sendungen moderiert. Bis sie beschloss, dass es reichte. Jetzt startet sie auf Mallorca Neues. Ein Gespräch über das Hamsterrad Arbeit, das Werkzeug Sprache und das Schöne am Älterwerden

Britt Hagedorn wohnt seit 2021 fest auf Mallorca. | FOTO: NELE BENDGENS Nele Bendgens

Über viele Jahre war Britt Hagedorn nicht aus der deutschen Fernsehlandschaft wegzudenken. Von 2001 bis 2013 präsentierte sie an fünf und teilweise auch sechs Tagen die Woche auf Sat.1 die Talkshow „Britt – Der Talk um eins“. Zudem war sie im Frühstücksfernsehen zu sehen und moderierte Sendungen wie „Mein Mann kann“ und „Weck up“. Dann zog sich die heute 50-Jährige aus dem Fernsehgeschäft zurück und wanderte mit ihrem Mann und den zwei gemeinsamen Kindern, die 14 und zehn Jahre alt sind, nach Mallorca aus.

Sie selbst haben schon viele Interviews geführt. Was macht ein gutes Interview aus?

Es gibt natürlich technische Vorgaben. Wer einem Interviewpartner permanent geschlossene Fragen stellt, die nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können, wird garantiert auf Grund laufen. Aber man muss auch schaffen, dass eine zwischenmenschliche Ebene zustande kommt, dass der Interviewpartner sich wohlfühlt und in Plauderlaune kommt.

Seit 2013 haben Sie sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Ich habe die letzten Jahre einen harten Break reingehauen, weil ich den haben wollte und auch brauchte.

Warum?

Ich war durch. Ich habe mein ganzes Leben Fernsehen gemacht. Ich hatte keinen Bock mehr. Außerdem wollte ich meinen Kindern gerecht werden. Als meine Tochter klein war, habe ich viel gearbeitet, hatte ein schlechtes Gewissen. Die Zeit, in der die beiden klein sind, gibt mir keiner zurück. Und ich hatte das Glück, dass ich so vorgearbeitet hatte, dass ich es mir schlicht auch leisten konnte, eine Pause zu machen. Das war ein Riesenprivileg. Das haben viele nicht, das ist mir klar.

Was haben Sie mit der plötzlich zur Verfügung stehenden Zeit gemacht?

Ich habe erst einmal mit dem Reiten angefangen. In all den Jahren waren die Dinge, die mir privat Freude bereiten, immer zu kurz gekommen. Ich habe immer nur Sport gemacht, um nicht zu dick zu werden. Aber nie, weil es Spaß gemacht hat. So geht das vielen Frauen, eigentlich scheußlich. Wir gehen artig joggen, damit wir nicht dick werden, gehen zum Personal Trainer, damit der Hintern schön fest ist. Ganz selten machen wir Dinge einfach aus Leidenschaft. Das hat mich so genervt, dass ich etwas machen wollte, das mir einfach nur Spaß macht. Dadurch bin ich zum Reiten gekommen. Und ich bin dermaßen entflammt, dass ich wie eine Verrückte dem Reiten mein ganzes Tun und Handeln unter- geordnet habe. Das war toll, und dadurch brauchte ich gar nichts anderes. Aber dann hatte ich einen Reitunfall, der glücklicherweise glimpflich ausgegangen ist, aber ganz anders hätte laufen können. Das hat mir das Reiten leider weggenommen. Ich traue mich zwar noch aufs Pferd, aber es wäre nicht die richtige Entscheidung. Dadurch entstand eine Lücke in meinem Leben. Erst war lange der Kopf gefragt, dann beim Reiten der Körper, und auf einmal war beides weg, und das ging nicht.

Muss bei Ihnen immer etwas los sein?

Mir hat es sehr gutgetan, auch mal aus der vielen Arbeit und dem Stress rauszukommen. Aber wenn du im Leben immer viel unterwegs warst, kannst du nicht einfach auf null gehen. Das geht für den Kopf nicht. Ich habe mich, seit ich auf Mallorca bin, deswegen voll reingehängt, Spanisch zu lernen. Ich kam mit null Sprachkenntnissen auf der Insel an, und es war gar nicht so einfach, das richtig zu lernen. Aber es ist mir wichtig, dass ich meinen Kopf beanspruche. Letztes Jahr habe ich deswegen angefangen, Ausbildungen zu machen. Zum Beispiel im Neurolingualen Programmieren und als Businesstrainerin. Ich bin einfach kein Typ für Stillstand.

Sie haben im Juni ein Buch über Kommunikation veröffentlicht. Für wen ist es gedacht?

Eigentlich für jede und jeden. Sprache ist einfach ein tolles Werkzeug. Jemand, der mit Sprache zu überzeugen weiß, kann beruflich alles durchsetzen. Ein guter Gesprächspartner punktet auch bei der Partnersuche. Gerade wir Frauen können den tollsten Typen vor uns haben – wenn das Gehirn nicht stimuliert wird, dann stimuliert auch ein tolles Aussehen den Rest nicht mehr. Sabine Altena und ich wollten in dem Buch eine Mischung aus theoretischem Know-how, Beruflichem und Alltagserleben zeigen. Du kannst 100-mal in der Theorie überlegen, wie man zu reagieren hat, wenn ein pubertierendes Kind komplett zumacht, das hilft in der Realität nicht. Da musst du das Wissen einer Mutter anwenden.

Wie geht es nach dem Buch jetzt weiter?

Ich bin in einem Alter, in dem ich gerne anderen Leuten Dinge beibringen möchte. Ich blicke auf so viel Berufserfahrung und inzwischen auch auf so viel Lebenserfahrung zurück. Das ist der Vorteil am Älterwerden. So scheiße es ist, wenn man Falten kriegt und das Gesicht sich verändert, so gut ist es, wenn man weiß, worüber man redet. Mit Sabine fange ich jetzt an, hier auf Mallorca Seminare für Menschen anzubieten, die etwas für ihren Kopf tun und über Kommunikation lernen wollen, aber auch Lust auf Socialising haben.

Im Fernsehen sind Sie inzwischen auch wieder zu sehen.

Ja, ehrlich gesagt ist es viel auf einmal. Ich hatte gedacht, meine Fernsehzeit liegt hinter mir. Und dann hat sich aber aufgetan, als Springerin beim Sat.1-Frühstücksfernsehen mitzumachen. Auch andere Projekte kommen vielleicht dazu, da ist aber noch nichts spruchreif. Allerdings muss man fairerweise sagen, wenn es etwas gibt, was ich kann, dann ist es Fernsehen.

Haben Sie denn keine Angst, dass es wieder zu viel wird?

Nein, ich muss es ja nicht machen. Das ist noch etwas Cooles am Älterwerden, man ist souveräner. Man fängt an, die Dinge viel detaillierter zu bewerten und lässt sich nicht mehr ganz so vor den Karren spannen. Ich mache das, was mir Spaß macht und wozu ich Lust habe. Das, von dem ich glaube, dass es richtig für mich ist. Meine Kinder habe ich die vergangenen zehn Jahre viel umsorgt, jetzt sind sie schon alt genug, dass sie mich weniger brauchen. Aber wenn ich merke, die Familie ruft, dann hat das immer Priorität bei mir.

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