Der Blick geht weit übers Meer. Eine rote Riesengarnele auf einem schwarzen Reis mit Kalmarstücken, dazu weiße Aioli-Tupfen mit grünen Salicornia-Stücken auf dem Teller, ein Rosé-Sekt im Glas. Fantastisch! Kaum ein Restaurant auf Mallorca kann eine so schöne Lage bieten wie „La Gran Tortuga“ (Die große Schildkröte). Und nicht viele können auf eine bald 50-jährige Geschichte zurückblicken.

Entworfen hat das Lokal der 2001 verstorbene Architekt Pedro Otzoup als Teil der ursprünglichen Hotel-Anlage an der Cala Fornells. Auch damals schon auf zwei Ebenen und inklusive einem attraktivem Pool (den die Gäste jedoch aus Sicherheitsgründen derzeit nicht nutzen dürfen). Fischer, die oft vorbeikamen, um den Bauarbeitern der Anlage ihren Fang zu verkaufen, brachten eines Tages eine große Schildkröte. Otzoup benannte das Restaurant danach.

Allerbeste Lage: auf der Terrasse des La Gran Tortuga in Cala Fornells (Peguera). | FOTOS: NELE BENDGENS martina zender

Schon in den 80ern eines der Toplokale der Insel

Doch schon bald trat ein neuer Besitzer auf den Plan, ein Deutscher, der das Lokal wiederum 1978 an das Duo Agustín Durán (Service) und Antonio Soriano (Küche) vermietete und wenig später auch verkaufte. „La Gran Tortuga“ gehörte in den 80er- und 90er-Jahren zu den Toplokalen der Insel. Hier verkehrte die Prominenz, die Gerichte waren für damalige Verhältnisse schon recht modern, und die fantastische Aussicht gab’s schon immer.

Der Sohn von Antonio Soriano, Javier, fing hier schon mit zwölf Jahren als Hilfskraft an, um sich sein Taschengeld aufzubessern. Er schälte Kartoffeln, säuberte Fische, deckte Tische – unternahm im Pool erste Schwimmversuche. Später lernte der heute 49-Jährige die klassische Küche von seinem Vater und den moderneren Stil vom Koch Koldo Royo.

Javier Soriano arbeitete zuletzt als Chefkoch im Hotel Jumeirah in Sóller.

Javier Soriano arbeitete zuletzt als Chefkoch im Hotel Jumeirah in Sóller. Nele Bendgens

„Koldo war überall präsent, nicht nur auf Mallorca. Ein Kochstar. Mir war klar, bei dem muss ich lernen“, erzählt Javier Soriano. Koldo Roldo wurde nicht nur sein Lehrmeister, sondern über all die Jahre auch Mentor und guter Freund, der ihm auch andere Jobs vermittelte. „Ich lernte bei den besten ihres Fachs, meistens dank seiner Kontakte“, sagt Soriano. Was noch fehlte, waren Kenntnisse in Bezug auf mallorquinische Küche. „Mein Vater war Galicier, Koldo ist Baske, also ging ich wieder zu einer damaligen Berühmtheit, zu Antònia Cantallops in den Celler Can Amer nach Inca und lernte bei ihr, die speziellen mallorquinischen Gerichte zu kochen.“

Zahlreiche Fisch-, Fleisch- oder vegetarische Gerichte

Soriano arbeitete nur in den Wintermonaten in anderen Restaurants. Den Sommer über unterstützte er lange Zeit seinen Vater. Nach dessen Tod vor acht Jahren betrieb zunächst Geschäftspartner und Service-Chef Agustín Durán die Schildkröte weiter. Dann ging er in den Ruhestand. Was tun, verkaufen oder selbst betreiben?, fragte sich Soriano, der bis dato sieben Jahre lang eine Chefkoch-Position im Jumeirah-Hotel in Port de Sóller bekleidete und auch Angebote für andere Hotel-Restaurants der Gruppe erhalten hatte. Er entschied sich gegen die Sicherheit eines hochdotierten festen Jobs und für die Selbstständigkeit im Familienunternehmen. Im März hat er das Lokal wieder eröffnet und prägt nun auch dessen Küchenstil.

Riesengarnele auf schwarzem Reis. Nele Bendgens

Das könnte Sie interessieren:

Einige seiner besten Gerichte, die schon im Jumeirah die Gäste begeisterten wie die eingangs erwähnte Riesengarnele mit Reis, finden sich auch in der Schildkröte wieder. Auch sein Lammfilet mit eingelegten Paprika auf Ajonegro-Püree oder sein Steak Tatar sind einen Besuch wert, ebenso wie die zahlreichen Fisch-, Fleisch- oder vegetarischen Gerichte, etwa Avocado vom Grill mit Trampó-Salat, Weichkäse, Nori-Algen und Chilisauce. „Demnächst werden wir auch Fleisch von der hiesigen Wagyu-Farm Son Bellut nutzen“, sagt Soriano.

Darüber hinaus gibt es auch Tapas-Varianten wie Kroketten mit iberischer Schinkenfüllung. Und als besonderes Schmankerl ein wechselndes historisches Gericht aus den guten alten Zeiten. Das sind aktuell Venusmuscheln mit iberischem Schinken aus dem Jahr 1998 – eine Hommage an den Vater. „Wir wollen eine möglichst breite Klientel ansprechen. Unsere Gäste können auf unserer Terrasse oder im Restaurant einen Cocktail, Kaffee und Kuchen oder eine Tapa genießen, aber auch eine frische Zahnbrasse vom Grill und Austern“, sagt Soriano (Vorspeisen zum Teilen 12–20 Euro, Paella ab 18 Euro, Hauptspeisen 15–28 Euro, Dessert 8 Euro).