Wein, Olivenöl und dazu noch Tomaten und Orangen. Was heute als typisch mediterran gilt, stammt ursprünglich von woanders. Wie sich seinerzeit die Weinrebe verbreitete, erforscht an der Universität Valencia Guillem Pérez Jordà. Der Historiker hielt kürzlich einen Vortrag in der Fundación Joan March in Palma – Anlass für dieses Interview.

Wann und wo fängt die Menschheit an, Wein zu produzieren und zu trinken?

Wir schätzen heutzutage, dass die Geschichte des Weines vor 6.000 Jahren im Gebiet zwischen dem Kaspischen Meer und dem Schwarzen Meer beginnt, dort wo heute Armenien und Aserbaidschan liegen. Vor etwa 5.000 Jahren wurde dann Wein auch in der Türkei, an der syrischen Küste und in Israel angebaut. Von dort aus eroberte das Getränk den gesamten Mittelmeerraum. In unserem westlichen Teil des Mittelmeers kam der Wein erst vor rund 3.000 Jahren an, zunächst in Sardinien, dann im Süden Spaniens bei Huelva.

Warum gerade Huelva ?

Huelva hatte große Minen und dementsprechend viel Handel. Daher siedelten sich hier Menschen aus dem östlichen Mittelmeerraum an und brachten ihre Traditionen wie den Weinanbau mit. Schließlich wollten sie weiter Wein trinken! Die lokale Bevölkerung hat sich das dann nach und nach von den Einwanderern abgeschaut.

Und wie kam der Wein nun nach Mallorca?

Aktuell forschen wir tatsächlich genau an dieser Frage. So wie es aussieht, setzte der Weinanbau auf den Balearen in unterschiedlichen Momenten ein. Während auf Ibiza schon im achten Jahrhundert vor Christus Weinreben angebaut wurden, fingen die Mallorquiner damit erst unter den Römern im zweiten Jahrhundert vor Christus an. Jahrhundertelang bauten sie auf Mallorca weiterhin nur Getreide an und tranken den Wein ihrer Nachbarinsel, wie Amphoren, die wir gefunden haben, beweisen. Anderes, wie etwa die Hühnerzucht, übernahmen die Mallorquiner, aber sie trauten sich wohl nicht, Reben anzubauen und Wein herzustellen.

Wie wurde der Wein vor Jahrtausenden hergestellt?

Der Wein wurde schon damals so gemacht, wie es bis vor einigen Jahrzehnten üblich war. Die Trauben wurden gestampft, der Saft in einer Mulde im Boden aufgefangen. Dort fand in den ersten Tagen der größte Teil der Gärung statt. Dann wurde das Getränk in Amphoren gefüllt, wo es zu Ende gärte. Winzer heutzutage sagen, sie würden diesen Wein nicht trinken. Wahrscheinlich wurde er schnell schlecht. Deswegen streckten die Menschen ihn mit Wasser oder gaben Gewürze hinzu, um den Geschmack zu überdecken.

In Amphoren wie dieser wurde Wein über das Mittelmeer geschifft.

In Amphoren wie dieser wurde Wein über das Mittelmeer geschifft. Guillem Pérez

Galt der Wein als Genussmittel?

Ja, er wurde aus Genuss getrunken und war ein Statussymbol. Anfangs war er vor allem ein Produkt für die Elite. Händler nutzten den Wein damals, um die Mächtigen für sich zu gewinnen. Auch später noch tranken vor allem die Wohlhabenden Wein. Diejenigen, die es sich leisten konnten, Felder für etwas anderes als Weizen zu benutzen. Die Mehrheit versuchte einfach nur, satt zu werden. Irgendwann, als schon in vielen Ecken Spaniens Wein angebaut wurde, demokratisierte sich der Konsum.

Bis heute gilt Wein als typisch mediterran. Wie kommt es, dass dieses Getränk sich gerade hier so verbreitet hat?

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Na ja, im ersten Moment wurde Wein vor allem über das Mittelmeer transportiert, daher kam er hier schneller an als beispielsweise in Mitteleuropa. Gleichzeitig weiß man, dass die Menschen schon damals Bier brauten und auch Alkohol aus anderen Früchten gewannen. Warum gerade der Wein sich hier in der Gegend durchsetzte, kann ich nicht so genau sagen. Vielleicht weil es einfacher ist, Wein herzustellen als Bier? Letztendlich war es wohl auch eine Geschmackssache. Hier in der Region Valencia wird seit 7.000 Jahren Getreide angebaut und „erst“ seit 3.000 Jahren Wein. Orangen und Reis kamen noch später und sind doch identitätsstiftend für diese Gegend. Was als mediterran gilt und was nicht, entscheidet eher die Kultur als die Geschichte.