Es gibt auf Mallorca traditionelle Eisdielen und Eissorten, es gibt deutsche Eismacher – und es gibt eine rasant expandierende Eisdielen-Kette. Wer durch Palma schlendert, kommt irgendwann automatisch an mindestens einer der Eisdielen von Boutique del Gelato vorbei. Ganze 14 Stück gibt es allein in der Balearen-Hauptstadt, jeweils eine weitere in Inca, Alcúdia und Murcia auf dem spanischen Festland.

Oft sieht man hier lange Schlangen vor der Theke: Die Kugel Eis kostet 95 Cent, während es bei den Konkurrenten eher zwischen 1,50 und 3 Euro sind. Dennoch sei das Eis nicht minderer Qualität, versichert Virgilio Rodríguez, dem sieben der Eisdielen gehören. Die anderen betreiben sein Schwager und Geschäftspartner Damian Sunyer, weitere Geschäftspartner und diverse Franchisenehmer.

„Zu uns kommen vor allem Familien und Jugendliche, fast alle sind Residenten. Oft kommen sie zudem zwei- bis dreimal pro Woche“, sagt Rodríguez. Während das Eisgeschäft vieler Mitbewerber oft nur von April bis Oktober dauere, hätten zumindest die Palma-Filialen von Boutique del Gelato das ganze Jahr geöffnet, die Einnahmen verteilten sich also über einen längeren Zeitraum.

Trotzdem sei es nicht direkt der Eisverkauf, der für die Gewinnspannen sorgt. „Wir verzichten hier auf einen Teil des Gewinns, den andere damit einfahren. Dafür verhandeln wir gut mit den Lieferanten“, sagt Rodríguez. Im Jahr 2020 seien für die Kette 500.000 Liter Milch zu Eis verarbeitet worden – da ließe sich ein guter Preis aushandeln. Von der Grupo Leche Pascual beziehe man hochwertige Marken-Milch und -Sahne, andere Zutaten wie Haselnuss-Paste oder Amarenakirschen kämen aus einer Fabrik in Norditalien. Weitere Inhaltsstoffe stammten, sofern möglich, direkt von hier, etwa saisonale Früchte.

Neben günstigem Eis, das 70 Prozent des Umsatzes ausmacht, gibt es in den Eisdielen von Boutique del Gelato auch Muffins, Torten, Kuchen oder Ensaimadas sowie auch deftige llonguets, wie belegte Brötchen auf Mallorca genannt werden. An die Eisfabrik im Viertel Sa Vileta, die Rodríguez’ Läden beliefert, sind auch eine Backstube sowie eine Konditorei angeschlossen, von der alle Läden profitieren. 1.000 llonguets werden in dem Riesenofen derzeit täglich gebacken. Direkt nebenan zaubert die Italienerin Emanuela Rossi etwa siebzig Torten pro Woche. Im Winter, wenn der Eiskonsum sinkt, werden es schnell mehr.

Die Produkte von Boutique del Gelato, die man heute beinahe in jedem Stadtviertel von Palma genießen kann, gab es einst nur in einer einzigen Filiale am Paseo Marítimo. 2004 übernahm Rodríguez eine Eisdiele dort von einem italienischen Eismacher. Zuvor hatte er noch als Teilhaber in eine nahe gelegene Bar investiert und dort auch als Kellner gearbeitet.

Eine seiner Aufgaben war es, nach jeder Nacht das eingenommene Geld zur Bank zu bringen. Auf dem Weg dorthin aß der Eisliebhaber stets ein helado in der Eisdiele seines Vorgängers. „Eines Tages sah ich dann ein Schild, dass das Lokal zum Verkauf steht“, erinnert sich der dreifache Familienvater. „Das war Liebe auf den ersten Blick.“ Hier könne er sich vorstellen langfristig zu arbeiten, kam dem heute 47-Jährigen in den Sinn.

Also kaufte er den Laden auf. Teil des Deals war, dass der Italiener ihn erst noch einarbeitete. Auch der Vorgänger verkaufte die Kugel damals für nur 0,80 Euro. Nach der Übernahme verging ein Jahr, dann noch eins – und die Kunden kamen stets wieder. „Oft standen vor dem Lokal bis zu 80 Menschen an. Meine Freunde haben mir irgendwann gesagt, dass sie unter diesen Umständen nicht mehr mit dem Auto anhalten wollen“, erinnert sich Rodríguez. Er beschloss, weitere Geschäfte zu eröffnen. Es folgten eine Filiale in Can Pastilla an der Playa de Palma, eine weitere in Porto Pi.

Virgilio Rodríguez, einer der Gründer der Boutique del Gelato. Nele Bendgens

Nach sechs Jahren stiegen nach einem Pilotprojekt die ersten Franchisenehmer ein. Alle seien autark, sagt Rodríguez, alle stellten das Eis in ihren eigenen Lokalen oder kleinen Fabriken her. In den vergangenen Jahren habe er auch so manchen Bewerber abgewimmelt. „Entweder hat der Standort oder ihr Profil nicht gepasst, oder sie wollten die Marken neu erfinden“, so Rodríguez.

Für 2020 war dann eigentlich die große Expansion auf dem spanischen Festland geplant. Doch die Pandemie grätschte rein. Zumindest auf der Insel wuchs das Unternehmen aber weiter an, „kontrolliert und langsam“, wie Rodríguez nicht müde wird zu betonen. Während andere Eisdielen längst schließen mussten, hat Boutique del Gelato in den Monaten der Pandemie in Palma drei neue Lokale eröffnet: am s’Escorxador, an der Plaça Madrid und der Plaça d’Espanya.

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Alle Lokale sind unterschiedlich groß, weswegen es auch nicht in jedem dasselbe Angebot gibt. Neben den Eisklassikern gibt es oft etwa auch „Rote Bete“, „Senf mit Honig“, „Safran“ oder „Lachschokolade“, wie Rodríguez sie nennt (Schokolade mit Chili). Aber nie zu viele Sorten. Denn eine Sache hat der ausgebildete Metzger als Eismacher auch gelernt: „Eine zu große Auswahl versetzt die Kunden schnell in Stress. Das belegen sogar Studien. Daher gibt es bei uns maximal 16.“

laboutiquedelgelato.com