Gaspar Barceló hat sein Leben dem Qualitätsöl von Mallorca gewidmet. Seit dem Jahr 1991 leitet der 59-Jährige die Ölpresse der Landwirtschaftskooperative Sant Bartomeu in Sóller. Hierhin bringen professionelle Bauern wie auch Hobbylandwirte ihre Oliven, um daraus Olivenöl herstellen zu lassen, teils für den Eigenverbrauch, teils zum Verkauf.

Die Herkunftsbezeichnung DO Oli de Mallorca hat Barceló deswegen in diesem Jahr zum Tafoner Major 2022 ernannt – ein Preis, der jährlich an „Meister der Ölpressung“ verliehen wird. Im Gespräch mit der MZ geht es dann aber weniger um seine Freude über diese Ehrung als um die Sorgen, die ihm der Olivenanbau im Tramuntana-Gebirge bereitet.

Seit 31 Jahren arbeiten Sie mit Olivenöl. Wie hat sich die Branche in dieser Zeit verändert?

Als ich hier angefangen habe, wurden Oliven noch ausschließlich im Tramuntana-Gebirge angebaut. Nach einigen Jahren fingen die ersten Landwirte und Unternehmen an, Olivenbäume im Flachland anzupflanzen. Diese landwirtschaftlichen Betriebe sind immer weiter gewachsen und produzieren inzwischen mehr als die im Gebirge. Es ist einfacher, auf der Ebene anzubauen. Somit wachsen die einen Betriebe, während die anderen nach und nach schrumpfen und verschwinden.

Warum ist es einfacher, Olivenbäume auf der Ebene anzubauen?

Der Anbau in der Tramuntana leidet in vielerlei Hinsicht. Zum einen werden viele Bäume von Krankheiten wie dem sogenannten Feuerbakterium befallen. Gleichzeitig haben die Olivenbäume im Gebirge weniger Erde und keine Bewässerungssysteme. Wenn es regnet, bekommen sie Wasser ab. Wenn nicht, dann nicht. Sie sind hier viel stärker vom Wetter abhängig, und das war in den vergangenen Jahren häufig zu trocken. Aber das größte Problem ist: Die Olivenbäume im Gebirge sind viel schwieriger zu erreichen. In der Ebene können Bauern mit großen landwirtschaftlichen Geräten die Bäume trimmen und die Früchte ernten. In den Bergen muss dagegen vieles fast noch per Hand gemacht werden.

Aber dass das Gebirge schwieriger zu erreichen ist als das flache Land, ist ja nichts Neues. Warum bekommt der Anbau in der Tramuntana gerade jetzt Probleme?

Sie kommen ja nicht erst jetzt auf, sondern haben sich seit Jahrzehnten immer mehr verschlimmert. Früher gingen Frauen auf die Felder und ernteten jede einzelne Olive, die auf den Boden fiel. Inzwischen ist die Handarbeit viel zu teuer dafür. Mit Zangen und Laken, die die Oliven auffangen, versuchen die Landwirte die Ernte zu optimieren. Vieles wird aber gar nicht mehr geerntet. Je größer das Feld ist, desto weniger Bewirtschaftung. Denn finanziell lohnt sich der Anbau hier kaum noch.

Dabei ist Olivenöl von Mallorca nicht billig.

Mit dem Öl lassen sich tatsächlich sehr gute Preise erzielen. Hilfreich war dabei die Einführung der Herkunftsbezeichnung, die nachweist, dass das Öl von Mallorca kommt. Auf dem Festland ist Öl viel billiger, wobei dort auch viel mehr angebaut werden kann. Wir als Kooperative kaufen die Tramuntana-Oliven außerdem zu einem höheren Preis als die aus der Ebene. Aber trotz allem reicht das Geld nicht, um die Kosten der Bauern zu decken.

Warum wird dann überhaupt noch im Tramuntana-Gebirge angebaut?

Immer mehr der Olivenfelder werden aufgegeben. Es bleiben eigentlich nur noch wenige Romantiker. Sie pflegen ihre Felder, weil sie es gern machen. Weil sie die Bäume einmal von ihren Vätern und Großvätern geerbt haben. Sie wollen die Felder nicht verkaufen und nicht verlieren. Manche behalten dann das Öl für den Eigenverbrauch, andere verkaufen es und decken damit ihre laufenden Kosten einigermaßen. In manchen Jahren funktioniert das besser als in anderen.

Wie war die Ernte heuer?

Dieses Jahr war ein sehr schlechtes Jahr. Es ist bei den Olivenbäumen meistens so, dass sich Jahre mit mehr und solche mit weniger Ernte abwechseln. Das sind wir vor allem im Gebirge auch so gewohnt. Aber dieses Jahr war es besonders schlimm.

Warum?

Weil der Klimawandel den Feldern zusetzt. Dieses Jahr gab es viele heiße Monate mit nur wenig Regen, und die Olivenbäume haben das genauso registriert wie alle anderen Pflanzen auch. Daher haben sie nur wenige Früchte produziert. In der Ebene haben die Landwirte ja ihre Bewässerungssysteme. Daher leiden die Bäume dort weniger.

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So läuft die Ernte in den Feldern von Edel-Olivenölhersteller Aubocassa bei Manacor Nele Bendgens

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Ist der Olivenölanbau im Tramuntana-Gebirge überhaupt noch zu retten?

Das ist eine gute Frage. Ich hoffe es doch! Ich weiß aber selbst nicht wie. Subventionen können helfen, lösen aber das eigentliche Problem nicht. Trotz allem bin ich mir sicher, dass hier in der Tramuntana weiter Olivenbäume bestehen bleiben. Die Pflanzen sind Hunderte Jahre alt und stark. Es wird sicher immer weiter Olivenöl aus der Tramuntana geben, es wird nur immer weniger.

Was wird aus den ehemaligen Olivenbaum-Feldern?

Hier in Sóller und auch in Deià und Valldemossa sieht man immer mehr Kiefern, dort wo früher einmal Olivenbäume standen. Unsere Vorfahren haben vor 500 und 600 Jahren hier Kiefern gefällt, sie haben Terrassen gebaut und auch Trockenmauern, um auf dem Berg ihre Bäume zu pflegen. Jetzt kommen die Kiefern zurück, die Terrassen gehen kaputt und werden nicht wieder aufgebaut. Es ist, als ob der Berg sich jetzt zurückholt, was wir ihm einst gestohlen haben.

Unterscheidet sich das Öl aus der Tramuntana von dem aus dem Flachland?

Der größte Unterschied liegt in den Olivensorten. In der Tramuntana werden heimische Sorten angebaut, in der Ebene sind es fremde Sorten. Meist nutzen die Landwirte im Flachland Arbequina-Oliven, die ursprünglich aus Katalonien kommen, oder auch Picual-Oliven, die in der Region Andalusien beheimatet sind. Jede Olivensorte schmeckt ein bisschen anders, daher ist auch das Olivenöl unterschiedlich. Die Qualität wiederum ist bei beiden Anbaugebieten sehr gut.

Hat sich die Qualität mit all den Anbauproblemen nicht verschlechtert?

Im Gegenteil. Die Qualität des mallorquinischen Öls wird immer besser. Inzwischen pressen wir hier in der Kooperative fast nur noch Olivenöl mit der Qualitätskennzeichnung „Virgen Extra“. Das ist es, was mich hier motiviert, weiterzumachen. Gerade auch bei diesen seltenen Oliven aus der Tramuntana, die von jahrhundertealten Bäumen stammen. Es ist ein Luxus und eine Ehre, damit Öl herstellen zu können.

Also machen Sie Ihre Arbeit trotz der trüben Aussichten im Tramuntana-Gebirge gern.

Ich mag meine Arbeit sehr. Im Endeffekt machen wir hier einen frischen Fruchtsaft. Allerdings ist unser Job viel schwieriger, als Orangensaft oder Apfelsaft zu pressen. Wir brauchen spezielle Geräte, besondere Kenntnisse. Und ja, wenn man mir gute Früchte bringt und mein Produkt eine dementsprechend gute Qualität hat, ist das sehr befriedigend. Außerdem gefällt es mir, mit den Landwirten zusammenzuarbeiten. Viele hier in der Tramuntana kenne ich seit Jahrzehnten. Und durch die Felder im Flachland lerne ich viele neue Leute kenne, die aus anderen Ecken der Insel hierherkommen.