Als hätte ein Pirat seine Schatztruhe geöffnet, türmen sich an der Ecke des Marktstands s'Hortolà im Mercat de l'Olivar die goldgelben Melonen der Sorte melón marina. „Köstliche Süßigkeiten der Natur“, schreibt der lokale Produzent auf seiner Facebook-Seite. Selbst durch die Atemschutzmaske dringt ihr verführerischer Duft und lockt die Kunden an wie Bienen. „Die Melonen kommen jetzt direkt vom Feld und sind deshalb extrem begehrt“, so Francisca („Xisca“) Cirer (45). „Wir ernten sehr viele davon, und sie sind jetzt im Juli auch sehr günstig.“

Ähnlich verhält es sich mit den Wärme liebenden Wassermelonen (sandías), die größer sind als Bowlingkugeln und hinter der Theke in handliche Portionen zerteilt werden. Eine zierliche ältere Dame kauft eine ganze sandía, die fast elf Kilo auf die Waage bringt – man fragt sich unweigerlich, wie die Kundin das Melonen-Monstrum nach Hause transportieren wird.

Aber auch im Taschenformat gibt es jetzt reichlich Sommerfrüchte von der Insel: „Die Pflaumen (ciruelas) sind supergut“, verspricht Cirer. Zwei verschieden große Varianten gibt es am Marktstand, beide mit rotem Fruchtfleisch. „Wenn sie richtig schön reif sind, liebe ich alle Pflaumen.“ Dazu gibt es weiterhin Aprikosen (albaricoques), Kirschen (cerezas) sowie prächtige Pfirsiche (melocotones) – gelbe, rote und Plattpfirsiche (paraguayos) – und Nektarinen (nectarinas).

In Sachen Gemüse macht ein Kunde gerade alles richtig: Er kauft gewaltige Mengen saisonaler Auberginen (berenjenas). Sie werden in den Sorten morada, rayada und negra angeboten. „Die berenjena morada ist die typisch mallorquinische, davon verkaufen wir am meisten“, so die Verkäuferin. Wenn man "berenjena rellena" kochen möchte, solle man die schwarze Aubergine nehmen, weil sie eine dickere Schale und mehr Konsistenz hat. „Die anderen Sorten eignen sich für alles“, erklärt Cirer. Der Herr mit dem Auberginen-Großeinkauf hat tatsächlich andere Pläne: „Wir wollen daraus Baba Ganoush und Ratatouille kochen.“ Kein Tumbet? „Nein, viel zu fettig.“

Die nächste Kundin kauft süße weiße Zwiebeln (cebollas nuevas), helle Paprikaschoten (pimientos blancos) und Tomaten (tomates), eindeutig das Dreigestirn für den Sommersalat trempó. Die Frau nickt. Spitze Paprikaschoten findet man nun übrigens nicht nur in hellgrün: „Rote gibt es nur im Sommer, die Ernte ist jetzt im Zenit“, sagt Cirer.

Saisonaler Fisch von Mallorca

Wer regelmäßig in den Morgenstunden bei Pep Cunill (41) am gut besuchten Stand Peixos Teresa im Mercat de l’Olivar einkauft und mit Mühe um die Aufmerksamkeit des Fischhändlers ringt, kommt an diesem Donnerstag zur Mittagszeit ins Staunen: Die Fischtheke ist so gründlich geplündert, als hätte sich eine Möwen-Großfamilie zum Picknick in der Markthalle niedergelassen.

Cunill ist tiefenentspannt wie nie und hat sogar Besuch von seiner eigenen Familie bekommen („Ich bin heute mit meinem Team hier!“, sagt er): Die vierjährige Tochter lutscht verträumt an einem herzförmigen Lolli, während der achtjährige Sohn beherzt demonstriert, dass er keinerlei Berührungsängste mit den drei noch lebenden Langusten (langostas) hat, die stoisch ihr unentrinnbares Schicksal erwarten.

„Juli und August sind die besten Monate für Langusten, dann sind sie am schmackhaftesten“, sagt der Händler. Das hat natürlich seinen Preis: Derzeit liegt er bei 68 Euro pro Kilo, er kann aber auch auf 90 Euro klettern. Auf Wunsch macht Cunill den Krustentieren mit einem Messer den Garaus, bevor sie zum Garen in den Topf wandern - beziehungsweise auf die plancha.

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Sommerzeit ist auch Kalmar-Zeit: „Jetzt beginnt der Fang des calamar de potera“, sagt Cunill. Bei dieser aufwendigen Fangmethode werden die Tiere einzeln geangelt, das zarte Fleisch bleibt unverletzt. Der Kalmar kann in dieser Variante zu derzeit 49,90 Euro pro Kilo auch mit seiner Tinte gegessen werden. Cunill rät auf jeden Fall zur Zubereitung a la plancha: „Zwei, drei Minuten von jeder Seite, Olivenöl, Salz, fertig. Ganz einfach.“ Der mit dem Netz gefangene, günstigere calamar de arraste (36 Euro pro Kilo) hingegen werde bei kleineren Exemplaren am besten im Ganzen frittiert, aus den größeren könne man gut Tintenfischringe (calamares a la romana) machen.

Wenn es Fisch ohne Tinte sein darf, sollte man im Juli die köstliche Große Bernsteinmakrele (serviola) probieren. Der Händler hat jetzt mittelgroße, rund 15 Kilo schwere Exemplare im Angebot. Mit einem langen Messer und einem Hammer hackt er sie in dicke Scheiben und Stücke. Die riesigen Köpfe der Fische sind über die Theke verteilt und starren mit leeren Augen melancholisch an die Decke. Wen der Anblick nicht schreckt, der kann sie zum Ansetzen eines Fischfonds erwerben – oder gleich den etwas unheimlichen Seeteufel (rape) kosten.