Die Erntesaison der reifen Orangen beginnt zwar schon in der Vorweihnachtszeit. So richtig gut sind sie aber erst im März, wenn das Zusammenspiel von Säure, einer leicht bittere Note und dem Zuckergehalt perfekt ist. Der Grund: Der Zuckergehalt kommt erst durch viele Stunden Wintersonne so richtig in Schwung. Weil jedoch Orange nicht gleich Orange ist, haben wir im Tal von Sóller nachgefragt, welche Orangenbäume (Citrus sinensis bot., naranjo dulce span., taronger dolç kat.) jetzt in den Gärten geerntet werden und die süßesten Früchte liefern.

Die Märzorangen

Die Hauptrolle unter den Zitrusfrüchten des Tals spielt derzeit die Canoneta. „Sie ist klein und fein, hat eine dünne Schale und 55 Prozent Saftanteil“, sagt Pere Joan Oliver von der lokalen landwirtschaftlichen Kooperative. Der Name der Früchte stammt von Landwirten im Sóller-Tal, denen es erstmals auf der Finca Can Oneta gelang, diese Sorte durch Veredelung zu züchten. Franz Kraus von Fet a Sóller nennt sie „einmalig“ wegen ihres besonderen Geschmacks und den vielen Möglichkeiten der Verarbeitung zu Speiseeis, Marmeladen und Säften. Da sie zu der Familie der Blondorangen gehört, schmecke der Canoneta-Saft niemals bitter.

Doch auch die weltweit angepflanzte Navelate hat jetzt auf der Insel die richtige Reife. Sie enthält weniger Saftanteil, ist leicht zu schälen und deshalb eine beliebte Tafelorange. Der Name der aus den USA (Florida) stammenden Sorte setzt sich aus dem englischen navel für Nabel und late für spät zusammen. Zu erkennen ist sie an der an einen Nabel erinnernden kleinen Frucht in der Frucht sowie an der großporigen dicken Schale. Die Häutchen, die die einzelnen Segmente innerhalb der Frucht voneinander trennen, sind dagegen sehr zart.

Welche Rolle künftig die Ortanique spielen wird, ist ungewiss. Denn die Kreuzung aus Orange und Mandarine, die ursprünglich aus Jamaika stammt, gedeiht noch nicht lange auf der Insel. Die kernlose Frucht hat eine grobporige Schale, das Fruchtfleisch ist sehr zart und saftig. Das Zucker-Säure-Verhältnis ist ausgewogen, die Frucht kernlos. „Die neue Sorte soll die Mandarinen-Saison verlängern“, sagt Oliver. Sie wäre vor allem bei Kindern beliebt, weil sie sich leicht schälen lässt.

Vom Baum zum Verbraucher

Es sind nicht nur die Sonne und die Sorten, die auf Mallorca zu so schmackhaften Orangen führen. Es sind die kurzen Wege von den Plantagen zum Verbraucher. Denn je länger die Transportwege sind, desto früher wird geerntet. „Ende Januar auf dem Festland gepflückte Orangen kommen oft erst mit sechs Wochen Verspätung in die Supermärkte“, berichtet Kraus.

Und lange Transportwege bekommen den leicht verderblichen Orangen nicht. Um sie vor Feuchtigkeitsverlust und Schimmel zu bewahren, werden die Schalen mit einer natürlichen (E 904, Schelllack) oder synthetischen (E 914) Wachsschicht überzogen. Die Auswirkungen insbesondere von E 914 auf das Fruchtfleisch sind umstritten. Sicher ist, dass die ätherischen Öle in der ungenießbaren Schale verloren sind. In der Kooperative wird auf Wunsch von Supermarktketten vereinzelt mit Wachs konserviert. Für den Unternehmer Kraus ist das undenkbar: „Bei Fet a Sóller wird niemals gewachst.“

Die Orangengärten

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Viele der 350 Mitglieder der Kooperative haben in neue Bäume und automatische Bewässerung investiert. Auf einer Modellplantage wachsen etwa mit Canoneta-Reisig veredelte Bäume auf fünf verschiedener Unterlagen. „Zum Glück gibt es junge Orangenbauern, die auch auf Bioanbau setzen,“ sagt Kraus. Gemeinsam mit der landwirtschaftlichen Kooperative bemüht er sich um ein Herkunftssiegel beziehungsweise eine Marke für die Zitrusfrüchte aus Sóller.

Im März ist die Ernte noch lange nicht zu Ende. Bald reift die Peret, eine birnenförmige Orange mit hoher Lagerfähigkeit. 1.500 Jungbäume sollen in den nächsten Jahren das Angebot an Zitrusfrüchten im Tal bereichern.