Ein wahrlich delikates Bœuf bourguignon mit Champignons, Speckstückchen und Silberzwiebeln – also so, wie es sein soll –, stilecht in einem Le-Creuset-Töpfchen auf den Tisch gestellt, umringt von einem Kartoffelpüree, benetzt mit der Rotweinsauce und Möhren. Natürlich mit drei verschiedenen Fleischteilen vom Rind, deren unterschiedliche Texturen für das besondere Aroma sorgen. Drei Tage ist Chefkoch Alain Azelart auf Mallorca mit dem Bœuf bourguignon beschäftigt – marinieren, Sauce ansetzen, schmoren. Es ist der Star der Karte, ganzjährig vertreten und kostet nur 16 Euro. „Es gibt immer Gäste, die extra dafür kommen – auch im Hochsommer.“

Azelart ist ein echter Pariser mit viel Charme, der leidenschaftlich und ausschließlich französisch kocht – seit über 45 Jahren, weil er mit 15 seine dreijährige Lehre begann und Anfang Oktober 62 wird. Sein erstes eigenes Lokal Les Artistes liegt direkt am Mercat de l’Olivar in Palma de Mallorca, hier kommen viele Passanten vorbei, und viele fragen nach Bocadillos mit Schinken. Vergeblich. „Und wenn ich Spaghetti bolognese auf der Karte hätte, würde das sicher ebenfalls viele Leute anlocken, aber ich will meiner Linie treu bleiben.“

Von Camembert Bis Crème Brûlée

Und das heißt: bodenständige klassische Küche seines Heimatlandes. Und so gibt es beispielsweise frittierten Camembert, Schweine-Rillettes, Schnecken Burgunder Art, Foie gras aus dem Perigord mit Feigenmarmelade und Ingwerbrot, Zwiebelsuppe, Bouillabaisse, Entenconfit, Schweinefilet mit normannischer Sauce (Cidre, Sahne, Champignons) sowie karamellisierten Äpfeln und Desserts wie Pavlova mit Früchten, Crème brûlée oder Crêpes Suzette.

Das Bœuf bourguignon mit Champignons, Speckstückchen und Silberzwiebeln. Nele Bendgens

Die Preise sind mehr als fair: Vorspeisen 5,60 bis 16,90 Euro, Hauptspeisen 15,50 bis 23,50 Euro, Desserts 4,80 bis 7,40 Euro. Hinzu kommt ein Mittagsangebot wie etwa zwei Mini-Pincho-Vorspeisen, Entrecôte und zwei Mini-Desserts plus Getränk für 15,50 Euro.

Einige Zutaten bezieht Azelart direkt aus Frankreich, aber das meiste kommt vom Mercat de l‘Olivar, wo er gern selbst vorbeischaut. „Selbst einzukaufen, die Produkte zu sehen, sich inspirieren zu lassen – das ist ja ein großer Teil meines faszinierenden Berufs“, so Azelart, „und das lasse ich mir nicht entgehen.“

Dazu schmeckt – was sonst – ein französischer Wein, wobei der Côtes-du-Rhône- Hauswein mit 19 Euro pro Flasche ebenfalls mehr als bezahlbar bleibt. Man sitzt an Tischen mit den typischen rot-weiß karierten Bistrotischdecken, lauscht französischer Musik, schaut auf den an der Wand hängenden Stadtplan von Paris oder auf eines der alten französischen Plakate. Dabei sticht ein überdimensionales aus dem Jahr 1933 heraus, eine kostbare Rarität. Es zeigt die nicht nur in Frankreich zu ihrer Zeit berühmte Sängerin und Schauspielerin Mistinguett (1875–1956). Sie trat im Casino de Paris oder Moulin Rouge auf. „Mein Herzensbild! Es war eigentlich viel zu teuer, aber für die wichtigen Dinge im Leben zahlt man gern“, so Azelart. „Und es ist doch wirklich wie für mein Bistro gemacht.“

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Wie kommt so ein heimatverbundener Mensch nach Mallorca? „In Frankreich bin ich in meinem Alter, weil ich schon so früh angefangen habe, in Rente. Aber ich kann doch nicht einfach aufhören.“ Ein hier lebender Vetter plus ein paar Urlaube brachten ihn auf den Mallorca-Geschmack. „Et voilà, da bin ich hergekommen, fand das Lokal und eröffnete zusammen mit meinem Kunst liebenden und auch als Künstler arbeitenden Partner Thierry Mathieu das Les Artistes.“ Das war zwar schon vor fast zwei Jahren, aber infolge der Pandemie musste das Lokal lange geschlossen bleiben oder konnte zeitweise nur die wenigen Außentische nutzen.

Aber viele Frankreich-Fans finden in sein Bistro und schwärmen beispielsweise auf Tripadvisor in den höchsten Tönen vom Essen sowie der herzlichen Atmosphäre – zu Recht. Einziges kleines privates Manko: „Meine Frau ist mit den Kindern in Paris geblieben, sie hat dort ihren Job, und mein Jüngster geht noch zur Schule – aber sie besuchen mich.“