Norbert Deingruber erinnert sich noch genau, wie er damals mit einem Freund im Restaurante Casa Can Pelut in dem kleinen Ort Son Macià auf Mallorca saß und sich vornahm, sich künftig regelmäßig mit ihm dort zu treffen. „Wir wohnen so nah beieinander und sehen uns trotzdem so selten“, dachte er. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr deutschsprachige Residenten und Pendler aus der Region zwischen Manacor und Felanitx hinzu. „Es entstand eine richtige Community aus Deutschen, Schweizern und Österreichern, die sich hier Woche für Woche mittwochs trifft“, so der Rentner.

Dass der Stammtisch über all die Jahre hinweg kontinuierlich stattgefunden hat, ist auch Restaurantbesitzerin Amalie Steur zu verdanken, die im Ort als Emily bekannt ist. „Sie hat nicht nur den Premiumplatz mitten auf dem Marktplatz und zieht deutsches Publikum an, weil sie selbst vom Bodensee stammt, sondern macht auch richtig schmackhafte Küche“, schwärmt der 70 Jahre alte ehemalige Besitzer einer Weinhandlung.

Doch ab November müssen sich die Stammgäste nach 15 Jahren eine Alternative suchen – zumindest vorübergehend: Steur hört auf, hat das Restaurant bereits verkauft. „Ich bin 65 Jahre alt und möchte nicht mehr so viel Stress haben“, erzählt sie der MZ. Bis auf dienstags sei das Lokal täglich geöffnet gewesen. „Morgens bin ich immer einkaufen gegangen, dann um 11 Uhr hierhergekommen und war um 23 Uhr die Letzte, die ging. Ich habe fast im Restaurant gelebt. Wenn man den Job gut machen möchte, ist er eben sehr anstrengend“, erzählt sie.

Die gelernte Einzelhandelskauffrau lebt schon seit 1988 auf der Insel und war auch schon vor Son Macià in der Gastronomie tätig, wie sie erzählt, allerdings im Massentourismus.

Emily, die "Kupplerin"

Die Arbeit im Restaurante Casa Can Pelut in dem beschaulichen Ort sei da ein wahres Kontrastprogramm. „Ich versuche immer, einen ganz persönlichen Kontakt zu den Gästen zu haben, bin immer vor Ort. Ich kenne alle Gäste“, erzählt Steur. Und die versucht sie dann auch, direkt miteinander bekannt zu machen. „Manchmal weiß ich, dass an einem Abend ein bestimmter und ein anderer Gast kommen. Wenn ich meine, die könnten sich gut unterhalten, setze ich sie möglichst zusammen“, erzählt Steur. Und meist hat sie mit ihren „Verkuppelungsaktionen“ Erfolg.

Einmal etwa habe ein Paar, das im Ort ein Haus bauen wollte, sie gefragt, ob sie jemanden kenne, der über die Wintermonate eine Wohnung vermieten würde. Ihr fiel ein anderes Paar ein, also machte sie beide miteinander bekannt. „Heute sind sie beste Freunde und kommen immer noch regelmäßig zu mir“, berichtet Steur stolz. Ihre Gäste seien sehr hilfsbereite Menschen mit interessanten Karrieren.

Deutscher übernimmt gleich zwei Lokale

Ganz auf die bisherige Restaurantbesitzerin verzichten müssen Deingruber und Co. trotz der angekündigten Schließung künftig nicht. „Womöglich helfe ich zumindest noch ein bisschen mit“, so die Gastronomin. Inwiefern, stehe noch nicht fest. Übernehmen wird das Restaurant ein für sie und so manch anderen Gast ebenfalls bekanntes Gesicht: ein Deutscher, der seit 15 Jahren als Gast bei der gebürtigen Lindauerin einkehrt.

Auch das Restaurant nebenan habe er gekauft und werde dort voraussichtlich Pizza und mallorquinische coca verkaufen. „Die Gäste müssen nicht befürchten, dass alles neu wird, denn auch mein Personal übernimmt er vollständig“, so Steur erleichtert.

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Ein letzter Umtrunk

Am Sonntag (31.10.) organisiert sie einen letzten Umtrunk für alle, die ihr in den vergangenen Jahren ans Herz gewachsen sind. Und Deingruber und seine Stammtisch-Kollegen? Man werde vorerst auf ein Lokal nebenan ausweichen, so der Gründer des Stammtisches. Die Betreiber hätten schon versprochen, dass man einmal pro Woche eigens für die Gruppe etwas auftischen werde. Deingruber hofft dennoch, dass das Can Pelut schnell wieder eröffnet. Emilys Nachfolger müsse sich dann erst einmal bewähren: „Ich habe ihn schon kennengelernt. Er kommt nicht aus der Gastronomie, aber er scheint gute Ideen zu haben, soweit ich das beurteilen kann.“